Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher
verklang.
»Beim Blut des Stiers, was war das?«, sagte Beltan bleich.
Bevor jemand antworten konnte, schoss eine Säule aus goldenen Funken in den brodelnden Himmel und stach in die Wolken. Sie ging von einem Punkt hinter dem Kamm einer niedrigen, etwa eine halbe Meile entfernten Anhöhe aus, ganz in der Nähe der Berge. Die Säule loderte mehrere Herzschläge lang in der Dunkelheit, dann verblasste sie.
Jemand zupfte an Travis' Ärmel. Es war der Mann mit den weisen braunen Augen – ihr Schamane.
Komm, sagte er in seiner grunzenden Sprache. Das Ende hat begonnen.
Travis sah Beltan und Vani an. »Ich glaube, wir müssen gehen. Zu dem Licht, das wir gesehen haben.«
Beltan half Vani auf die Füße. »Kannst du gehen?«
»Gehen wir«, erwiderte die T'gol.
25
Sie folgten dem Mann in dem gelb befleckten Leder durch das Tal. Die Alte, die Travis gedrängt hatte, den Stein des Feuers zu benutzen, begleitete sie, aber sie ließen die anderen Maugrim zurück. Unterwegs sprachen sie kein Wort. Asche wirbelte durch die Luft, ließ ihre Augen brennen und ihre Kehle schmerzen.
Sie kamen zu dem Kamm, der sich wie der Kadaver eines Drachen am Fuß der Berge erstreckte, und stiegen seine Flanke hinauf. Der Abhang war mit losen Steinen übersät, deren Kanten messerscharf waren. Blutrotes Licht stach während ihres ganzen Aufstiegs in die Wolken. Der Himmel schien jetzt zu kochen; er erinnerte an einen Kessel, in dem eine üble Brühe brodelte. Jedes Mal, wenn Travis zu ihm hinaufschaute, überkam ihn Übelkeit; schließlich hielt er die Augen auf die Füße gerichtet.
Sie hatten den Hügelkamm beinahe erreicht, als ein scharfer Schmerz durch Travis' Brust schoss. Er taumelte und wäre gefallen und den Hügel hinuntergestürzt, hätten ihn nicht Beltans starke Hände gestützt. Ein Laut donnerte in seinem Schädel, tausend Stimmen, die ein einziges Wort im Chor zu sprechen schienen.
Bal.
Tod. Es war die Rune des Todes.
»Travis, was ist?« Asche ließ das Gesicht des Ritters wie eine graue Maske aussehen.
Die Stimmen in Travis' Kopf verstummten. Der Schmerz in seiner Brust war verschwunden, aber seine rechte Hand juckte. »Ich weiß es nicht. Ich habe etwas gespürt, aber jetzt ist es weg.«
Vani berührte seine Wange. »Dein Gesicht, es ist so bleich. Was ist denn, Travis?«
Die alte Maugrim zog an seinem Ärmel. Du wirst schon sehen, übersetzte die Münze ihre grunzende Sprache. Komm jetzt.
Sie gingen weiter, und nach ein paar Schritten erreichten sie den Hügelkamm. Travis blinzelte den Staub aus den Augen, dann starrte er ungläubig.
Dreißig Schritte entfernt standen drei Gestalten auf dem flachen Kamm. Zwei von ihnen waren Travis gut bekannt: Falken und Melia. Die dritte war ein großer, kräftig gebauter Mann, allerdings kündeten sein weißes Haar und das von der Zeit gezeichnete Gesicht von einem hohen Alter. Der Mann trug eine schwarze Robe, die mit blutroten Runen verziert war. Seine Finger zuckten um eine Schwertklinge, die seine Brust durchbohrt hatte. Falkens Schwert. Die Silberhand des Barden umklammerte den Griff.
Der weißhaarige Mann öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber lediglich ein Blutstrom quoll hervor. Tränen schufen Rinnen in der Ascheschicht auf Falkens Gesicht.
»Für Malachor«, sagte er und riss dem anderen das Schwert aus der Brust.
Der Weißhaarige stürzte zu Boden. Seine Robe flatterte. Er war tot.
Falken senkte den Kopf. Melia trat an seine Seite und legte ihm die Hand auf den Arm. »Es ist endlich vorbei, mein Lieber.«
Travis' Lähmung verschwand. Er schrie auf – ein wortloser Jubelschrei – und rannte über den unebenen Boden auf Melia und Falken zu. Der Barde und die Lady schauten ungläubig auf. Dann rannte auch Melia, und Travis riss sie in die Arme und stemmte sie vom Boden hoch.
»Träume ich?«, murmelte Melia.
Travis hielt sie fest umklammert. »Wir träumen beide, aber ich würde mir für meinen Traum einen schöneren Ort aussuchen.«
»Er ist schön, da du da bist, mein Süßer.«
Trotzdem weinte sie, und es hatte nicht den Anschein, dass es allein Freudentränen waren. Travis setzte sie ab. Falken war jetzt auch da und Beltan und Vani. Sich an einem so leblosen Ort zu umarmen erschien so seltsam. Trotzdem erfüllte es Travis mit Wärme.
Die Maugrim nickten Melia und Falken zu, und der Barde und die Lady verbeugten sich zur Erwiderung. In Falkens Augen funkelte Neugier, aber Melia lächelte.
»Es ist lange her, dass ich das Vergnügen hatte,
Weitere Kostenlose Bücher