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Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher

Titel: Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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der verlorenen Hand von Olrig, sei nicht so begriffsstutzig! Hast du es noch immer nicht verstanden? Weltenmacher und Weltenbrecher – sie sind dasselbe. Man kann nicht das eine sein, ohne auch das andere zu sein. Mohg weiß das – darum will er die Erste Rune brechen. Nicht um die Welt zu zerstören, sondern um sie nach seinem Antlitz neu zu erschaffen.
    Die Bäume schwankten wild unter der Macht des Windes. Ihre Stämme knickten um und zersplitterten beim Sturz. Ein Baum krachte direkt neben Travis nieder. Ein paar Schritte mehr, und er hätte ihn zerschmettert. Er starrte die drei Steine an und grub die Finger neben ihnen ins Erdreich. Jack irrte sich, es konnte nicht anders sein. Schöpfung und Zerstörung – sie konnten unmöglich dasselbe sein.
    Aber sie waren es, und Beltan hatte Recht. Manchmal gab es nur eine Möglichkeit, um etwas zu retten: Man musste es zuerst zerstören.
    Ein Schatten raste auf Travis zu: riesig, bösartig, unaufhaltsam. Der Wind steigerte sich zu einem Kreischen. Bäume zerplatzten mit ohrenbetäubenden Explosionen. Von den Steinen abgesehen herrschte völlige Finsternis. Ihr Licht zeichnete die Umrisse einer Gestalt nach. Sie war groß und mächtig, jenseits jeglicher sterblicher Vorstellungskraft, aus einem zugleich wunderschönen und schrecklichen Antlitz starrte ein einzelnes, flammendes Auge. Ein Rachen öffnete sich und enthüllte dolchgleiche Reißzähne. Hände griffen zu, Krallen streckten sich den Imsari entgegen.
    Sie gehören mir, dröhnte eine Stimme so tief wie ein mitternächtlicher Ozean.
    Travis schaute auf, sah in das flammende Auge, und ein scharfes Lächeln umspielte seine Lippen.
    »Zu spät«, sagte er.
    Das flammende Auge weitete sich. Die Krallen schlugen zu, aber sie waren zu langsam. Larad hatte Recht gehabt. Trotz eines ganzen Zeitalters des Exils war dieser Augenblick früher gekommen, als Mohg erwartet hatte; er war nicht vorbereitet.
    Travis schon. Er hob die erdigen Hände vom Boden, presste sie auf die drei Steine und schrie das eine Wort aus ganzem Herzen.
    »Reth!«
    Travis wappnete sich gegen ein schreckliches Donnern, gegen einen grellen Blitz. Er wartete darauf, dass sich der Boden unter ihm aufbäumte und zersprang, dass Feuer vom Himmel regnete, dass sein Körper in tausend Stücke gerissen wurde. Stattdessen war da …
     … nichts. Überhaupt nichts.
    Es hat nicht funktioniert, Jack, rief er in Gedanken. Du hast dich geirrt. Ich bin doch nicht der Runenbrecher. Es hat nicht funktioniert.
    Er wollte lachen, aber er konnte keinen Laut erzeugen.
    Jack?
    Travis hörte nichts, nicht einmal das Schlagen seines eigenen Herzens. Es gab nur die Stille. Der Wald war verschwunden, und er trieb in einer Art Nebel. War es der Nebel, der die Grenze zum Zwielichtreich bildete?
    Nein, er war anders. Zuvor hatte er in dem Nebel verschiedene Grautöne wirbeln sehen. Hier hatte alles dieselbe Farbe, obwohl er nicht genau zu sagen vermochte, was es für eine Farbe war. Sie war weder weiß noch schwarz, weder hell noch dunkel, weder warm noch kalt. Sie war nichts von allem.
    Und zugleich war sie alles auf einmal.
    Er hatte das Ende der Welt immer gefürchtet, denn in seiner Vorstellung war es stets ein gewalttätiges Geschehen gewesen, ein Augenblick kochender Meere und berstenden Steins, erfüllt von Schreien der Furcht und des Schmerzes, voller Blut und Chaos. Voller Tod. Aber er hatte sich geirrt, auf so absurde Weise geirrt.
    Denn wenn sie bricht, wird die Welt enden, und in diesem Augenblick werden alle Dinge aufhören zu existieren …
    Die Worte waren ein Flüstern in seinem Verstand, aber ob sie von einer Stimme oder der Erinnerung an eine Stimme gesagt wurden, vermochte er nicht zu sagen.
    Jack?
    Wieder kam keine Antwort. Er war allein hier. Wahrhaftig allein. Die Welt war weg. Eldh gab es nicht mehr. Er war das letzte Wesen, das es im Kosmos gab.
    Oder das erste.
    Das war der Augenblick, in dem er es spürte, wie das erste Flüstern des Windes in der Stille. Es ließ ihn an Castle City denken, wo er vor dem Mine Shaft Saloon gestanden und das Gesicht in den Wind gehalten hatte, wenn er aus den Bergen in die Tiefe fuhr. Wie er gespannt darauf gewartet hatte, was er seines Weges wehte.
    Er fühlte ihn jetzt – den süßen Schmerz endloser Möglichkeiten. Die alte Welt gab es nicht mehr. Die neue Welt musste noch erschaffen werden. Und sie konnte alles sein, was er wollte. Freude erfüllte ihn und Macht. Vor ihm eröffneten sich Möglichkeiten wie

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