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Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher

Titel: Die letzte Rune 10 - Der Runenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Beine in seinen Jeans waren gekrümmt, vielleicht das Resultat einer Kinderkrankheit oder ein Geburtsfehler.
    Der andere verschwand, und Travis setzte sich auf das Sofa. Von ihm ging ein moderiger Geruch aus, und er musste ein paar Mal mit seinem Hinterteil herumrutschen, um einen Platz zu finden, an dem sich keine Federn durch das Polster bohrten, trotzdem fühlte sich allein schon der Akt des Hinsetzens angenehm dekadent an. Er verspürte noch immer Angst, aber durch den Schleier seiner Müdigkeit kam ihm das Gefühl dumpf und wie aus weiter Ferne vor. Er war in Sicherheit, auch wenn es nur für den Augenblick war.
    »Und sollten sie zu euch kommen, fürchtet euch nicht«, verkündete eine Stimme, die sich trotz ihres blechernen Klangs majestätisch und aufregend anhörte. »Denn wisset, dass ihr dazu auserwählt worden seid, ein Teil von Gottes Armee zu sein.«
    Travis verdrehte den Hals. Im Fernsehen stolzierte ein Mann in einem weißen Anzug über eine Bühne. Sein schwarzes Haar glänzte, und er fuchtelte mit seinen mit Ringen übersäten Händen herum und unterstrich seine Worte mit energischen Gesten.
    »Ihr müsst euch nicht schämen, wenn euer Herz erbebt, wenn sie euch erscheinen«, sagte Sage Carson. Um ihn herum stiegen die Glaswände der Stahlkathedrale in die Höhe. »Denn ihr müsst wissen, mein Herz hat gezittert, als sie zu mir kamen. Die Engel des Lichts sind furchtbar anzusehen, aber sie sind auch wunderschön, also lasst eure Furcht fahren. Streckt den Engeln des Lichts die offenen Arme entgegen, und wisset, dass ihr gesegnet seid.«
    Travis holte zischend Luft und setzte sich aufrecht hin; sämtliche Gedanken an Ruhe und Trost waren verschwunden. Auf dem Bildschirm schwenkte die Kamera zum Publikum. Leute weinten, streckten die Arme aus, als könnten sie die Engel des Lichts vor sich sehen. Der Himmel jenseits der Glaswände der Stahlkathedrale war blau.
    Das Bild wechselte wieder zur Bühne. Dort hob Sage Carson die Hände, seine großartigen Worte steigerten sich zum Crescendo.
    »Es kommt eine Zeit der Dunkelheit. Wir sehen die Zeichen überall um uns herum – Krieg, Streit und Leid. Die Menschen haben den Willen Gottes vergessen, und die Welt ist krank und stirbt. Schon einmal, als das Böse die Welt zerstörte, wusste Gott nur eine Möglichkeit, um sie zu retten, er musste sie sauber waschen und von vorn anfangen.« Carsons Stimme senkte sich. »Und dieser Zeitpunkt nähert sich wieder.«
    Aus dem Publikum erhob sich ein deutlich hörbares Aufstöhnen, untermalt von furchtsamem Wimmern. Carsons Hand schnitt durch die Luft. »Nein, verzweifelt nicht, denn manchmal besteht die einzige Möglichkeit, etwas zu retten, darin, es vorher zu zerstören. Die Unheiligen haben unsere Welt unrettbar verdorben, die Unrechtschaffenen, die Ungläubigen. Und so hat Gott wieder entschieden, sie auf die einzige Weise zu retten, die Ihm zur Verfügung steht: indem er die Welt zerstört und sie nach seinem Antlitz neu erschafft.«
    In Travis stieg Übelkeit hoch. Er wollte aufstehen, um den Fernseher auszuschalten, aber er starrte hilflos weiter auf den Bildschirm.
    »Also frohlocket!«, dröhnte Carsons Stimme aus dem Lautsprecher. »Wenn die Engel des Lichts zu euch kommen, dann seid ihr auserwählt worden, den Weg für Sein Kommen vorzubereiten. Und wo die Sünder, die Schurken und die Heiden vernichtet werden, werdet ihr mit Ihm in der kommenden neuen Welt leben und Ihm als einer Seiner Auserwählten dienen. Hallelujah und Amen!«
    Das Publikum brach in Jubel aus; seine Angst war verschwunden, in den Augen leuchtete eine inbrünstige Freude. Carson lächelte, hielt die Hände ausgestreckt, als wollte er einen Segen spenden. Aber als die Kamera durch die Stahlkathedrale schwang, konnte sie nicht die Männer in den schwarzen Anzügen verbergen, die vor der Bühne standen und diejenigen zurückhielten, die zu dem Prediger auf die Bühne steigen wollten.
    Carson winkte und verließ die Bühne, und die Kamera folgte ihm. Als er den Vorhang am Bühnenrand erreichte, wurde er von unsichtbarer Hand beiseite gezogen. Carson drehte sich um und winkte ein letztes Mal, und in diesem Augenblick zeigte der Fernseher einen kurzen Blick auf das, was sich hinter dem Vorhang befand. Travis konnte Seile erkennen, mit denen die Vorhänge bewegt wurden, und Gerüste für die Scheinwerfer. Er sah auch zwei uniformierte Sicherheitsbeamte, die direkt hinter der Bühne standen. Einer war ein großer Mann, aber bei dem anderen

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