Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste
von Zauberern, die mehr als dreitausend Jahre lang tot waren, deren Macht und Bösartigkeit den Sturm gebaren, wenn die zufälligen Winde der Wüste genug von dem rotbraunen Pulver zusammenbrachten. Die Stimmen zischten ihm wieder ins Ohr.
Travis! Travis? Wo seid ihr …
Die Stimme schien sich von den anderen zu unterscheiden. Es lag kein Hass in ihr, und sie kam ihm … bekannt vor. Er wollte antworten, aber der Staub drang in seinen Hals und erstickte jeden Laut. Es war sinnlos. Er sackte über Vani zusammen und ließ den Sand sie bedecken.
Ein Laut riss ihn wieder aus seinem Dämmerzustand. War das ein Ruf gewesen? Irgendwie schaffte er es, den Kopf zu heben und aufzuschauen. Nur mühsam konnte er sie in dem wirbelnden Sand erkennen: eine Gestalt in einer schwarzen Robe. War das einer der Zauberer, der gekommen war, um sein Blut zu holen?
Die finstere Gestalt streckte den Arm aus.
»Seid tot!«, intonierte eine befehlsgewohnte Stimme.
Dann war da nur Stille.
26
Nach langer Zeit hörte Travis wieder Stimmen. Die Stimmen umschmeichelten ihn in der Dunkelheit, so leise wie der Schlag von Mottenflügeln.
Travis …
Ein Licht leuchtete in der Dunkelheit, ein Licht so grün und golden wie Sonnenschein, der durch Blätter leuchtete.
Du kannst jetzt aufwachen. Du bist in Sicherheit. Ich bin bei dir …
Travis schlug die Augen auf. Über ihm schwebte ein Gesicht. Ein wunderschönes, staubiges, besorgtes Gesicht, das er kannte und liebte.
»Grace«, krächzte er.
Sie lächelte und strich ihm das Haar aus der Stirn. »Willkommen zurück, Travis.« Sie hob seinen Kopf und half ihm, Wasser aus einem Tonbecher zu trinken. Es war kühl und süß. Er wollte es runterstürzen. »Langsam. Wir müssen langsam Flüssigkeit in deinen Körper bekommen.«
Grace stellte den Becher ab, und mit ihrer Hilfe schaffte es Travis, sich auf der Pritsche aufzusetzen. Sie waren in einem Gebäude mit niedriger Decke. Die Wände bestanden aus weiß getünchtem Lehm, die Ecken waren abgerundet. Die Türöffnung war mit einem schweren Vorhang verhüllt; draußen zischte Sand.
»Wo ist Vani?« Seine Stimme war noch immer belegt, aber das Wasser hatte geholfen.
»Ich bin hier«, sagte die T'gol und trat an das Bett. Ihr Haar war weiß mit Staub; es ließ sie alt und erschöpft aussehen.
Er lehnte den Kopf gegen die Wand. »Was ist passiert? Ich erinnere mich an den Sandsturm. Und ich erinnere mich, dass ich dich am Boden gefunden habe. Dann habe ich die Stimmen gehört. Sie befahlen mir zu schlafen.«
»Das sind Sandgeister«, sagte eine Männerstimme.
Travis hatte ihn nicht gesehen; seine schwarze Kleidung verschmolz mit den Schatten. Aber jetzt trat der Mann in den goldenen Lichtkreis der Öllampe. Sein dunkles Haar war lang und zottelig, genau wie der Bart, der seine Wangen hinaufwuchs. Die Haut seiner Stirn war tief gebräunt. Nur seine dunklen Augen erschienen bekannt. In ihnen funkelte noch immer eine scharfe Intelligenz. Aber da war noch etwas anderes – ein heißes Licht, wie von einem Fieber.
»Hallo, Hadrian«, sagte Travis.
Farr wischte die Worte beiseite, als wären sie über das Stadium der Vorstellung hinaus. Oder als würde der Name nicht mehr zutreffen. Rote Tätowierungen schlängelten sich über seine Handflächen. »Die Sandgeister wollten euch verschlingen, und hätte Grace nicht eure Gegenwart gespürt, hätten sie es auch geschafft. Ich hatte schon befürchtet, ich hätte sie zu spät gefunden. Ich befahl den Geistern, das zu sein, was sie sind – nämlich tot –, aber als der Sturm sich klärte und ich euch auf dem Boden liegen sah, dachte ich, ihr wärt auch tot.«
Grace drückte ein feuchtes Tuch auf Travis' Stirn. »Aber das bist du nicht. Du bist hier. Du bist wirklich hier. Ich habe dich gefunden.«
Es gab so vieles, das er erst verstehen musste. Hatte Farr wirklich den Geistern des Sandsturms befehlen können? Wenn dem so war, dann war er wirklich ein mächtiger Derwisch. Travis verspürte einen Stich der Eifersucht.
Was für ein unverschämter Emporkömmling, erklärte Jack Graystones Stimme in seinem Verstand. Er hat sich doch nur an deine Rockschöße gehängt. Sicherlich bist du ein mächtigerer Zauberer als er, Travis. Und du bist auch ein guter Zauberer. Du solltest mit der Hand wedeln und …
Nein, das war kein Wettstreit. Davon abgesehen hatte Farr drei Jahre Zeit gehabt, um Geheimnisse zu erfahren und Magie zu ergründen, von der Travis nicht einmal etwas wissen wollte.
»Danke,
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