Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste

Titel: Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
Vom Netzwerk:
gemeint? Hielt er Hadrian Farr irgendwie für gefährlich?
    Alle Derwische sind gefährlich, Grace. Schon von ihrer Definition her. Es sind Menschen, die sich von den Gesetzen und der Ethik ihrer Gesellschaft distanziert haben, um die uralten Geheimnisse der Zauberei zu erlernen. So jemandem kannst du unmöglich vertrauen. Sie haben bereits bewiesen, dass ihnen nichts heilig ist. Nichts außer der Suche nach Wissen und nach Macht.
    Aber Farr hatte nicht die Gesetze seiner Gesellschaft aufgegeben. Er gehörte nicht zu den Mournisch, er kam von der Erde. Und auch wenn sie durchaus einzugestehen bereit war, dass Farr möglicherweise nach Macht strebte, hielt sie es doch für viel wahrscheinlicher, dass ihn sein Wissensdurst dazu getrieben hatte, ein Derwisch zu werden. Farr war durch und durch Sucher; mehr als alles andere wollte er lernen, wollte Geheimnisse ergründen, die keine andere Person vor ihm erfahren hatte. Das würde sich nicht verändert haben, nur weil er den Weg nach Eldh gefunden hatte.
    Oder doch? Er hat Blutzauberei ausgeübt, und er kann unmöglich der Mann sein, den du gekannt hast …
    Vielleicht. Aber hatte sie Hadrian Farr überhaupt je richtig gekannt? Er hatte ihr geholfen, ja. Das erste Mal in jener Oktobernacht, in der alles begonnen hatte, als er ihr geholfen hatte, dem Detective mit dem Eisenherzen in dem Polizeirevier zu entkommen, und dann erneut, als sie und Travis in dem verzweifelten Bemühen, Beltans Leben zu retten, nach Denver zurückgekehrt waren. Aber während er Akten und Fotos und Dokumente über sie hatte, wusste sie ihrerseits nichts über Farr. Abgesehen von seinen Augen konnte sie sich ihn nicht einmal mehr richtig bildlich vorstellen. Er war wie eine vage Silhouette, in Zigarettenrauch gehüllt und von hinten beleuchtet. Was würde sie zu ihm sagen, wenn sie ihn sah? Sie wusste es nicht. Trotzdem verspürte sie bei dem Gedanken, ihn wiederzusehen, in seiner Nähe zu sein, einen Schauder. Unbewusst trieb sie Shandis zu einem schnelleren Tempo an.
    Am späten Nachmittag näherten sie sich der Hafenstadt Kalos. Eine der T'gol erschien; es war die Frau, Kylees.
    »Avhir ist vorgegangen, um eine Schiffspassage zu besorgen«, sagte die Meuchelmörderin. Sie ähnelte Vani nur darin, dass sie schwarzes Leder trug und ihr schwarzes Haar kurz geschnitten war. Sie war kleiner als Vani, fast schon zierlich. In eines der bunten Kleider gekleidet, die die jungen Mournischfrauen bevorzugten, wäre sie hübsch und verletzlich erschienen. Grace hatte nicht den geringsten Zweifel, dass viele große, starke, dumme Männer genau das Gleiche gedacht hatten. Bevor ihr Genick brach.
    »Hat Rafid Avhir begleitet?«, fragte Grace.
    Die T'gol runzelte finster die Stirn. »Glaubt Ihr, dass ich nicht stark genug bin, um Euch genauso gut wie Rafid oder Avhir zu beschützen, falls Euer Verfolger auftaucht?«
    Das hatte Grace nicht damit sagen wollen. Sie hatte bloß höflich sein wollen.
    »Bleibt in der Nähe«, sagte Kylees und ging voran.
    Grace tat wie befohlen. Sie hatte von dem Schatten erzählt, der ihnen gefolgt war, und auch wenn sie keinerlei Anzeichen für die Verfolgung gesehen hatten, war es eine gute Idee, wachsam zu bleiben.
    Sie erreichten die Stadt in dem Augenblick, in dem die Sonne mit dem Meer verschmolz. Kalos erhob sich auf einer schmalen Halbinsel, die die südlichste Spitze von Falengarth bildete, und war darum auf drei Seiten von Wasser umgeben. Im Osten bildeten hohe Klippen einen tiefen Hafen, und das machte Kalos zu einer geschäftigen Stadt aus Händlern, Kaufleuten, Pilgern und anderen Reisenden – das und die Tatsache, dass das Sommermeer hier schmaler als sonstwo war. Es war ein guter Ort, um eine Reise zu beginnen. Und Verfolger abzuschütteln.
    Avhir tauchte auf, als sie das Stadttor passierten. »Ich habe ein Schiff gefunden, das uns über das Meer bringen wird«, sagte er zu Grace. »Die Nacht verbringen wir in einer Herberge im Kaufmannsviertel. Versucht, mit keinem zu reden, aber wenn Ihr es müsst, dann erzählt ihnen, dass Ihr die Tochter eines Gewürzhändlers aus dem Norden seid und hier etwas für ihn zu erledigen habt.«
    Das würde kein Problem sein. Grace hatte nicht vor, mit den Einheimischen zu plaudern. Als sie die Herberge erreichten, zogen sie sich sofort auf ihre Zimmer zurück und kamen erst beim ersten Tageslicht wieder hervor, als sie zum Hafen aufbrachen. Obwohl die Sonne noch nicht richtig aufgegangen war, war Kalos bereits auf den Beinen und

Weitere Kostenlose Bücher