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Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht

Titel: Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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keiner schenkte mir mehr Beachtung, als sie einer Ratte geschenkt hätten, die gerade aus der Gosse gekrochen war. Ich berührte meine Brust, zuckte zusammen, und meine Hand war rot von Blut. Es schmerzte, aber ich hatte schon Schlimmeres erlitten. Ich lebte, und ich war in der Tat wieder wie ein Neugeborenes, schleimfeucht, geboren aus dem Abwasserkanal, mit einem völlig neuen Leben vor mir.
    Wie ich später erfahren sollte, war es nicht das letzte Mal in meiner Existenz, dass ich wiedergeboren werden sollte.
    Diesen ersten Morgen an der Oberfläche drückte ich mich unter den Treppen und in den Höfen am Grassmarket herum. Pferde stapften die schlammige Straße entlang und zogen prächtige Kutschen; hinter Ladenfenstern schimmerte Geschmeide aus Gold und Silber. Wenn auch versucht, näher heranzugehen, hielt ich mich doch in den Schatten und betrachtete die prächtig gekleideten Damen und Herren, die vorbeiflanierten, mir der verdreckten Fetzen bewusst, die an meiner grobknochigen Gestalt klebten. Diese Welt war mir fremd, und auch wenn sie mir verglichen mit dem Labyrinth in der Tiefe rein erschien, verriet mir mein Instinkt, dass sie genauso gefährlich war.
    Im Verlauf des Tages wuchs mein Mut, und ich schlich die steile Kurve der Candlemaker Row hinauf und passierte den Laden, in dem meine Mutter ihre Kindheit verbracht hatte – was ich aber zu diesem Zeitpunkt nicht wusste. Es war der Duft von bratendem Fleisch und Tabak, der aus den Schenken auf der High Street kam, der mich nach oben lockte.
    Der Nachmittag näherte sich dem Abend, aber es war Juni und noch immer hell. Ich schlich wie die zahllosen streunenden Hunde durch die Gassen, gehorchte dem Instinkt, außer Sicht zu bleiben. Als sich schließlich die Dämmerung über die Stadt senkte, duckte ich mich in einen Hof zwischen den hohen Gebäuden – ein Ort, der mir später als Advocate's Close bekannt war und gute Gelegenheiten bot, einem reichen Mann den Geldbeutel zu stehlen.
    Stufen führten zu einer Tür mit einem kleinen Fenster hinunter, aus dem das wärmste gelbe Licht drang, das ich je in meinem Leben gesehen hatte. Es war der Hintereingang einer der Schenken an der High Street. Die Tür öffnete sich, und mehr Licht flutete heraus, begleitet von ausgelassenem Lachen. Eine Frau mit verfilztem Haar und großem Busen leerte den Inhalt eines Eimers auf die Pflastersteine.
    »Hier ist es, ihr Tölen«, rief sie. »Kommt und bringt es für mich weg.« Sie trat wieder hinein und schloss die Tür.
    Ein paar Hunde schlichen aus den Schatten auf den Abfallhaufen zu. Ich jedoch war schneller. Ich sprang nach vorn, knurrte und fuchtelte mit dem Messer herum, das ich von meiner Mutter gestohlen hatte, und zu meiner Überraschung wichen die Hunde mit zwischen die Beine geklemmten Schwänzen zurück. Ich nahm mir so viele von den besten Knochen, die ich finden konnte, dann rannte ich über den Hof und überließ den Rest den Kötern.
    Ich kletterte auf eine Mauer und aß. Die Knochen waren Lammschenkel, die man aus einem Suppentopf gefischt hatte, und es war nur wenig Fleisch daran, da sie für die Hunde bestimmt gewesen waren, aber für mich bedeuteten sie ein wahres Festmahl. Ich aß, schmatzte mit den Lippen, schwelgte in dem Gefühl des Knorpels an meinen Zähnen und meinem Gaumen. Ich schlug die Knochen gegen den Mauerrand und saugte ihnen das Mark aus.
    Schließlich war ich fertig. Die Hunde waren geflohen. Über mir wich das letzte Tageslicht vom Himmel. Es war Zeit, einen Platz zu finden, an dem man sich zusammenrollen und Zuflucht finden konnte – Zeit, zurück unter die Stadt zu gehen. Ich wischte mir die fettigen Hände am Hemd ab, und da fühlte ich die Beule im Hemd.
    Ich zog es hervor. Es war das silberne Tuch, das ich meiner Mutter abgenommen hatte. Mein Hemd war blutverschmiert, aber das silberne Tuch war so makellos rein wie zuvor. Ich hielt es hoch, staunte über das seidene Gefühl. Es schien die Dämmerung einzufangen und schimmerte im schwindenden Licht.
    »Hey, du da oben!«
    Ich wusste sofort, dass es keinen Fluchtweg gab. Der Hintereingang, durch den ich den Hof betreten hatte, wurde jetzt von einem Eisengitter versperrt. Jemand musste es bei Einbruch der Dämmerung verschlossen haben, und völlig im Bann der Knochenspeise hatte ich das nicht bemerkt. Mehrere andere Türen führten auf den Hof, aber ich war fest davon überzeugt, dass sie versperrt sein würden, ausgenommen vielleicht die Tür zur Schenke. Aber diesen Weg wagte

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