Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht
wieder Dunkelheit.
»Euer Majestät!«, rief Larad und rannte los, und er wäre über den Rand gestürzt, hätte Vani ihn nicht zurückgehalten.
Das konnte nicht geschehen; Grace und Farr konnten unmöglich gerade in ihren Tod gesprungen sein. Aber genau das waren sie. Travis hatte sie in der endlosen Finsternis verschwinden sehen. Eine Schwäche überkam ihn, seine Beine zitterten, als würden sie gleich unter ihm nachgeben. Avhir stand reglos an der Stelle, an der Grace und der ehemalige Sucher verschwunden waren. Der Zauberer auf der Brücke war stehen geblieben, seine goldene Maske schien fragend schräg gelegt zu sein, als könnte nicht einmal er verstehen, was da gerade passiert war. Dann, bevor auch nur einer von ihnen etwas tun konnte, geschah etwas Seltsames.
Nim lachte.
Der Griff des Zauberers hatte sich gelockert, aber jetzt fasste er wieder fester zu und erstickte ihre Heiterkeit. Vani setzte einen Fuß auf die Brücke, aber der Scirathi hob den Dolch und warnte sie. Sie stieß ein leises Stöhnen aus , ein Laut, der zugleich von Qual und Wut kündete. Der Zauberer machte einen weiteren Schritt zurück.
Hinter ihm flammte eine silberne Lichtkugel auf.
Die Kugel schrumpfte zu einem Punkt zusammen, verschwand, und an ihrer Stelle standen zwei Gestalten auf der Brücke: ein Mann in einem schwarzen Gewand und eine Frau mit hellem Haar, ihr Erscheinen kam so völlig unerwartet, dass Travis einfach einen Moment brauchte, um sie zu erkennen.
»Beim Blut«, sagte Vani und stolperte einen Schritt zurück.
Die beiden Gestalten auf der Brücke waren Grace und Hadrian Farr. Sie standen keine fünf Schritte von dem Zauberer entfernt; Farr war näher dran. Grace kämpfte darum, das Gleichgewicht zu behalten, aber Farr bewegte sich schon und warf sich auf den Scirathi. Der Zauberer fuhr herum, der Dolch blitzte auf …
Travis wusste nicht, wen der Zauberer erstechen wollte Nim oder Farr –, aber Farr war schneller, packte das Handgelenk des Scirathi und verdrehte es ruckartig. Der Dolch verschwand im Abgrund, und der Zauberer verlor das Gleichgewicht. Sein rechter Fuß glitt über den Brückenrand, er stürzte auf das rechte Knie. Nim rutschte ein Stück aus seinem Griff und schrie auf. Wenn er sie jetzt losließ, würde sie in den Abgrund stürzen.
Aber als Travis einen dunklen Schemen über die Brücke rasen sah, wusste er, dass Vani da lief. Aber so schnell sie auch war, ihr fehlte die Zeit, den Scirathi zu erreichen. Farr machte erneut einen Satz, griff nach Nim. Der Zauberer wich ihm aus. Aber dadurch verlor er den Rest seines Gleichgewichts. Der Scirathi wollte sich fangen, aber sein Fuß trat auf den Saum seines Gewandes, und er fiel von der Brücke.
Farr warf sich nach vorn auf den Bauch, die Arme ausgestreckt. Seine Finger berührten Nims goldenes Gewand. Und krallten sich in den Stoff.
Nim schrie wieder, ein Laut, der durch die Kuppel hallte. Der Zauberer hielt sich an ihren Beinen fest. Ihr gemeinsames Gewicht zerrte an Farr, sein Körper rutschte von der Brücke. Grace warf sich auf die Knie, packte seine Knöchel. Aber er rutschte weiter auf die Kante zu.
»Nim!«, rief Farr. »Die Maske. Nimm seine Maske!«
Der Zauberer schaute nach oben, versuchte sich weiter an Nims Beinen hochzuarbeiten, um den Brückenrand zu erreichen. Stoff riss, als Nims Gewand unter Farrs Griff nachgab.
Vani hatte die Brücke zur Hälfte überquert. »Tu, was er sagt, Tochter!«
Nim wurde nur von ihrem Gewand gehalten. Sie griff nach unten und zog an der Maske des Zauberers. Sie saß locker und kam mühelos los, enthüllte die narbige Ruine seines Gesichts.
»Lass mich los!«, rief sie und schlug dem Zauberer mit der Maske ins Gesicht.
Der Scirathi stieß einen Schmerzensschrei aus. Seine Hände ließen unwillkürlich los, und er versuchte wieder zuzugreifen. Zu spät. Geschwächt und blutverschmiert glitten die Finger des Zauberers ab. Sein Gewand wallte schwarzen Flügeln gleich auf, und der Scirathi verschwand mit einem gurgelnden Aufschrei in dem Abgrund.
»Ich kann ihn nicht halten!«, schrie Grace, als Farr anfing, über die Kante zu rutschen. Aber dann zerriss das Dämmerlicht und Vani war da; sie zog Farr mit einer Hand hoch und stellte ihn auf die Füße.
»Mutter!«, schrie Nim und streckte die Hände aus.
»Meine Tochter«, sagte Vani und schloss sie fest in die Arme. Nim legte die Arme um ihren Hals, und das Mädchen, das eben noch so tapfer gewesen war, fing an zu schluchzen. Vorsichtig suchten
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