Die letzte Rune 12 - Die letzte Schlacht
sich Vani, Grace und Farr ihren Weg zurück über die Brücke zu den anderen. Eine schnelle Untersuchung zeigte, dass das meiste Blut an Nim dem Zauberer gehörte. Da war ein kleiner Schnitt auf dem Arm des Mädchens, aber der verschorfte bereits.
Vani hielt Nim ganz fest; ihr sonst so stoisches Gesicht war tränenüberströmt. »Ich verspreche, dass dir nie wieder jemand wehtut, Tochter.«
»Ich weiß«, murmelte die Kleine; sie hatte sich beruhigt, auch wenn ihre Wangen noch feucht waren. Sie legte den Kopf auf Vanis Schulter und richtete den Blick aus ihren graugoldenen Augen auf Travis.
Travis wollte nach Nim greifen, dann überlegte er es sich anders und nahm Graces Hand. »Wie?«, fragte er bloß.
Grace hielt die freie Hand hoch. Darin hielt sie eine Silbermünze, auf deren beide Seiten ein Symbol eingraviert war. Travis brauchte nicht genauer hinzusehen, um zu wissen, was für Runen es waren; auf der einen Seite war es Eldh, auf der anderen die Erde.
»Wo hast du die her?« Er griff in die Tasche seines Serafis . Aber seine Finger fanden die Silbermünze, die er immer bei sich trug.
»Es ist Hadrians«, sagte Grace und gab die Münze Farr zurück.
Da begriff Travis. Bruder Cy musste Farr die Silbermünze gegeben haben, bevor er ihn nach Eldh transportiert hatte, so wie der seltsame Prediger einst die beiden Hälften der Münze, die nun in Travis' Besitz waren, an ihn und Grace verteilt hatte. Die Münzen waren gebundene Runen – Runen von ungewöhnlicher Macht. Sie hatten die Fähigkeit, ihren Träger zu seiner Heimatwelt zurückzuschaffen, an den Ort, den man sich vorstellte. Als Farr und Grace in den Abgrund gesprungen waren, musste der ehemalige Sucher die Münze dazu benutzt haben, um sie während des Sturzes zur Erde zu bringen. Dann hatte Grace die Münze benutzt, sie zurück nach Eldh zu transportieren, nur diesmal auf die Brücke hinter den Zauberer. Es war brillant.
Und Farr war auf die Idee gekommen, nicht Travis. Ein seltsames, hohles Gefühl nagte in seiner Brust.
»Die Magie wird schwächer«, sagte er. »Als Ihr gesprungen seid, woher habt Ihr gewusst, dass die Münze noch funktioniert?«
»Das habe ich nicht«, sagte Farr knapp. »Aber ich habe es mir gedacht. Die Imsari funktionieren immer noch, und die Münzen scheinen aus einer Magie geschmiedet zu sein, die zwar nicht so reichhaltig ist, aber doch über große Kraft verfügt. Es war eine logische Annahme.«
Travis drückte Graces Hand. »Das war unglaublich dumm.« Er lächelte trotz des nagenden Gefühls in seiner Brust. »Und unglaublich tapfer.«
»Mehr das Erstere als das Letztere«, erwiderte sie. »Ich war mir nicht sicher, ob Farrs Münze bei mir funktioniert. Aber das hat sie. Vermutlich, weil ich einst eine bekommen habe.«
Wo warst du, Grace? Travis neigte den Kopf in ihre Richtung. Du bist wenige Sekunden auf der Erde gewesen. Wo?
Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte sie sein Gedanken gehört, aber sie schaute zur Seite.
Vani trat an Farr heran. Sie legte eine Hand auf seinen Arm; ihre goldenen Augen leuchteten wie Monde. »Ich kann das nie wieder gutmachen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Das will ich auch nicht. Ein einfaches Danke reicht. Für Grace wie auch für mich.«
Vani nickte. »Ich danke euch beiden von ganzem Herzen.« Aber während sie das sagte, blieb ihr Blick allein auf Farr gerichtet.
»Und jetzt?«, sagte Larad zu Travis. »Gehen wir, oder wollt Ihr den Thronsaal betreten?«
Die Worte rüttelten Travis auf. Er war so darauf konzentriert gewesen, nach Morindu zu kommen, um Nim zu retten, dass er gar nicht darüber nachgedacht hatte, was passieren würde, wenn es ihnen gelang. Vor dreitausend Jahren waren die Geheimnisse der Zauberei zusammen mit Morindu begraben worden. Jetzt war die Stadt wieder an die Oberfläche geholt worden. Was würde er finden, wenn er den Thronsaal betrat? Welche wunderbare Macht würde er erringen?
Das spielt keine Rolle. Du bist nicht wegen der Magie nach Morindu gekommen, sondern um Nim zu finden. Das hast du erreicht, und jetzt ist nur eines von Bedeutung die Letzte Rune zu finden und die Risse am Himmel zu schließen. Falls es dazu nicht schon zu spät ist.
Er wollte genau das sagen, aber da stieß Nim ein Keuchen aus und riss die Augen furchterfüllt auf.
Vani sah Nim besorgt an. »Was hast du, Tochter?«
»Sie ist hier«, flüsterte das Mädchen.
»Wen meinst du? Wer ist hier?«
»Die goldene Dame.«
Nim streckte den Arm aus, und sie alle
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