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Die letzte Schlacht

Titel: Die letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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näher, und er konnte sie nicht ignorieren. Am liebsten hätte er sich umgedreht und sich der Reihe nach bei jedem Einzelnen entschuldigt.
    Vielleicht war es ganz richtig, dass die Toten nun diejenigen verfolgten, durch deren Gnade Gorian noch lebte. Jetzt waren sie allein in der Wildnis, und vielleicht hatten sie es verdient, für das zu sterben, was sie vor zehn Jahren getan hatten. Eine Träne rollte auf seiner Wange hinab. So viele Unschuldige waren gestorben. Welche Beleidigung für den Allwissenden.
    »Du darfst dir keine Schuld geben, Paul«, sagte Ossacer.
    Jhered schrak auf und starrte ihn an. Die blicklosen Augen erforschten seinen Körper und sahen alles. Anscheinend hatte er sich ein wenig erholt.
    »Was haben wir dieser Welt nur angetan«, erwiderte Jhered. »All die Menschen. Der Erde entrissen, bevor ihre Zeit gekommen war. Sie werden nie mehr in die Umarmung Gottes eingehen. Wie sollte ich mir da keine Vorwürfe machen?«
    »Gnade zu zeigen ist das Größte, was ein Mensch überhaupt tun kann.« Ossacer hustete und spuckte etwas Blut aus, das auf Jhereds Mantel landete.
    »Rede nicht, ruh dich aus.«
    Ossacer packte Jhered am Ärmel. »Was der Empfänger dieser Gnade getan hat, formt nun die Welt. Aber wer sind wir, dass wir darüber richten wollen, wer die Gnade verdient und wer nicht?«
    Wieder rollte eine Träne über Jhereds Wange, doch er nickte. Frische Entschlossenheit erwachte in ihm und verlieh seinen Armen und Beinen neue Kraft und seinem Geist neue Zuversicht.
    »Wir müssen jetzt richten«, sagte Jhered, »und Gorian kann dieses Mal nicht mit Gnade rechnen. Mirron, Ardu, beeilt euch. Wir sind es allen schuldig, die uns jetzt verfolgen.«
    Ossacer lächelte und schloss die Augen.
     
    Roberto schnitt das Netz entzwei und benutzte die Klinge seines Gladius als Hebel, um den vernagelten Deckel der ersten Kiste abzuheben. Davarov war neben ihm und brüllte Befehle für die paar Hundert, die sich in der Nähe auf der geborstenen, schiefen Juwelenmauer gehalten hatten. Weit entfernt im Norden und Süden hatten hoffentlich andere überlebt, die nicht ansehen mussten, was hier geschehen war – die klaffenden Löcher, wo die Tore in der Mauer gestanden hatten, und die zerstörten Katapulte. Keines war mehr brauchbar.
    Es gab viele Stellen, an denen die Toten ungehindert durchmarschieren und nach Neratharn gelangen konnten, und jetzt waren Tausende unterwegs. Auch die gesternischen und atreskanischen Toten, die den Beschuss durch die Konkordanz überstanden hatten, waren auferstanden und gingen wieder um. Viele hatten neue Verletzungen davongetragen, doch tausend Hände trugen Schwerter und Speere. Die unzähligen Toten der Konkordanz, die unter der Mauer und im Lager verschüttet worden waren, liefen nun nach Westen. Sie konnte man vorerst ignorieren.
    Das größte Problem lag jedoch hinter ihm. Die tsardonische Armee. Roberto konnte sich kaum vorstellen, dass sie entkommen waren, und das bedeutete, dass es nun ungefähr zwölftausend neue Tote gab. Frische Tote, die nicht verwest waren und die sich im Sterben höchstens geringfügige Verletzungen zugezogen hatten.
    Zwei Dinge gab es, die der Hoffnungslosigkeit entgegenwirkten. Einmal wusste Davarov ganz einfach nicht, was Hoffnungslosigkeit überhaupt war. Es war ihm gelungen, in seinen paar verbliebenen Legionären wieder etwas Kampfgeist zu wecken. Zweitens hatte Roberto durch ein Spähglas, das die Zerstörung der Barriere überstanden hatte, eine Handvoll Gestalten beobachtet, die langsam und offenbar unter Schmerzen auf einen Hügel gestiegen waren und sich in die Richtung gewandt hatten, wo hoffentlich Gorian zu finden war. Den breiten und beeindruckenden Jhered hatte er sofort erkannt, und die anderen drei mussten die Aufgestiegenen sein, die wohl dank irgendeines Werks die Welle überlebt hatten.
    Mit einiger Verbitterung dachte Roberto an die Überlebenden, doch zugleich musste er auch dankbar sein. Er mochte alles hassen, was sie repräsentierten, doch er wollte zugleich auch, dass sie Erfolg hatten, und zwar schnell.
    »Auf das Dach und auf die Rampe, die noch steht!«, brüllte Davarov. »Zum General. Alle Kämpfer zur Verteidigung hierher. Los jetzt.«
    Roberto zog den Deckel weiter hoch und holte einige Metallflaschen aus der Kiste. Die erste gab er Harban, und Davarov bekam eine weitere. Harban war aus dem vorderen Teil der Festung gekommen. Davarov hatte schon befürchtet, er sei gefallen, anscheinend hatte der Karku aber im

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