Die letzte Schlacht
sichere Ort war, für den die Lebenden ihn hielten. Die Verwesung konnte jederzeit das Tor zerstören, und nun kam es darauf an, so viel Zeit wie möglich herauszuschinden.
Im Hof herrschte eine hässliche zornige Stimmung. Überall drängten sich Bürger. Die Palastwächter versuchten, die Menschen zur Basilika, zur Akademie und den Hauptquartieren der Legionen und der Ocetanas zu schicken. Egal wohin, solange sich die Verteidiger auf dem Hof noch bewegen konnten. Doch dies war ein Kampf, den die Wächter nicht gewinnen konnten.
Iliev erkannte den Grund. Am Brunnen hatte sich eine Menschenmenge gesammelt. Die Aufgestiegenen waren ins Becken geklettert und hielten sich an den Überresten der Reiterstatue fest. Was sie auch vorhatten, das Wasser war ihr Brennstoff. So verstand Iliev jedenfalls ihr Werk.
Doch die Bürger, die in den Palast eingedrungen waren, um Schutz zu finden, suchten auch jemanden, dem sie die Schuld geben konnten. Wie so oft sollte der Aufstieg als Sündenbock herhalten. Eine dreifache Reihe von Gardisten des Aufstiegs hatte sich rings um den Brunnen aufgestellt, die Speere nach außen gerichtet und die Schilde gesenkt. Bisher konnten sie die Meute noch zurückhalten. Viele wütende und erschreckte Bürger zeigten auf die Aufgestiegenen und zogen sich den Zeigefinger quer über die Kehle. Sprechchöre waren zu hören, und bald würde der letzte Anschein von Ordnung zusammenbrechen.
»Kashilli, da müssen wir hin. Siebtes Kommando, folgt mir. Unsere Gäste sind jetzt in Sicherheit.«
»In Ordnung, Käpten.«
Kashilli teilte schon Knuffe aus und drängte sich durch den Pöbel. Bei den drei Aufgestiegenen war auch die mutige alte Frau, Hesther Naravny. Ihre Miene war grimmig genug, um die meisten Menschen abzuhalten. Iliev konnte ihre beschwichtigenden Rufe hören – dass die Aufgestiegenen ihre einzige Hoffnung seien, dass nur diese jungen Leute die Stadt retten konnten. Doch der Mob hatte ganz andere Vorstellungen. Iliev bekam es mit, als er sich ebenfalls durch die Bürger drängte. Gerade kam er an einem jungen Mann vorbei, der rhythmisch die Faust zum Himmel stieß.
»Die Toten wollen die Verdammten, gebt den Toten die Verdammten.«
Iliev packte den Mann an der Schulter.
»Hör sofort damit auf.«
Der Mann sah ihn an. Ein ganz gewöhnlicher Bürger, aber voller Hass, vor allem aus Angst geboren. Und da war noch etwas anderes.
»Sie sind die Feinde. Ist es nicht offensichtlich, warum die Toten hier sind?« Der Mann beäugte ihn von oben bis unten. »Aber das versteht Ihr nicht, Ihr gehört ja zu den oberen Zehntausend.«
Der Mann drehte sich um und schrie weiter. Iliev trat vor ihn und fällte ihn mit einem Kinnhaken.
»Ja, ich gehöre zu den oberen Zehntausend, aber ich bin kein dummer Hund.« Dann drehte Iliev sich um und hob die Stimme. »Haltet den Mund. Hört auf damit oder sterbt durch die Hände derjenigen, die ihr für eure Brüder gehalten habt. Stille für die Aufgestiegenen.«
Doch das stachelte die Meute nur noch weiter an. Einige schoben sich näher an die Gardisten heran. Iliev spuckte aus, wechselte einen Blick mit Kashilli und nickte ihm zu. Jetzt fegte Kashilli die Leute einfach zur Seite, ohne daran zu denken, welche Verletzungen er ihnen zufügte. Als die Meute sich auf ihn konzentrierte und Anstalten machte, ihn aufzuhalten, war er schon hinter den Speeren und stand auf dem Rand des Brunnens, wo er ebenso mühelos wie auf dem Rammsporn des Bootes das Gleichgewicht hielt.
Kashilli war wirklich riesig. Iliev kannte ihn gut und neigte manchmal dazu, diese Tatsache zu vergessen. Der Trierarch überragte die Menge und schwenkte seinen Vorschlaghammer. Er starrte die Meute an, bis der Lärm ein wenig nachließ.
»Na kommt schon!«, brüllte er und ließ auf einen Schlag hundert Stimmen verstummen. »Ihr wollt die Aufgestiegenen haben? Dann kommt und holt sie euch. Ich verspreche euch aber, dass der Erste, der hier heraufsteigt, meinen Hammer zu spüren bekommt.«
Kashilli hielt den Hammer am Stiel mit ausgestrecktem Arm vor sich und zielte auf die Umstehenden. Sein Arm war bolzengerade und dank der schwellenden Muskeln stark wie ein Schiffsmast.
»Na also«, knurrte Kashilli, als der Lärm nachließ. »Wer von euch Hunden will der Erste sein?«
Iliev leckte sich über die Lippen und beobachtete die Bürger. Natürlich nahm niemand das Angebot an, was nicht weiter überraschend war. Als er sich dem Brunnen näherte, stellte sich ihm niemand in den Weg. Die
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