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Die letzte Schlacht

Titel: Die letzte Schlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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nicht mitbekam. Jedenfalls gab er sie daraufhin frei, ließ sie aber nicht aus den Augen. Mirron wandte sich zu Ossacer um, der sich zu Arducius geschleppt hatte. In ihrem Blick lag die ganze Verzweiflung der Welt. Die Sorge um ihren Sohn erzeugte in ihr eine schreckliche Leere, die nur seine Berührung füllen konnte.
    »Nein, Mirron, tu das nicht. Das kannst du nicht tun.« Ossacer packte Arducius am Arm, und beide wollten Mirron aufhalten und flehten sie an, zu ihnen zu kommen.
    »Manchmal muss einer gehen, um die anderen zu retten«, erwiderte sie.
    »Nicht zu ihm«, widersprach Ossacer mit erstickter Stimme. »Er wird dich hereinlegen. Er hat dich immer wieder hereingelegt.«
    »Ich werde meinen Sohn nicht im Stich lassen.«
    Jhered drehte sich um. Es schien, als habe er es verstanden, doch das traf nicht zu. Was Mirron auch gesagt hatte, er hatte sie falsch verstanden.
    »Wir müssen leben, wenn wir kämpfen wollen«, sagte er.
    Arducius schüttelte den Kopf. »Das wird kein Leben sein.«
    Mirron stand auf und holte tief Luft. Gorian und Kessian beobachteten sie. Gorians Augen blitzten triumphierend, Kessian blickte voller Sehnsucht.
    »Mirron?«
    Sie drehte sich ein letztes Mal um. »Es wird alles gut, Ardu. Ich verspreche es dir.«
    Gorian strahlte.
    Mirron fuhr mit den Händen über ihre vom Feuer gereinigte Haut und strich sich Haare, die nicht mehr da waren, aus dem Gesicht. Dann ging sie die paar Schritte zu Gorian hinüber und legte ihm eine Hand auf den Kopf.

 
32

    859. Zyklus Gottes,
    12. Tag des Genasab
     
    E s funktioniert nicht, es funktioniert nicht!«, kreischte Yola verzweifelt. Sie weinte, während sie versuchte, ihr Werk zu vollenden. »Ich kann die Struktur nicht ausdehnen, sie will sich nicht verbinden.«
    Die Katapulte auf den Mauern des Palasts feuerten. Onagersteine sausten pfeifend vorbei und landeten zwischen den marschierenden Toten, die sich auf der Prachtstraße näherten. Im Hof griff unterdessen Panik um sich. Die Bürger versuchten verbissener denn je, ihre Konkurrenten mit Faustschlägen zu vertreiben und in den Palast eingelassen zu werden, obwohl die Flucht in die Parks bei weitem der bessere Ausweg gewesen wäre.
    Die Sicherheitskräfte rings um den Brunnen waren noch weiter verstärkt worden. Auch Ilievs Truppe, soweit sie noch lebte, hatte sich dort aufgestellt, und inzwischen war Vasselis mit hundert Gardisten des Aufstiegs eingetroffen. Unter die Bürger hatten sich Palastwächter gemischt und versuchten, die Ströme der aufgeregten Menschen zu leiten, konnten aber nicht viel ausrichten. Andere bemühten sich weiterhin vergeblich, die Tore zu schließen.
    Iliev blickte auf Yola hinab und spürte ihre Verzweiflung. Die anderen beiden Aufgestiegenen wandten sich Hilfe suchend an sie, doch sie hatte nichts anzubieten. Auf ihr ruhten die Hoffnungen aller Überlebenden im Palast und in ganz Estorr, und dieses Wissen überwältigte sie.
    »Die Toten sind gleich hinter der Menge«, grollte Kashilli. »Wir sollten uns ihnen stellen.«
    »Nein«, widersprach Iliev. »Unser Platz ist hier, wir müssen die Unschuldigen verteidigen. Haltet euer Versprechen und verzagt nicht.«
    »Du hast Angst, Kleine«, wandte Kashilli sich nun an Yola. »Aber wir werden euch nicht im Stich lassen.«
    »Ihr versteht das nicht. Ich kann die Toten nicht erreichen, und meine Struktur funktioniert nicht. So kann ich niemanden retten, und niemand kann mir helfen.«
    Vasselis stieg ins Brunnenbecken und hockte sich neben Yola, die im kalten Wasser kniete. Als sie ihn bemerkte, gab Vasselis ihr ein Tuch, mit dem sie sich das Gesicht abwischen konnte.
    »Trockne deine Augen, Yola. Du bist schon nass genug.« Dann setzte Vasselis sich. Das Wasser ging ihm bis zum Bauch. »Ich habe es gern bequem, wenn ich eine Geschichte erzähle.«
    Yola kicherte.
    »Eine Geschichte?«, fauchte Kashilli. »Da hätte ich auch eine. Sie kommt gerade durch das Tor.«
    Iliev legte einen Finger auf seine Lippen, und Vasselis fuhr fort.
    »Als mein Sohn noch klein war, ungefähr in deinem Alter, wollte er große Taten vollbringen, Schlachten gewinnen und alle Menschen retten. Genau wie die Helden der alten Konkordanz, von denen wir gelesen haben. Die Wahrheit ist aber, dass uns so etwas nie gelingt. Die Aufgabe ist für einen Einzelnen viel zu gewaltig. Ein Legionär kann nur die verteidigen, neben denen er steht. Ein Arzt kann nur einen Menschen retten, der direkt vor ihm auf dem Tisch liegt. So ist das für uns alle. Wenn wir

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