Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Schoepfung

Die letzte Schoepfung

Titel: Die letzte Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Lewin
Vom Netzwerk:
Sydney war immer schon attraktiv gewesen, wenn auch nicht auf eine Weise, dass die Männer auf der Straße sich nach ihr umdrehten. Ihre Schönheit war nicht sofort ins Auge gefallen; sie lag vielmehr in ihrem Lächeln und dem klugen Ausdruck ihrer Augen. Doch nun war sie eine auffallende Frau geworden, besaß Ausstrahlung, eine tiefe Traurigkeit und ein Geheimnis, das die Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
    Es tat Ethan weh, sie anzuschauen.
    Der Verlust des Kindes hatte Sydney verändert, hatte ihr die Unschuld genommen, die einst ihre ureigene Gabe gewesen war. Ethan hatte das plötzliche Verlangen, ihr alles wahrheitsgetreu zu erzählen, alles zu beichten – und er hätte es vielleicht getan, wären in diesem Moment nicht die Kinder erschienen.
    »Gibt's hier irgendwo was zu essen?«, fragte Danny in die Stille hinein. »Wir sind am Verhungern.«
    Sydney blinzelte, und ein Schatten senkte sich über ihre Augen. »Ich weiß es nicht genau«, sagte sie, ohne den Blick von Ethan zu wenden. »Vielleicht sind noch ein paar Dosen in der Vorratskammer.« Sie ließ seinen Blick los und wandte sich den Kindern zu. »Geht doch mal nachsehen. Und Callie – ich brauche den Erste-Hilfe-Kasten.«
    »Ich hol ihn«, sagte die Kleine, und beide Kinder liefen zur Küche.
    Sydney trat langsam auf Ethan zu, um eine ausdruckslose Miene bemüht. »Komm, ich schau mir deinen Arm an.«
    Er folgte ihr in den Speisesaal, wohin Callie den Erste-Hilfe-Kasten gestellt hatte, bevor sie ihrem Bruder bei der Suche nach Essbarem zur Hand ging.
    »Zieh dein Hemd aus«, sagte Sydney, während sie das Verbandsmaterial auf den Tisch legte. »Du hast doch noch ein anderes mit?«
    »Ja, sicher.« Vorsichtig streifte er das Hemd ab. Es war ihm ein wenig peinlich, gleichzeitig schalt er sich einen Dummkopf. Sydney hatte weiß Gott mehr von ihm gesehen als eine nackte Brust. Er schob den Gedanken beiseite und zog den Stoff vorsichtig von seinem verletzten Arm. Auch wenn er es nur einen Kratzer nannte, tat es höllisch weh.
    Offenbar hatte er die Schmerzen doch nicht so gut verbergen können, denn Sydney ging zur Bar hinüber und kam mit einem Glas Wasser zurück. Dann holte sie ein Röhrchen Aspirin aus ihrer Handtasche, schüttete zwei Tabletten in ihre Handfläche und hielt sie ihm hin. »Hier, die werden dir helfen.«
    So viel zum mannhaften Ertragen von Schmerzen. Ethan hatte Sydney noch nie täuschen können. »Ich werde wohl mehr als zwei Tabletten brauchen«, sagte er und schluckte sie trocken.
    »Und ich hatte mich schon auf einen Streit eingestellt.« Sydney schnalzte missbilligend mit der Zunge, schüttete noch zwei Aspirin in die Hand und reichte sie ihm. »Warst du nicht immer derjenige, der Medikamente fürchtet wie der Teufel das Weihwasser? Sogar harmloses Aspirin?«
    Er stieß ein kurzes Lachen aus und schluckte die Tabletten diesmal mit Wasser. Das war wieder typisch für ihn: Er konnte Medikamente nicht ausstehen. Im Augenblick aber war es wichtiger, dass er seinen Arm wieder benutzen konnte. »Irgendwann macht man alles zum ersten Mal.«
    »Jetzt weiß ich, dass es dir wirklich schlecht geht«, sagte sie. »Setz dich, und lass mich nachsehen, wie schlimm es ist.«
    Gehorsam setzte er sich, und Sydney nahm ihm behutsam den provisorischen Verband ab. »Sieht nach mehr als einem Kratzer aus.«
    Ethan zuckte die Achseln. Die Berührung ihrer Hände war wundervoll. »Hab schon Schlimmeres abgekriegt.«
    Ihr Blick traf den seinen. Beide dachten an die gleiche schlimme Verwundung: Vor fünf Jahren wäre Ethan fast an einem Schuss in die Brust gestorben. Ein Jagdunfall, hatte er ihr vorgeschwindelt. Nur hatte er nie gestanden, was er damals gejagt hatte. Nun sah er die unausgesprochene Frage in ihren Augen und wünschte, er hätte den Mund gehalten.
    »Diesmal wäre es fast noch schlimmer gekommen«, mahnte Sydney. »Zwölf Zentimeter weiter links, und wir würden jetzt nicht hier sitzen und reden.« Sie schraubte eine Flasche Wasserstoffperoxid auf und begann das Loch in seinem Arm zu säubern. »Warum fängst du jetzt nicht beim Anfang an und erzählst mir, was eigentlich los ist? Zumindest so viel, wie du weißt.«
    Und das tat Ethan und wiederholte, was er ihr bereits über die Kinder erzählt hatte, während er, so gut es ging, ihre Nähe ignorierte, denn sie rief die Erinnerung an frühere Zeiten wach, als Sydneys Berührung ihn sofort um den Verstand gebracht hatte. Hätte er sie nicht so gut gekannt, wäre es ihm vorgekommen, als würde

Weitere Kostenlose Bücher