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Die letzte Schoepfung

Die letzte Schoepfung

Titel: Die letzte Schoepfung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Lewin
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Irgendetwas war in jener Nacht zwischen den beiden Männern geschehen, etwas, das Morrow nach dem Blut des anderen dürsten ließ. Doch Avery hatte keine Zeit für Morrows Kleinkrieg. Sie hatten nur noch eine Möglichkeit, die Situation zu retten, bevor die Hölle losbrach, und er würde für keinen weiteren Fehler den Kopf hinhalten.
    »Was ist mit Anna?«, fragte er. »In den Nachrichten wurde sie nicht erwähnt.«
    »Keiner hat die Verbindung gesehen, aber ihre Leiche wurde heute Morgen von der Highway Patrol in der Wüste von New Mexico gefunden. Ich habe jemanden hingeschickt, der alles überprüft. Sie ist durch einen gezielten Kopfschuss getötet worden. Sieht ganz nach Ramirez aus.«
    Avery lehnte sich im Sessel zurück. Diese Entwicklung gefiel ihm gar nicht. Es konnte gut für ihn ausgehen oder schlecht, das hing davon ab, wen Anna kurz vor ihrem Tod noch kontaktiert hatte. »Weiter!«
    »Meine Männer haben sich ein bisschen umgeschaut und einen vor kurzem verlassenen Wohnwagen entdeckt, etwa fünfzehn Kilometer vom Fundort der Leiche. Da ist jemand in größter Eile abgehauen.«
    »Decker?«
    »Könnte sein. Anna muss ihm die Kinder dagelassen haben und weggefahren sein.« Morrow stieß ein kurzes, freudloses Lachen aus. »Schätze, sie kam doch dahinter, dass es nicht der Mühe wert war, die Bälger zu verkaufen. Nicht, wo Ramirez ihr auf den Fersen war.«
    Nein, das war keine Überraschung. Erstaunlich war nur, dass Ramirez sie so schnell gefunden hatte. Allerdings spielte das Schicksal von Anna Kelsey keine Rolle mehr, es interessierte nur noch, in wessen Auftrag sie unterwegs gewesen war. Aber darum konnte Avery sich später kümmern. Im Augenblick hatte Decker die Kinder.
    »Noch irgendwas von Ramirez gehört?«
    »Außer, dass er seine Mordrate weiter erhöht hat?« Zum ersten Mal klang Morrows Stimme ein wenig unsicher. »Er ist irgendwo da draußen, das spüre ich. Und ich kann ihn holen.«
    Morrow war wirklich zu beflissen, außerdem verschwieg er irgendetwas. Avery überlegte, ob er ihn direkt danach fragen sollte. Stattdessen beschloss er, Morrow ein wenig zu bremsen. »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Ramirez könnte Sie aber auch zuerst finden.«
    Stille drang durch die tausend Kilometer lange Leitung. Avery nahm an, dass er Morrow an einem empfindlichen Punkt getroffen hatte. Der Mann würde jetzt nichts lieber tun, als Avery die Hände um die Gurgel zu legen. Nein, das stimmte nicht. Dieser Mann war sozusagen mit seiner Pistole verwachsen. Wie Ramirez. Morrow stellte sich bestimmt gerade vor, wie er Avery eine Kugel zwischen die Augen jagte.
    Eine Vorstellung, die er nie verwirklichen würde.
    Morrow wusste sehr wohl, dass er ohne Averys Schutz nicht überleben konnte. Niemand beim Geheimdienst legte Wert auf Offiziere wie Morrow, die das Töten liebten. Und er liebte es wirklich. Auch solche Männer hatten ihren Nutzen, vorausgesetzt, man hielt sie unter Kontrolle. Doch Morrow entzog sich allmählich Averys Einfluss.
    »Halten Sie sich diesmal an den Plan.« Averys Tonfall duldete keine Widerrede. »Zuerst will ich Danny und Callie haben, dann Ramirez. Danach können Sie mit Decker machen, was Sie wollen.«
    »Sie sind der Boss.«
    »Stimmt. Vergessen Sie das nie.« Avery machte eine Pause, wartete, bis sein stummer Zorn sich über die Leitung mitgeteilt hatte. Dann wiederholte er Turners Informationen. »Decker und die Kinder sind auf dem Weg nach Illinois. Nach Champaign-Urbana.« An Morrows Schweigen erkannte er dessen Überraschung. »Der Junge ist auf dem Weg zu einem gewissen Dr. Timothy Mulligan. Er glaubt, der Mann sei sein Vater.«
    »Und? Ist er?«
    Avery gab keine Antwort darauf. Es hatte keinen Einfluss auf das, was er von Morrow erwartete. »Vermasseln Sie es nicht, John. Und«, er legte eine wirkungsvolle Pause ein und konnte der Versuchung nicht widerstehen, Morrow ein weiteres Mal zu ärgern, »unterschätzen Sie Decker nicht. Wenn es hart auf hart kommt, wird er Sie umlegen.«
    Wieder Schweigen, eisiges, zorniges Schweigen. »Ich melde mich wieder«, sagte Morrow schließlich.
    »Achten Sie darauf, dass Sie es noch können.«
    Avery legte auf. Am liebsten hätte er den Hörer auf die Gabel geknallt. Dann zog er ein Taschentuch hervor, nahm seine Brille ab und putzte die Gläser.
    Nur noch eine Frage von Tagen. Höchstens eine Woche.
    Morrow konnte man zwar vieles vorwerfen, aber dumm war er nicht. Er würde die Kinder abliefern, und Decker würde sich Ramirez stellen.

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