Die Letzte Spur
gilt.«
»Das gibt es doch nicht!«, sagte Rosanna fassungslos.
»Woher kam dieser Hinweis?«, fragte Marc scharf.
Harper zuckte mit den Schultern. »Lee Pearce. Private Talk . Die hat das irgendwie meinem Chef gesteckt. Keine Ahnung, woher sie das hatte. Jedenfalls soll ich herausfinden, ob es sich bei der Frau da oben«, er machte eine Kopfbewegung zum Stockwerk über sich, »ob es sich bei ihr um die gesuchte Elaine Dawson handelt. Deshalb schlage ich vor, wir gehen jetzt zusammen nach oben und Sie identifizieren sie. Dann verschwinde ich sofort. Ich muss mir sowieso noch ein Quartier suchen.«
»Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass wir jetzt mit Ihnen zusammen da hinaufgehen und die Frau, die dort oben wartet, als Erstes an Sie und Ihre Zeitung verkaufen«, sagte Marc. »Wer immer sie ist, und wie immer ihre Geschichte aussieht – es geht Sie nichts an!«
Tony grinste und tippte auf die große Umhängetasche, die an seiner linken Seite baumelte. »Ein Foto von ihr habe ich. Das heißt, wir kriegen raus, wer sie ist, so oder so. Sie könnten mir nur das Vorgehen etwas erleichtern, indem Sie mir jetzt sofort die gewünschte Auskunft geben.«
»Den Teufel werde ich tun!«, sagte Marc wütend. »Verschwinden Sie bitte! Andernfalls stehen wir die ganze Nacht hier, denn ich gehe bestimmt nicht mit Ihnen hinauf!«
Harper zuckte mit den Schultern. Er wirkte nicht einmal beleidigt. »Der Chef sagte schon, dass hier irgendetwas vertuscht werden soll. Mich stört das nicht, Mr. Reeve. Je dubioser Ihre Angelegenheiten, desto brisanter unsere Story. Wie gesagt, ich habe ein paar gute Bilder im Kasten, und was wir erfahren wollen, erfahren wir auch.« Er nickte Cadwick zu. »Wiedersehen, Mr. Cadwick. Ich suche mir jetzt hier irgendwo einen Platz zum Übernachten. Später komme ich vielleicht noch einmal zu Ihnen!«
Cadwick nickte eifrig. »Klar. Kommen Sie, wann immer Sie mögen!«
Kaum war Tony Harper in der Dunkelheit verschwunden, fuhr Rosanna zu Cadwick herum. »Sie haben Lee Pearce angerufen!«, rief sie. »Geben Sie es doch zu!«
Cadwick schüttelte den Kopf. Er wirkte tatsächlich betroffen. »Ich schwöre es, nein. Ich habe niemanden angerufen, nur Sie! Er stand heute am späten Nachmittag plötzlich vor der Tür und stellte mir eine Menge Fragen. Ich habe ihn hereingebeten, und noch während wir im Wohnzimmer saßen, kreuzte die Dawson auf. Ich setzte sie oben fest, und …« Er verstummte, peinlich berührt, wie es schien.
»… und da wollte Mr. Harper unbedingt hinaufgehen und ein Foto von ihr machen«, vollendete Marc, »und Sie hatten nichts Eiligeres zu tun, als ihm diesen Wunsch großzügig zu erfüllen.«
»Wie ist sie denn mit mir umgegangen?«, verteidigte sich Cadwick sofort. »Einfach abzuhauen und mich hier sitzen zu lassen! Nach allem, was ich für sie getan habe! Das war nicht nett! Ich bin menschlich sehr enttäuscht und …«
»Mr. Cadwick, könnten wir jetzt bitte hinaufgehen und Miss Dawson sehen?«, unterbrach Rosanna kühl.
Während sie hinter dem Alten die Treppe hinaufstiegen, flüsterte sie: »Was kann da passiert sein?«
Marc zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Nick Simon kommt wohl nicht in Frage?«
»Nick würde nicht die Konkurrenz auf den Fall ansetzen. Der würde selber hier auftauchen, aber nicht jemanden vom Daily Mirror schicken!«
»Stimmt. Aber außer uns beiden ist er der Einzige, der Bescheid weiß. Nein – deinem Bruder hast du es auch gesagt. Zumindest angedeutet.«
»Cedric? Der würde sich mit der Information nicht an die Presse wenden. Niemals.«
»Wir klären das später«, sagte Marc. »Jetzt haben wir anderes zu tun.«
Sie waren oben vor der Wohnungstür angekommen. Mr. Cadwick schloss auf. »Bitte sehr«, sagte er leise, »treten Sie ein. Sie kennen sich ja aus!«
Rosanna und Marc betraten die enge, dunkle Wohnung, aus der sie sich fast zwölf Stunden zuvor heimlich und leise auf Zehenspitzen davongestohlen hatten. Halb und halb hatte Rosanna erwartet, eine wutschnaubende junge Frau, Elaine oder wen auch immer, direkt hinter der Tür anzutreffen und von ihr aufgebracht zur Rede gestellt zu werden, aber niemand hielt sich im Flur auf, und es herrschte auch völlige Stille in den Räumen.
Hoffentlich ist sie nicht inzwischen aus einem der Fenster geklettert, schoss es Rosanna durch den Kopf, aber das wäre ein halsbrecherisches Unterfangen gewesen, und sie vermochte es sich nicht recht vorzustellen.
Gefolgt von Marc, trat sie in das Wohnzimmer.
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