Die Letzte Spur
dass Miss Luke etwas weiß, da sie ja offenbar seit Jahren versteckt in Northumberland gelebt hat.«
»Den Namen hat sie nicht erwähnt«, sagte Rosanna.
»Sie meinen, Pit Wavers hat vor wenigen Tagen schon wieder eine Frau bestialisch ermordet?«, fragte Marc ungläubig, und seinem Gesicht war anzusehen, dass er anfing, Pamelas panikartige Ängste vor Wavers allmählich ernster zu nehmen als zuvor.
»Es gibt Parallelen zu der Geschichte von Jane French«, sagte Fielder vorsichtig. Er überlegte einen Moment und sagte dann: »Wir haben heute früh Mr. Ronald Malikowski festgenommen. Eine Zeugin hat ihn im letzten Dezember zusammen mit Linda Biggs gesehen.«
»Malikowski sitzt fest?«, fragte Marc. »Wavers' engster Freund! Man darf natürlich keine voreiligen Schlüsse ziehen, aber ein paar Puzzleteile scheinen sich zusammenzufügen.«
Fielder sah das auch so. »Zweifellos. Malikowski streitet jegliche Beteiligung an beiden Verbrechen vehement ab. Hat bislang allerdings auch noch keinen anderen Namen genannt. Was vermutlich nur eine Frage der Zeit ist. Diese Typen verpfeifen einander ziemlich hemmungslos, wenn es schließlich darum geht, den eigenen Kopf zu retten.«
»Inspector Fielder«, sagte Rosanna, »können Sie sich vorstellen, was mit Elaine Dawson geschehen ist?«
Sie hatte längst begriffen, dass er ungern spekulierte, höchstens insgeheim, aber nicht in Andeutungen nach außen. Trotzdem interessierte es sie brennend, was ein erfahrener Beamter von Scotland Yard sagen würde.
»Die Tatsache, dass sie seit Jahren spurlos verschwunden ist und dass ihr Reisepass kurz nach ihrem Verschwinden, wie behauptet, in der Wohnung eines Mannes gefunden wurde, der gerade wegen dringenden Tatverdachts in zwei Mordfällen von uns verhört wird, lässt leider keine allzu optimistischen Schlüsse zu, was ihr Schicksal angeht«, sagte Fielder. »Und selbst wenn sich herausstellt, dass Malikowski nicht der Mann ist, den wir suchen, sondern stattdessen ein enger Freund von ihm, liegen die Dinge verquickt genug, um die Sache nicht gerade in besserem Licht erscheinen zu lassen. Ich überrasche Sie sicher nicht, Mrs. Hamilton, wenn ich Ihnen sage, dass Sie im Hinblick auf Elaine Dawson mit dem Schlimmsten rechnen sollten.«
Das überraschte sie tatsächlich nicht. Sie rechnete schon die ganze Zeit damit.
»Ich weiß«, sagte sie.
»Wir werden Malikowski nach ihr befragen«, sagte Fielder, »er wird uns eine Erklärung für den Pass geben müssen. Haben Sie im Übrigen dieses Dokument vielleicht dabei? Oder reist Miss Luke nach wie vor damit durch die Gegend?«
Rosanna öffnete ihre Handtasche, nahm den Pass heraus und reichte ihn dem Inspector. Er betrachtete ihn genau, legte ihn dann neben sich. Es war klar, dass er ihn einbehalten würde.
Er erhob sich zum Zeichen, dass er das Gespräch als beendet ansah, und reichte erst Rosanna, dann Marc die Hand. »Ich danke Ihnen, dass Sie gekommen sind. Sie haben uns sehr wertvolle Informationen geliefert. Ihre Adressen hier in London haben wir. Ich möchte Sie bitten, die Stadt vorläufig nicht zu verlassen. Außerdem müssen wir sofort über den Aufenthaltsort von Miss Pamela Luke informiert werden, sobald Sie ihn kennen.«
»Sie können sich darauf verlassen«, sagte Marc.
Rosanna schielte unauffällig auf das Display ihres Handys. Noch immer kein Anruf von Cedric.
Er und Pamela waren jetzt seit vier Stunden unterwegs.
6
Er hatte London Richtung Somerset verlassen, eigentlich ohne nachzudenken, aber es war ein Weg, der ihm vertraut war, den er viele Male genommen hatte. Gerade jetzt am Wochenende erst. Kurz hatte er erwogen, dass sie einfach zu seinem Vater fahren und dort ihr Quartier aufschlagen könnten, aber als er diese Möglichkeit andeutete, hatte Pamela entsetzt abgelehnt. »Nein! Das kann er herausfinden. Wir müssen einen ganz neutralen Ort finden.«
»Ehrlich gesagt, ich glaube kaum, dass Wavers dahinterkommen kann. Er kennt den Namen Hamilton , aber das ist der Ehename meiner Schwester. Herauszufinden, wie sie früher hieß und wo sie lebte, dürfte fast unmöglich sein.«
Ihre einzige Antwort war gewesen: »Sie kennen ihn nicht.«
Er hatte den Gedanken wieder aufgegeben. Vielleicht war es besser so. Er hätte seinen Vater in die ganze Geschichte einweihen müssen, und das hätte den älteren Mann womöglich überfordert.
Sie gerieten von einem Stau in den nächsten und kamen nur langsam vorwärts. Je weiter der Tag voranschritt, desto häufiger
Weitere Kostenlose Bücher