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Die Letzte Spur

Die Letzte Spur

Titel: Die Letzte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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verschwunden war und dass es einen Mann gab, einen Londoner Anwalt, der im Verdacht gestanden hatte, sie ermordet zu haben. Die Journalistin jedoch, die man in die Sendung eingeladen hatte, schien sicher zu sein, dass Dawson noch lebte.
    Und wenn es stimmte, was er, Brent Cadwick, dachte, dann hatte sie damit verdammt recht.
    Brent Cadwick hatte sich immer gewünscht, dass in seinem Leben einmal etwas wirklich Aufregendes passieren möge, aber achtundsechzig Jahre lang war dieser Wunsch ins Leere gelaufen. Nun schien sich etwas anzubahnen. Wenn seine Elaine identisch war mit der seinerzeit in London verschwundenen Frau, dann war er, Brent, der Mann, der den Fall aufklären würde. Der ihrer Familie Gewissheit bringen, der den Londoner Anwalt von jedem Verdacht reinwaschen würde. Wie dankbar man ihm wäre! Sicher käme er in die Presse. Man würde ihn vor seinem Haus fotografieren, man würde auch das Apartment sehen wollen, in dem Dawson gelebt hatte. Man würde Interviews mit ihm führen. Wahrscheinlich würde er auch zu Private Talk eingeladen werden. Er sah sich schon in dem Studio sitzen und von dieser höchst attraktiven Blondine Lee Pearce befragt werden. Schlagartig wäre er im ganzen Land bekannt. Dawsons Familie würde ihm in den nächsten Jahren zu jedem Weihnachtsfest eine Karte schreiben und vielleicht auch zu seinen Geburtstagen. Da er zu beiden Gelegenheiten nie von irgendjemandem Post bekam, war allein diese Vorstellung schon dazu angetan, ihn in freudige Aufregung zu versetzen.
    Was ihn in der Nacht wach gehalten hatte und ihn auch jetzt, an diesem sonnigen Morgen, beschäftigte, waren drei Fragen:
    Konnte er sicher sein, dass es sich wirklich um die richtige Elaine handelte?
    An wen sollte er sich nun am besten wenden?
    Und wo, verdammt noch mal, war sie abgeblieben?
    Die letzte Frage beunruhigte ihn am meisten. Denn wenn er sich bei der Polizei oder bei wem auch immer meldete und als Erstes bekennen musste, dass er keine Ahnung hatte, wo sich die Gesuchte eigentlich aufhielt, kam das einer ganz schönen Blamage gleich. Also … erwähnte er es am besten vorerst gar nicht.
    Und was die Identität Elaines anging … Ganz sicher konnte er nicht sein. Aber fast sicher. Denn schließlich musste er auch das seltsame Verhalten, die eigenartige Lebensweise seiner Untermieterin in die Waagschale werfen. Und das hatte in seiner Vorstellung schon immer auf irgendein Geheimnis in ihrer Vergangenheit hingedeutet.
    Im hellen Licht des Tages fand er nun die Antworten und konnte sich endlich einen Schlachtplan zurechtlegen.
    Er nickte zufrieden. Er würde das alles ganz schlau anfangen.
    An diesem Samstag verließ Angela endlich einmal die elterliche Wohnung. Sie hatte ihre dicke Winterjacke und einen Schal angezogen, merkte draußen jedoch schnell, dass es ihr darin zu warm wurde. Die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel und bewies bereits eine erstaunlich starke Strahlkraft. Islington mit seinen einfallslosen Sozialbauten, den noch kahlen Bäumen und flachen, braunen Wiesenstücken dazwischen, sah zwar noch immer recht trostlos aus, aber trotzdem verschönte der blaue Himmel auch diese Gegend, und im leichten Wind schwang der Geruch nach Frühling.
    Ein Frühling, den Linda nicht mehr erlebte.
    Angela merkte, wie ihr schon wieder die Tränen in die Augen stiegen. Sie schluckte energisch, versuchte jeden Gedanken an ihre Schwester beiseitezuschieben. Seit der Nachricht von Lindas Tod hatte sie an nichts anderes denken können als an die Grausamkeiten, die ihr zugefügt worden waren, und sie wusste, dass sie den Verstand verlieren oder krank werden würde, wenn sie nicht damit aufhörte. Oder sich nicht zumindest eine Pause verschaffte. Einfach spazieren ging, sich den Wind um die Nase wehen ließ und andere Gedanken und Bilder in ihrem Kopf zuließ. Nur dass das so schwer war. So schrecklich schwer.
    Sie lief eine Weile ziellos herum, einfach so durch die Straßen, und sie merkte, dass ihr das zumindest besser bekam, als daheim in der Wohnung zu sitzen. Als sie schließlich atemlos stehen blieb – sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie so schnell gelaufen war –, stellte sie fest, dass sie vor der Autowerkstatt gelandet war, in der Linda ein halbes Jahr lang gearbeitet hatte. Gordon kannte einen der Mitarbeiter dort, und es war ihm gelungen, Linda im Büro unterzubringen, wo sie Rechnungen tippte und die Ablage machte. Linda hatte den Job gehasst und vor etwa einem Dreivierteljahr alles hingeworfen und erklärt,

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