Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)
aufzusuchen und eine Probe zu nehmen. An Assaf gewandt, sagte sie: »Sobald ich das Ergebnis habe, gebe ich dir Bescheid. Spätestens morgen früh.«
»Hast du sonst noch irgendetwas gefunden?«
»Nein. Keine weiteren DNA -Spuren, keine Drogen im Blut, nichts, was uns wirklich weiterhelfen könnte. Aber die Faserspuren unter den Nägeln sind doch was, oder? Und den Obduktionsbericht habe ich dir dahin gelegt.«
Assaf überlegte, dass er unbedingt überprüfen musste, wo man diese Jacken in Tel Aviv und Umgebung, ja vielleicht sogar im ganzen Land, kaufen konnte. Am besten würde er Zipi oder Yossi damit beauftragen.
»Liat, vielen Dank!«, sagte er zu der jungen Rechtsmedizinerin, während sie die Tote wieder mit dem Tuch zudeckte. »Ach, was passiert denn jetzt mit der Leiche?«
»Na, du bist witzig. Habt ihr noch gar nicht die Angehörigen benachrichtigt? Die müssen sie doch identifizieren, nur um auf Nummer sicher zu gehen, dass wir hier wirklichden richtigen Namen in den Büchern haben. Bisher haben wir ja nur die Aussage von der Sekretärin.«
Assaf kratzte sich den dichten Bart. »Walla, stimmt. Da muss ich mich dringend drum kümmern.«
Liat stieß ein tiefes Raucherlachen aus. »Mit solchen Sachen hattest du da an der Grenze nichts zu tun, was? Terroristen haben wohl keine Eltern?«
KAPITEL 4
Als Assaf zurück in sein Büro kam, sah er überrascht, dass Zipi noch arbeitete. »Was machst du denn noch hier?«, fragte er die Sekretärin, nachdem er mit Blick auf die Uhr festgestellt hatte, dass es bereits kurz vor halb sechs war. Zipi ging normalerweise eine Stunde früher.
»Ach, ich habe noch eure Vernehmungen protokolliert, ich dachte, dann hast du das morgen früh gleich auf dem Tisch. Brauchst du sonst noch meine Hilfe?«, fragte sie, als könnte sie Assafs Gedanken lesen.
»Kannst du noch herausfinden, ob die Tote, Marina Koslovsky, Angehörige in Israel hatte und wenn ja, wo?«
»Ach, das wisst ihr noch gar nicht? Aber die müssen doch benachrichtigt werden. Das schaue ich sofort nach. Man will doch wissen, was mit dem eigenen Kind geschehen ist.«
Assaf war sich nicht so sicher, ob die Leute wirklich unbedingt wissen wollten, wenn ihr Kind ermordet worden war. Eine Wahrheit, die so bitter ist, dass sie das ganze Leben zerstört. Wenn Kinder vor ihren Eltern starben, brachte das alles aus dem Gleichgewicht. Der Kommissar lief grübelnd zu seinem Schreibtisch. Akribisch notierte er sich sämtliche Informationen, die er von Schlomo und Liat bekommen hatte. Er schlug den Obduktionsbericht auf und überflog zunächst die allgemeinen Informationen über Marina.
Sie war ein Meter dreiundsiebzig groß, 58 Kilo schwer und hatte weder Narben noch Tätowierungen. Ihre Organe schienen alle gesund gewesen zu sein, und offenbar hatte sie regelmäßig Sport getrieben. Dass die Tote mit dem Engelsgesicht mit zwei verschiedenen Männern so kurz vor ihrem Tod Sex gehabt hatte, ließ Assaf allerdings nicht los. Er blätterte seine Aufzeichnungen durch. Moses, Regenjacke, Sperma. Dies waren seine wichtigsten Anhaltspunkte. Er schrieb sie in die Mitte der nächsten leeren Seite seines kleinen ledernen Notizbuches, in der Ecke notierte er außerdem Jérôme – es konnte ja sein, dass der Amerikaner noch einmal zurückgekommen war.
Assaf wählte Yossis Handynummer. Sein Kollege hatte statt eines normalen Freizeichens die Melodie eines hebräischen Songs aus den Siebzigern; »Yesh li yom yom chag, yesh li chag yom yom, yesh li yom yom chag; hallelujah« – Naomi Shemer sang, dass sie jeden Tag einen Feiertag habe.
»Assaf«, unterbrach Yossis Stimme die fröhliche Melodie.
»Ich hab nur eine kurze Frage. Ist dieser Jérôme ein eher zierlicher Typ?«
»Nee, zierlich ist der nicht. Eher etwas schwabbelig, würde ich sagen. Warum fragst du?«
»Liat hat mir vorhin erklärt, dass die Verletzungsspuren der Toten darauf hinweisen, dass ihr Mörder nicht sehr viel stärker als sie war.«
»Walla«, rief Yossi ins Telefon und sagte dann, nach kurzem Überlegen: »Moses ist ein relativ zierlicher Typ.«
Assaf nickte heftig. »Das war auch mein erster Gedanke.«
In diesem Moment öffnete Zipi die Tür und wedelte aufgeregt mit einem Blatt Papier.
»Gut, Yossi. Ich muss los. Bis morgen!«
»Bist du sicher, dass du nicht doch noch meine Hilfe brauchst? Ich kann noch einmal ins Büro kommen.«
»Nee, nee«, sagte Assaf mit Blick auf das Blatt von Zipi und unterbrach die Verbindung.
Zipi präsentierte sofort,
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