Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)
konzentriere«, ergänzte Lew Komras. Sein Ton klang rechtfertigend.
Assaf war erstaunt, wie viel Informationen der Russe ihm plötzlich doch gab. Ihm fiel ein altes russisches Sprichwort ein, das die Oma einer seiner ersten Freundinnen immer gesagt hat: »Wer Angst hat, gibt dem Teufel die Hand.« Was hatte Komras zu befürchten? Er schaute den Russen stumm an, während er seine Pizza aß.
»Gut«, erwiderte der Kommissar schließlich zu Komras’ Überraschung, der sich wohl auf ein längeres Verhör eingestellt hatte, »das war es auch schon. Jetzt müsste ich nur noch wissen, wo du an diesen beiden Tagen warst und wie wir dich erreichen können, falls wir noch Rückfragen haben.« Der Kommissar verspeiste das letzte Stück der Pizza.
Es stellte sich heraus, dass Lew Komras zwar für den Tag, an dem Joy voraussichtlich gestorben war, ein Alibi hatte,nicht aber für den Abend, an dem Marina nach ihrem Sprachkurs getötet worden war. Assaf notierte sich die Kontaktdaten, die Komras ihm gab. Dann stand er auf, legte einen Hundert-Schekel-Schein auf den Tisch und verließ das Restaurant. Auf dem Weg zu seinem Roller, den er ein paar Straßen entfernt geparkt hatte, rief er Yossi an und bat ihn, sich um ein weiteres Team zur Beschattung von Lew Komras zu kümmern. Er gab ihm außerdem das Autokennzeichen des Mercedes zur Überprüfung durch.
»Können wir dafür die Leute von Shpangental abziehen?«, fragte Yossi nach. »Die sitzen da ja schon seit gestern, und bisher ist nichts Weltbewegendes passiert. Ich glaube also nicht, dass er unser Mann ist.«
»Lass sie bitte noch bis morgen früh dort. Und schicke ein anderes Team zu Komras«, entschied Assaf.
Yossi schnaufte zwar ins Telefon, aber widersprach ihm nicht.
»Ich komm jetzt zurück ins Präsidium. Ich habe einen Termin mit Anat und Liat. Es geht um die Laborergebnisse«, teilte Assaf seinem Kollegen mit, bevor er auflegte und sich auf seinen Roller schwang.
Anat Cohen und Liat Schapira warteten bereits in seinem Büro auf den Kommissar. Während Liat es sich in einem seiner Besuchersessel bequem gemacht hatte, stand Anat am Fenster und tippte nervös mit ihren Fingern an die Scheibe.
»Die Damen«, versuchte sich Assaf daran, locker und witzig zu sein. Obwohl ihm wahrlich nicht nach Scherzen zumute war. Seine Schultern waren schwer, der Rücken schmerzte ihn.
»Assaf, da bist du ja endlich«, fauchte Anat ihn an.
Der Kommissar stöhnte.
Liat Schapira sah ihre beiden Kollegen mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Also, Assaf, wir haben die Ergebnisse. Ich habe meinen Bericht abgeschlossen«, sagte sie.
»Und?«, fragte der Kommissar gespannt.
»Wenn du mich fragst, ist es ein komplett anderer Fall als die tote Ukrainerin. So wie ich das sehe, ist die Thailänderin herumgestoßen worden. Sie hatte ein paar kleinere Hämatome an Armen und Bauch, aber nichts Ernstes. Es sah aus, als hätte sie jemand geschlagen, aber nicht so ernsthaft, als dass sie im Notfall nicht weiter zur Arbeit gehen hätte können. Interessanter ist, dass ich Wasser in ihren Lungen gefunden habe.«
»Die nicht vom Fluss stammen?«, warf Assaf ein.
»Genau«, erwiderte Liat anerkennend.
»Wir vermuten, dass man ihr die Augen verbunden und sie mit Wasser übergossen hat. Eine Art Waterboarding. Wahrscheinlich wollte man irgendeine Information aus ihr herausbekommen«, erklärte Anat, die wohl entschieden hatte, dass es keinen Sinn hatte, weiter grimmig in der Ecke zu stehen. »Irgendwie ganz schön clever. Denn so hätte man sie auch nach der Quälerei noch zur Arbeit schicken können.«
»Aber das würde ja bedeuten, dass es ihre eigenen Leute waren?«, meinte Assaf. »Woran ist sie denn schließlich gestorben?«
Liat schaute ihn ernst an. »Ein harter Gegenstand traf ihren Kopf. Sie hatte eine Fraktur in der oberen Halswirbelsäule. Ein Genickbruch also. Der Atlas und Epistropheus wurden gegeneinander verschoben, und so brach der Zapfendes zweiten Wirbelkörpers ab und schob sich ins Innere des Wirbelkanals. Hier verlaufen die Rückenmarksnerven mit lebenswichtigen Funktionen. Durch die Quetschung der Nervenbahnen fiel die Atmung aus, und daran ist sie gestorben«, referierte die Medizinerin. »So wie das aussieht, ist sie auf eine Treppen- oder Tischkante gefallen.«
»Ein Unfall also?«, fragte Assaf ungläubig.
»Eher fahrlässige Tötung. Jemand hat sie gequält und herumgestoßen. Und dabei ist sie dann wohl gestürzt.«
»Und die Schlafmittel? Anat meinte, du
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