Die letzte Sünde: Kommissar Rosenthal ermittelt in Tel Aviv (German Edition)
mit den Nachman ab.«
Die Nachman-Juden kannte jeder im Land. Sie waren vor allem berühmt, weil sie mit Pick-ups und lauter Techno-Musik durch die Städte fuhren und an jeder Ampel wie aufgescheuchte Hühner herumtanzten, während ihre langen Bärte und Schläfenlocken wie elektrisiert auf und ab hüpften.Ihr Credo zu Ehren von ihrem Rav Nachman von Bratslav, den sie wie einen Messias verehrten, lautete »Na Nach Namah Nachman Me’Uman« und fand sich in bunten Graffiti überall an israelischen Häuserwänden. Assaf selbst hatte jahrelang auf eine Wand mit Nachman-Schriftzug geguckt, wenn er auf der Terrasse seiner Großmutter saß. »Der Shpangental versorgt also die Nachman?«, fragte Assaf interessiert. Dieser Rabbi wurde ihm plötzlich fast sympathisch.
»Na, nicht nur die. Aber im Wesentlichen Orthodoxe. Da gibt es ja einige, die zum Beten was einwerfen.«
Assaf überlegte, dass Yossi wohl recht damit hatte, dass Shpangental nicht ihr Mann war.
»Eddy, jetzt sag mir doch nur noch, wo du an diesen beiden Tagen warst.« Mit einem schnellen Handgriff zog Assaf seinen Kalender aus der Tasche und deutete mit dem Zeigefinger auf die beiden dicht aneinander liegenden Daten, die er bereits mit einem Marker umrandet hat.
Friedman kniff angestrengt die Augen zusammen. »Also, in dieser Woche war ich in Eilat. Da kannst du deine Kollegen dort fragen. Und hier ...« Er deutete auf den Sonntag, an dem Joy getötet worden war. »... war ich in Tel Aviv unterwegs.«
»Abends?«
»Abends war ich bei meiner Süßen. Ira. Also Irena. Soll ich dir ihre Nummer geben?«
»Bitte.« Assaf notierte sich die Handynummer in seinem Notizbuch. Es überraschte ihn nicht, dass Eddys Freundin einen russischen Namen hatte.
Eddy Friedman begleitete Assaf noch bis zur Tür, vielleicht aus Freundlichkeit, vielleicht weil er sicher sein wollte,dass der Kommissar auch wirklich ging. Vor dem Haus hatte sich ein Grüppchen Schwarzafrikaner versammelt. Wahrscheinlich kassierte Friedman um die Zeit des Tages immer ab.
Da er schon einmal etwas außerhalb des Zentrums war, beschloss Assaf, in einen der großen Supermärkte zu fahren, die vor Ramat Gan lagen. Hier kostete eine Packung Rindersalami nur noch umgerechnet drei Euro und nicht vier, wie in den kleineren Läden bei ihm in der Straße.
Assaf fuhr auf den Parkplatz des Mega-Supermarktes und parkte fast direkt vor dem Eingang. Er hielt vor der Eingangstür inne, damit der Sicherheitsdienst ihn abtasten konnte. Eine ältere Frau kam ihm entgegen, einen vollgepackten Einkaufswagen angestrengt vor sich herschiebend. Er erkannte sie sofort. Es war Liora Schwarz, die Frau von dem Verdächtigen Esra Schwarz, für dessen Wohnung er partout keinen Durchsuchungsbefehl bekam. Der Kommissar drehte sich um und beobachtete dann, wie Liora Schwarz mit ihrem Einkaufswagen auf den Parkplatz zusteuerte. Schließlich machte sie an einem silbernen Fahrzeug halt und öffnete den Kofferraum. Assaf erkannte, dass es sich um einen fünftürigen Ford Focus handelte. Er beobachtete noch einen Moment, wie Liora Schwarz ihre Einkäufe verstaute, und begab sich dann in den Supermarkt. Als er an der Kasse stand, rief ihn Yaron an. Das Handy unter das Ohr geklemmt, nahm Assaf ab, während er seine Einkäufe auf das Band legte.
»Hör mal, Tamar, die Freundin von Tal Rotenberg«, Yaron sagte immer die vollen Namen, wenn es um seines Erachtens wichtige Personen ging, »hat mich angerufen.Heute Abend eröffnet die Galerie von Gili, also von dieser schönen Rothaarigen, eine neue Ausstellung. Und Tal Rotenberg hat explizit zu Tamar gesagt, dass wir kommen sollen.«
Assaf überlegte. Tal Rotenberg, das Model, mit dem er eine Nacht verbracht hatte. Eigentlich hatte er keine Lust, sie schon wieder zu sehen. »Yaron, ich weiß nicht ...«
»Assaf, da müssen wir hin. Wo eine schöne Frau ist, sind Hunderte. Das wird der Garten Eden der Models heute Abend!« Yaron war selten euphorisch, aber wenn er es mal war, akzeptierte er kein Nein.
»Achi, ich bin müde und fertig. Ich habe keine Lust auf Models.« Die ältere Verkäuferin schaute Assaf neugierig an.
Yaron schwieg beleidigt.
Assaf rollte mit den Augen. »Okay. Aber nur auf einen Drink. Wo ist das denn?«
»Im Hafen von Jaffa. Lass uns zusammen hinfahren, und vorher rauchen wir noch was bei mir«, schlug Yaron zufrieden vor.
Als Assaf und Yaron am Hafen in Jaffa ankamen, war in der großen Kunsthalle schon der Teufel los. Es gab sogar einen roten Teppich, an dem
Weitere Kostenlose Bücher