Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)
noch nicht. Um darüber wegzukommen, dass sie Seth verloren hatte? Weil sie einsam gewesen war? Weil sie Jeremys Charme erlegen war? Weil er ihr für ein paar Stunden das Gefühl gegeben hatte, etwas Besonderes zu sein? Auf jeden Fall war sie damals offenbar nicht bei klarem Verstand gewesen, denn zu allem Überfluss hatte sie es mit ihrem Diaphragma nicht so genau genommen. Sicher, sie hatte andere Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, und zwar solche, von denen jeder Teenager, der im Sexualkundeunterricht halbwegs aufgepasst hatte, wusste, dass sie nichts taugten.
» Ich habe eine Menge Fehler gemacht, Kate « , sagte Jeremy. » Aber ich schwöre dir, ich habe nur versucht, Amelia zu helfen. Das musst du mir glauben. Ich dachte, ich könnte ihr Freund sein, auch wenn sie nie erfahren durfte, dass ich ihr Vater war. Jetzt wünschte ich, ich hätte es ihr einfach gesagt. «
» Nein « , stöhnte Kate und wich vor Jeremy zurück, bis sie gegen die Wand stieß. » Hör auf. Ich will das nicht. Du musst… « Kopfschüttelnd sah sie sich nach der Tür um. » Ich muss gehen. «
Kate schaute nach rechts und nach links. Wo war die Wohnungstür? Es war, als wäre sie in ein unentrinnbares Labyrinth geraten. All die Jahre über war Kate sich so sicher gewesen, wer Amelias Vater war und warum sie ihn verleugnet hatte. Sie hatte Amelia schützen wollen. Und jetzt sah es so aus, als hätten ihre Lügen nur Jeremy geschützt. Und sie selbst natürlich.
» Kate, wir müssen darüber reden. «
» Nein. Müssen wir nicht « , entgegnete Kate. » Ich muss… hier weg. «
» Daniel weiß über uns Bescheid, Kate « , sagte Jeremy. » Er hat mich heute von Schottland aus angerufen und damit angegeben, dass er das Zeug bei insidethelaw reingestellt hat. Er war so betrunken, dass ich ihn kaum verstehen konnte, aber ich habe immerhin mitbekommen, dass jemand ihm eine E-Mail über uns geschickt hat. Vor ein paar Monaten, wenn ich ihn richtig verstanden habe. Ich habe genauso wenig Ahnung wie du, wer das gewesen sein könnte. Als ich dir den Associated-Mutual-Bank-Fall übergeben habe– der sowieso von Anfang an dein Fall war–, ist er anscheinend ausgerastet und hat beschlossen, mit dem, was er weiß, an die Öffentlichkeit zu gehen. Dass er das Angebot, bei Meyer & Jenkins als Partner einzusteigen, angenommen hat, hat ihm die Sache noch einfacher gemacht. « Jeremy schüttelte angewidert den Kopf. » Daniel hat mir auch das von dir und ihm erzählt, Kate. Ich hatte keine Ahnung davon. Und ich muss zugeben, ich kam mir vor wie ein Idiot. «
Jeremy hatte tatsächlich die Stirn, verletzt dreinzublicken.
» Das freut mich « , sagte Kate leise. Dann ging sie in Richtung Wohnungstür. » Es wurde höchste Zeit, dass du dir mal wegen irgendwas wie ein Idiot vorkommst. «
» Warte, Kate « , rief er ihr nach. » Wir müssen uns überlegen, was wir jetzt unternehmen. Und es gibt noch etwas, was du wissen musst. Es geht um Amelia. «
» Ich will überhaupt nichts mehr wissen « , sagte Kate und ging noch schneller. Ihr Herz raste, und sie hatte Tränen in den Augen. » Lass mich einfach in Ruhe. «
» Kate! « , rief Jeremy. » Wir müssen trotzdem reden! Ich muss dir unbedingt noch etwas erzählen! Es ist wichtig! Es geht um ein Mädchen von der Schule! «
Amelia
24. OKTOBER, 13:47
AMELIA
wo bist du? sag mir bloß nicht du hast gekniffen
BEN
sorry!! bin ein arsch. kann leider nicht kommen
AMELIA
im ernst?
BEN
mein dad ist stinksauer… wenn ich fahr, bringt er mich um… nicht böse sein!! ich mag dich wirklich
AMELIA
ok verstehe!! du kannst ja nix dafür… ich mag dich auch
BEN
ich komm mir vor wie ein idiot… versprich mir dass du klarkommst
AMELIA
versprochen
BEN
und lass dich nicht unterkriegen!! du bist n richtig tolles mädchen… außerdem hast du ja noch mich
AMELIA
xoxo
24. OKTOBER, 13:49
SYLVIA
wo bist du?
AMELIA
bei woodhouse
SYLVIA
wieso?
AMELIA
wg abschreiben
SYLVIA
wer hat abgeschrieben?
AMELIA
ich angeblich
SYLVIA
WTF ?! ok mir reichts. bleib wo du bist!! ich komm dich holen
Amelia
24. OKTOBER
Ich zuckte zusammen und steckte hastig mein Handy ein, als Woodhouse die Tür öffnete.
» Ich werde so tun, als hätte ich das nicht gesehen « , sagte er. Er hatte einen Hefter in der Hand, den er in seine Handfläche schlug, als wäre er ein Lineal, mit dem er mir auf die Finger hauen wollte. Dann warf er den Hefter auf seinen aufgeräumten Schreibtisch, setzte sich und verschränkte die
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