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Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberly McCreight
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Lippen des Bademeisters in Chatham, den ich vor zwei Jahren geküsst hatte.
    Während wir uns küssten, legte Dylan eine Hand an mein Gesicht. Und in dem Moment wusste ich es. Ich wollte nicht nur ihre Freundin sein. Ich wollte nicht nur sein wie sie. Ich wollte sie küssen.
    Dann, plötzlich, löste sie sich atemlos von mir und war weg. Ich stand allein im Dunkeln, am Rand des kleinen Lichtvierecks.
    Ich brauchte einen Moment, um Luft zu holen. Mein Herz klopfte wie wild, als ich in das Zimmer ging, wo alle auf mich warteten. Ich hielt den Blick gesenkt und hoffte, dass meine Wangen nicht so rot waren, wie sie sich anfühlten. Ich hob eine Hand an meinen Mund, wischte ihn mir aber doch nicht ab, sondern drückte die Hand an meine Lippen, um den Kuss noch ein bisschen festzuhalten.
    Einmal blickte ich kurz auf, um zu sehen, ob mich jemand beobachtete. Doch die Mädchen– einige lümmelten sich auf ledernen Sesseln, die aussahen wie Kinosessel, andere lehnten an den Wänden oder hockten im Schneidersitz auf dem Boden– hatten nur Augen für Zadie, die am anderen Ende vor einer teuren Stereoanlage und einem riesigen Flachbildschirm stand.
    Ich lehnte mich gegen die Wand und schaute mich nach Dylan um. Ich fürchtete schon, sie wäre nicht mehr da, fürchtete, sie hätte sich vielleicht irgendwie aus dem Staub gemacht. Aber als ich zu Zadie hinüberschaute, saß Dylan rechts neben ihr auf einem Stuhl. Und auch sie schaute mich an, nicht direkt ernst, aber auch nicht lächelnd. Sie wirkte eher überrascht und vielleicht auch verwirrt.
    Aber sie hat mich geküsst, sagte ich mir und musste daran denken, wie absurd es geklungen hatte, als Sylvia sich nicht sicher gewesen war, ob Ian sie geküsst hatte. Oder hab ich mir das eingebildet? Warum tut sie jetzt so überrascht?
    » Wir haben einen Blog– Birds of a Feather Flock Together, heißt er. « Zadie schaute sich stolz um. » Das hab ich mir ausgedacht. Jedenfalls, alle haben eine Seite mit eigenen Fotos. In dem Spiel geht es darum, so viele Leute wie möglich dazu zu bringen, dass sie auf ›gefällt mir‹ klicken. « Sie redete weiter von den Fotos und wie man die Leute dazu brachte, » gefällt mir « anzuklicken. Ich hörte gar nicht richtig zu. Ich konnte nur an den Kuss denken und daran, wie gut es sich angefühlt hatte. Im nächsten Augenblick fuhr mir ein Schmerz durch den Fuß. Ich brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass Zadie mir auf die Zehen trat. » Hörst du überhaupt zu, du Miststück? «
    » Ich, äh, klar « , stotterte ich. Ich spürte, dass alle mich anschauten. » Ja, ich hör dir zu. «
    Zadie verschränkte die Arme vor der Brust und grinste boshaft. Sie stand jetzt ganz dicht vor mir.
    » Du machst also mit? «
    Musste ich das? Nach dem, was gerade mit Dylan passiert war, brauchte ich es vielleicht gar nicht. Ich hatte wirklich nicht richtig zugehört, aber was ich von dem Spiel mitbekommen hatte– Blog, Fotos, Fremde–, gefiel mir nicht. Ich wollte nichts damit zu tun haben.
    Ich versuchte, an Zadie vorbei Dylans Blick zu fangen, in der Hoffnung, sie würde mir irgendein Zeichen geben. Aber sie unterhielt sich gerade leise mit Bethany. Es sah so aus, als hätte sie gar nicht mitbekommen oder als würde es sie überhaupt nicht tangieren, dass Zadie mich anmachte. Sie war vollkommen abgetaucht. Mal wieder.
    Wenn Dylans Interesse an mir so schnell verflog, wie sollte ich dann Aufmerksamkeit von ihr bekommen, wenn ich nicht mehr bei den Maggies war? Wenn wir uns nicht mehr auf den Treffen und den Partys sahen. Womöglich tat Dylan dann so, als würde sie mich nicht kennen. Womöglich würde sie es als eine Art persönliche Beleidigung auffassen, wenn ich nicht ihretwegen im Club bliebe. Vielleicht würde sie sauer auf mich sein. Wenn sie mich bloß jetzt ansehen würde, dann würde ich es wissen. Ich legte einen Finger auf meine Lippen und dachte an den Kuss, daran, wie Dylans zarte Hand mein Gesicht gehalten hatte.
    » Und? « Zadie stieß mit dem Fuß gegen mein Bein. » Wie sieht’s aus, Crazy Eyes? Hast du genug? «
    Ich schaute ein letztes Mal zu Dylan hinüber. Sie redete nicht mehr mit Bethany. Sie blickte zu Boden und wirkte nicht besonders glücklich. Was, wenn Dylan sich insgeheim wünschte, ich würde gehen? Nein, das konnte nicht sein. Es würde keinen Sinn ergeben. Sie hatte mich doch eben erst geküsst. Oder nicht?
    » Ich bleibe « , krächzte ich, dann räusperte ich mich. Ich zwang mich, Zadies boshaftem Blick standzuhalten.

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