Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
konnte, gab der Bluthüter seinen Begleitern ein Zeichen. Einen Moment später stand Lena an Covenants Seite. Von irgendwo unter ihrem Kleid brachte sie ein Steinmesser zum Vorschein und hob die Klinge zwischen Bannor und Covenant. »Wenn du ihm ein Leid zugefügt hast«, schäumte sie in höchstem Zorn, »wird deine Haut den Preis zahlen, Alter.«
    Der Bluthüter ließ seine Brauen emporrutschen. Covenant langte nach ihrem Arm, um sie von unbedachten Handlungen zurückzuhalten, aber er war noch viel zu fassungslos, als daß ihm irgendeine Methode eingefallen wäre, wie er sie hätte besänftigen, wieder beruhigen können. »Lena«, murmelte er ratlos, »Lena ...« Als sich Schaumfolger zu ihnen gesellte, flehten Covenants Augen den Riesen um Unterstützung an.
    »Ach, meine Königin«, sagte Schaumfolger leise. »Gedenke deines Friedensschwurs!«
    »Friede!« brauste Lena mit brüchiger Stimme auf. »Sprich zu ihnen von Frieden. Sie haben sich am Zweifler vergriffen.«
    »Aber sie sind nicht unsere Feinde. Sie sind Ramen.«
    Ruckartig hob sie ihr Gesicht voll Unglauben zum Riesen. »Ramen? Die Hüter der Ranyhyn?«
    Auch Covenant schaute sich verdutzt um. Ramen? Unbewußt hatte er mit aller Selbstverständlichkeit unterstellt, daß es sich bei Bannors Begleitung ebenfalls um Bluthüter handelte. Die Ramen waren den Bluthütern insgeheim immer abgeneigt gewesen, weil so viele Ranyhyn den Tod fanden, als sie Bluthüter ins Gefecht trugen. Ramen und Bluthüter zusammen? Unter ihm schien der Erdboden spürbar zu wanken. Nichts war so, wie er glaubte; alles im Lande, so hatte es den Anschein, mußte ihn erstaunen oder entsetzen, falls man ihm die Wahrheit mitteilte.
    »Ja«, antwortete Schaumfolger auf Lenas Frage. Und nun erkannte Covenant die Ramen selbst wieder. Acht davon, Männer und Frauen, umstanden ihn. Sie waren hagere, flinke Menschen, die die scharfgeschnittenen Gesichter von Jägern besaßen, und ihre Haut war durch viele Jahre des unablässigen Aufenthalts im Freien so tief gebräunt, daß selbst dieser Winter sie nicht aufzuhellen vermochte. Abgesehen von den unzureichenden Kleidungsstücken, die zur Tarnung dienten, trugen sie genau jene Ramen-Tracht, an die sich Covenant noch entsann – kurze Hemden und Blusen, die Arme und Beine entblößt ließen, und ihre Füße waren nackt. Sieben von ihnen wiesen die charakteristischen Merkmale von Seilträgern auf – gestutztes Haar, Seil um die Hüften –, während der achte Ramen dadurch, daß sein langes, schwarzes Haar mit einer zum Nahkampf verwendbaren Kordel zu einem Zopf verschlungen war, sowie durch einen kleinen, aus gelben Blumen geflochtenen Kranz auf seinem Scheitel anzeigte, daß er im Rang eines Mähnenhüters stand.
    Doch sie hatten sich verändert. Sie glichen nicht den Ramen, die er vor siebenundvierzig Jahren kennengelernt hatte. Die offenkundigste Veränderung sah er in ihrer Haltung ihm gegenüber. Während seines ersten Aufenthalts im Lande hatten sie ihn in ehrfürchtigem Respekt betrachtet. Er war der Ring-Than gewesen, den hundert Ranyhyn gegrüßt hatten. Doch jetzt musterten ihre stolzen ernsten Gesichter ihn voller Schroffheit, unter der mit Mühe gemäßigter Zorn lauerte, als hätte er durch irgendeine unaussprechliche Perfidität ihre Ehre verletzt.
    Aber das war nicht die einzige Veränderung, die in ihnen stattgefunden hatte. Während er die kompromißlosen Blicke rings um sich erforschte, kam ihm eine bedeutsamere Abweichung zu Bewußtsein, irgend etwas, das er nicht recht zu definieren verstand. Vielleicht verriet ihr Auftreten weniger Zuversicht oder Stolz; womöglich waren sie schon so oft angegriffen worden, daß sie eine gewohnheitsmäßige Abwehrhaltung einnahmen; möglicherweise erlaubte das Verhältnis von sieben Seilträgern zu einem Mähnenhüter – statt drei oder vier zu eins, wie es hätte sein müssen – auf schwere Verluste unter ihren Führern zu schlußfolgern, den Mittlern der Ranyhyn-Kenntnisse. Was auch die Ursache war, sie wirkten gehetzt, zeichneten sich durch einen Anflug von so etwas wie innerer Zersetzung aus, als ob in ihrem Unterbewußtsein ein Ghoul am Gebein ihres Muts nagte. Plötzlich empfand Covenant, wie er sie so ansah, die Überzeugung, daß sie Bannors Gegenwart duldeten – ja, ihm sogar folgten –, weil sie nicht länger selbstsicher genug waren, um einem Bluthüter die kalte Schulter zu zeigen. Einen Moment später merkte er, daß Lena etwas zu ihnen sagte, nunmehr nicht im Zorn, sondern

Weitere Kostenlose Bücher