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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Verzweiflung verschweißt worden. »Ich glaube nicht.« Hinter ihm unterbrach Matthew Logan seinen Tenor. Die plötzliche Stille hallte in Covenants Ohren wie Hohn. »Ich bin ein Aussätziger«, wisperte er jämmerlich.
    Er merkte an den neugierigen, erwartungsvollen Mienen in den vordersten Reihen des Publikums, daß man ihn nicht verstanden hatte, ihn nicht erkannte. Das überraschte ihn nicht; er spürte, daß er sich durch seine Verirrungen bis zur Unkenntlichkeit verändert hatte. Und selbst in seinen längst vergangenen Tagen der Gesundheit hatte er nie Umgang mit den gläubigeren Einwohnern der Ortschaft gepflegt. Dr. Johnson jedoch hatte ihn gehört. Seine Augen wölbten sich bedrohlich aus den Höhlen, und er antwortete so leise, daß selbst Covenant seine Entgegnung kaum mitbekam. »Ich weiß nicht, wer Sie dazu verleitet hat, aber Sie werden uns nicht ins Handwerk pfuschen.« Mit nur kaum merklicher Pause begann er wieder fürs Publikum im Zelt zu sprechen. »Armer Mann, Sie fantasieren. Diese Wunde ist entzündet, Sie müssen ja schweres Fieber haben.« Seine Rednerstimme troff über von Mitleid. »Du bereitest mir Kummer, mein Sohn. Es wird sehr kraftvoller Gebete bedürfen, um deinen Geist zu reinigen, so daß Gottes Stimme dich erreichen kann. Bruder Logan, würdest du diesen armen Kranken zur Seite führen und mit ihm beten? Falls Gott deinen Anstrengungen Seinen Segen erteilt und das Fieber von ihm nimmt, wird er vielleicht doch noch zur Reue finden.« Matthew Logans wuchtige Hände schlossen sich wie eiserne Reifen um Covenants Oberarme. Die Finger gruben sich in sein Fleisch, als sollten ihm die Knochen zermalmt werden. Logan drängte ihn vorwärts, trug ihn beinahe die Treppe hinab und vor den Reihen der Sitzbänke beiseite. »Meine Freunde«, rief hinter ihm Dr. Johnson, »wollen Sie mit mir für diese arme, gequälte Seele beten? Möchten Sie mit mir für ihr Heil singen und beten?«
    »Noch nehmen wir die Geschichte nicht übel«, sagte Matthew Logan neben Covenants Ohr mit gedämpfter Stimme. »Aber wenn du dir noch mehr Störungen leistest, breche ich dir beide Arme.«
    »Rühren Sie mich nicht an!« schnob Covenant. Die Behandlung, womit der Hüne ihn abfertigte, zapfte in ihm einen Quell des Zorns an, der lange versiegt gewesen war; er versuchte, sich Logans Umklammerung zu erwehren. »Nehmen Sie Ihre Hände weg!«
    Da erreichten sie die Begrenzung des Zelts und duckten sich unterm Segeltuch hinaus in die Nacht. Mit mühelosem Schwung schleuderte Bruder Logan Covenant von sich; Covenant taumelte und fiel in den trostlosen Schmutz der Veranstaltungswiese. Als er aufblickte, sah er den hochgewachsenen Mann, die Fäuste in die Hüften gestemmt, wie einen dunklen Koloß zwischen sich und dem Licht im Innern des Zelts aufragen.
    Unter Schmerzen raffte sich Covenant hoch und das bißchen, was er noch an Würde besaß, gewissermaßen um seine Schultern, dann machte er sich auf und davon. Während er in die Finsternis schlurfte, hörte er die Leute Menschen, die zu Jesus fanden singen. »Herr«, kreischte einen Moment später eine bemitleidenswert kindische Stimme, »ich bin gelähmt! Bitte mach mich gesund!« Covenant sackte auf die Knie und würgte, ohne irgend etwas zu erbrechen. Einige Zeit verstrich, bis er sich wieder aufrappeln und dem grausigen Gesang entfliehen konnte.
    Er wanderte längs der Hauptstraße heimwärts, trotzte den Ortsansässigen, indem er ihnen diese Möglichkeit einräumte, ihm weiteren Schmerz zuzufügen. Doch inzwischen waren alle Geschäfte geschlossen und die Straßen verlassen. Er marschierte wie ein Flecken Dunkelheit unterm hellgelben Schein der Straßenlaternen dahin, unter den hohen Riesenhäuptern, die die Säulen des Gerichtsgebäudes krönten und Menschen zu Zwergen machten, und gelangte unbehelligt ans jenseitige Ende der Ortschaft, in die Richtung zur Haven Farm.
    Die drei Kilometer bis zu seinem Gehöft gingen herum wie alle seine Ausflüge – durchmessen in Bruchstücken, die der Rhythmus seiner Schritte bestimmte, ein robothafter Schleifrhythmus, dem Ticken eines überdrehten Uhrwerks ähnlich. Die Haupttriebfeder seiner Bewegungen war zu stark gespannt; sie arbeitete zu schnell, hastete dem Zerspringen entgegen. Aber in den Kräften, die ihn bewegten, war eine Veränderung eingetreten. Er hatte sich auf den Haß besonnen.
    Wirr schmiedete er wüste Rachepläne, wälzte sie immer wieder durch seine Hirnwindungen, bis er zu guter Letzt die lange Zufahrt

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