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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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umfaßt werden konnten. Dann ließen sie sie hinsinken.
    Mit einem Schillern, als bezeugten die Bäume Trauer, sangen sie sich selbst davon.

14
     

Nur jene, die hassen
     
     
    Covenant erwachte zum erstenmal eine Nacht und einen Tag später. Aber er blieb im Stupor des notwendigen Genesungsschlafs und raffte sich nur wegen seines fürchterlichen Durstes kurz aus der Horizontalen hoch. Als er sich auf dem Lager aus Laub aufsetzte, entdeckte er in Kopfhöhe in einer Nische einen Krug mit Wasser. Er nahm einen langen Zug, dann sah er außerdem eine Schale mit Obst und Brot in der Nische. Er aß etwas, trank nochmals, schlief danach wieder ein, sobald er sich erneut auf den warmen, trockenen Blättern ausgestreckt hatte.
    Beim nächstenmal dämmerte er inmitten des alten, schwachen Dufts seines Lagers aus dem Schlummer empor. Als er die Augen öffnete, konnte er infolge eines trüben Schimmers von Tageslicht an die von Wurzelgeflecht durchsetzte Decke einer Höhle blicken. Er drehte den Kopf, ließ seinen Blick an den erdenen Wänden entlangschweifen, bis er den von Moos verhangenen Höhleneingang bemerkte, der dies bißchen Licht einließ. Er wußte nicht, wo er war, wie er an diesen Ort geraten sein oder wie lange er geschlafen haben mochte. Aber seine Unkenntnis scherte ihn nicht. Er hatte den Zustand ständiger Furcht überwunden. Dank der Kraft unbekannter Dinge, die hinterm Schleier seiner Abgeschiedenheit verborgen lagen, war er ganz sicher, daß er keinen Grund zur Furcht besaß.
    Dies Gefühl war in ihm die einzige Emotion. Er war ruhig, gelassen, irgendwie hohl – leer und deswegen aller inneren Unruhe enthoben –, als hätte dieselbe Läuterung oder Apotheose, die ihn vom Schrecken erlöste, auch alle anderen Leidenschaften in ihm ausgelöscht. Einige Zeitlang konnte er sich nicht einmal daran erinnern, was für Leidenschaften das eigentlich gewesen waren; zwischen ihm und seiner Vergangenheit gab es nichts als Schlaf und einen ausgeglühten Abgrund ungewöhnlicher Furcht.
    Da bemerkte er erstmals den noch schwachen Geruch nach Tod in der Luft. Aber er bedrängte ihn nicht, und er reagierte nicht sofort darauf. Während er ihn zur Kenntnis nahm, sich überzeugte, reckte er seine vom Schlaf steifen Muskeln, erkundete die Spannkraft ihrer Wiederbelebung. Was ihn auch an diesen Ort gebracht hatte, es mußte schon so lange her sein, daß selbst sein Körper es allem Anschein nach schon vergessen hatte. Dennoch bereitete der Sachverhalt seiner Erholung ihm wenig Befriedigung. Er akzeptierte ihn mit vollkommener, aber inhaltsloser Selbstsicherheit, die auf Ursachen beruhte, die ihm uneinsichtig blieben.
    Als er sich bereit fühlte, schwang er die Beine seitwärts vom Lager und setzte sich auf. Sofort sah er die alte, bräunliche Frau verkrümmt am Boden liegen. Sie war tot, auf den Lippen einen erstarrten Aufschrei, im blicklosen Lehm ihrer Augen einen Ausdruck von Geborstenheit. Er kannte sie nicht – er betrachtete sie in dem Bemühen, sich an sie zu erinnern, ohne daß ihm bloß eingefallen wäre, er hätte sie schon einmal gesehen –, aber irgendwie vermittelte sie ihm den vagen Eindruck, daß auch sie für ihn gestorben sei.
    Jetzt reicht's! sagte er sich trübsinnig. Andere Erinnerungen begannen an die Oberfläche seines Bewußtseins zu treiben wie lebloser Abfall und Strandgut seines Lebens. So was darf nie mehr vorkommen.
    Einen Moment lang begutachtete er das unvertraute weiße Gewand, dann zog er den Stoff zur Seite, um sich seinen Fußknöchel anzuschauen.
    Er war gebrochen , dachte er in inhaltsleerer Überraschung. Er konnte sich daran erinnern, daß er ihn sich gebrochen hatte; er erinnerte sich daran, mit Pietten gerungen zu haben, gefallen zu sein – ihm fiel ein, daß er Piettens Speer als Krücke benutzt hatte, bis der Bruch in der Kälte fror. Doch jetzt zeigten sich keinerlei Spuren eines Bruchs. Er erprobte den Fuß am Boden, erwartete halb, die Unversehrtheit werde sich als Illusion erweisen. Er stand auf, hüpfte vom einen auf das andere Bein, setzte sich wieder hin. Während er dumpf »Hölle und Verdammnis, Hölle und Verdammnis!« murmelte, unterzog er sich seiner ersten VBG seit vielen Tagen.
    Wie er dabei feststellte, befand er sich in weit besserer Verfassung, als er es für möglich gehalten hatte. Die Schäden, die er seinen Füßen zugefügt hatte, waren so gut wie völlig behoben. Seine hageren Hände ließen sich mühelos ballen, obwohl sie dürrer als je zuvor waren und

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