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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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sich dazu, ihr Zögern Stück um Stück zu überwinden, sich wieder mit ihrer Arbeit zu befassen.
    Schließlich ließ sie das Feuer zum zweitenmal hoch emporlodern und legte ihr besonderes Pulver bereit. Während das harte Holz zu brennen begann, stellte sie sowohl Wasser als auch Essen in die Wandnische über Covenants Kopf, so daß er nicht lange danach zu suchen brauchte, falls er früher als sie das Bewußtsein zurückerlangte. Sie befand sich in fatalistischer Stimmung und bezweifelte, daß sie überleben würde. »Erbarmen«, murmelte sie, als das Feuer hochlohte. »Erbarmen!« Sie sprach das Wort aus, als ersuche sie sich selbst um seine Gunst. Bald erfüllten die Flammen ihre Höhle mit Helligkeit und Wärme, röteten die verwitterte Haut ihrer Wangen. Die Zeit war gekommen; sie spürte, wie die Kraft sie durchdrang wie ein Liebhaber, sonderbar gebrechlich und doch herrisch, begierig auf die Chance, sich nochmals zu nähern und sie zu nehmen – begierig und doch seltsam unzulänglich, als mangle es nun an Voraussetzungen, um dem zu genügen, was in der Erinnerung noch von alten Gelüsten existierte. Für einen Moment ließ ihr Blut sie im Stich; Schwäche suchte all ihre Muskeln heim, so daß der Lederbeutel ihren Fingern entfiel. Aber sie bückte sich, um ihn aufzuheben, schob ihre zittrige Hand hinein und warf das Pulver ins Feuer, als sei diese Geste ihr bester annäherungsweiser Ausdruck von Mut.
    Als der kräftige Duft des Pulvers seine Arme ausbreitete, alle Luft im Innern der Höhle umarmte, begann zugleich die langsame Umformung des Feuerscheins, und sie trat neben Covenants Kopf, unterdrückte das Beben ihrer Knie. Sie betrachtete seine Stirn mit ihrem bräunlichen Blick, während Wärme und Helligkeit des Feuers in Konsonanz mit ihrer Konzentration übergingen, und wiederum überschritt sie die Grenzen der eigenen Willenskraft und verwandelte sich ins bloße Gefäß, ins Werkzeug ihrer Macht. Ringsum verdüsterte sich die Höhle, als das satte, lehmige Licht sein Band zwischen ihren Augäpfeln und deren verschwommenen Pupillen einerseits und seinem kranken, irrsinnigen Geist andererseits wob. Und Covenant krampfte sich zusammen, Anspannung packte ihn – seine Augen stierten unheimlich, Stränge traten an seinem Hals heraus, an seinen Fingern die Knöchel weiß hervor –, als ob schon die Tatsache ihrer Heilkraft seiner Seele Furcht einjage.
    Sie schlotterte, als sie die Hände ausstreckte, ihre Handteller flach auf den geballten Donner seiner Stirn legte.
    Im nächsten Moment zuckte sie zurück, als habe sie sich an ihm verbrannt. »Nein!« schrie sie voller Grauen. Entsetzen durchflutete sie, brachte sie ins Schwimmen. »Du verlangst zuviel!« Tief in ihrem Innern rang sie um die Rückgewinnung ihrer Willenskraft, versuchte die Macht zu verdrängen, sich ihr zu verweigern, zu sich selbst zurückzukehren, um nicht untergehen zu müssen. »Das kann ich nicht heilen!« Aber der Wahnsinn des Mannes griff auf sie über, als besäße er Fäuste und habe sie bereits an den Handgelenken gepackt. Unter Geheul der Hilflosigkeit befaßte sie sich erneut mit ihm, senkte ihre Handflächen wieder auf seine Stirn.
    Der ganze Schrecken schoß in ihr empor, überschwemmte sie, bis er mit einem Kreischen über ihre Lippen schwappte. Aber sie konnte nicht aufhören. Sein Wahnsinn durchbrodelte sie, während sie darin versank, sich verzweifelt dagegen wehrte, das zu erblicken, was an seinen Wurzeln lag. Und als er sie schließlich zwang, sie dazu nötigte, ihn anzusehen, das hämische Übel an seiner Quelle, da wußte sie, sie war erledigt. Sie riß ihre versengten Hände von Covenants Stirn und begann in rasender Hast, wie besessen, in ihren Besitztümern zu kramen. Sie kreischte noch immer, als sie auf ein langes, steinernes Küchenmesser stieß, es überstürzt ergriff, die Spitze über Covenants verwundbares Herz erhob.
    Er lag unter dem Messer wie ein von Leprose verunstaltetes Opfer.
    Aber ehe sie das Leben in ihm abstechen, seine unreine Qual vom Tod läutern lassen konnte, umschwirrte sie ein Schwarm von blaugrünen, mit weißlichem Schmelz überzogenen Lichtern, die durch die Luft gaukelten wie Musik. Sie fielen auf sie wie Tau, blieben an ihr haften wie eine feuchte Melodie, ließen ihre Hand erstarren; sie umschlangen ihre Kraft und ihre Pein, hielten alle Dinge in ihr fest, bis ihr verkrampfter, stummer Aufschrei verebbte. Sie hielten sie umfaßt, bis sie unterm Druck der Dinge zerbrach, die nicht

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