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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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nie getraut hatte, aber in dieser Zeit der Krisis wog jeder Zweifel noch schwerer und ließ sich noch weniger ausräumen. Doch bevor er etwas entgegnen konnte, klopften die Knöchel einer Hand dringlich an seine Tür. »Hoch-Lord«, rief die gepreßte Stimme eines Wächters. »Hoch-Lord, komm rasch!« Unverzüglich stand Mhoram auf und eilte zur Tür. Unterwegs streifte er seine ganze bisherige Versonnenheit ab und widmete seine Sinneswahrnehmung geballt der Gegenwart Schwelgensteins, forschte nach der Ursache von des Wächters Beunruhigung.
    Quaan erreichte die Tür einen Schritt vor ihm und stieß sie auf. Mhoram betrat hastig den hellen, runden Innenhof. Die gesamte hohe Höhle des Innenhofs war durch den blaßgelben Lichtschein, der aus dem steinernen Boden drang, klar ausgeleuchtet, aber Mhoram brauchte nicht erst zu den Erkern aufzublicken, die aus den Höhlenwänden ragten, um zu sehen, warum ihn der Wächter gerufen hatte. Inmitten des unverlöschlichen Lichts aus dem Fußboden stand Lord Amatin, den Rücken den eigenen Gemächern zugekehrt, als sei Amatin zu ihm auf dem Wege gewesen, als das Schreckliche geschah. In den Händen hielt sie den Lomillialor -Stab zur Fernverständigung, welchen die Schule der Lehre vor sieben Jahren Schwelgenstein zur Verfügung gestellt hatte. Vorm hellen Untergrund wirkte sie wie ein dunkler Schatten, und in ihren Händen brannte das Hehre Holz ohne Flammen, als habe sich an einem Ofen ein Spalt aufgetan. Kleine Schwärme kalter Funken prasselten aus dem Holz. Sofort begriff Mhoram, daß sie eine Botschaft von jemandem empfing, der den anderen Fernverständigungsstab in Schwelgenholz benutzte, wer das auch sein mochte. Er entnahm dem Dreibein neben seiner Tür seinen langen, mit Eisen beschuhten Stab und strebte zu Amatin hinüber. Aus eigener Erfahrung wußte er, daß das Übermitteln oder Entgegennehmen von Lomillialor -Botschaften eine Aufgabe war, die ungemein anstrengte. Amatin mußte seinen Beistand brauchen. Sie war körperlich nicht allzu stark und sich dessen bewußt; als die Lords die Nachricht vom Vorrücken von des Verächters Heer erhielten, hatte sie die Verantwortung für Schwelgenholz an Callindrill abgetreten – sie war ihr zuvor aufgrund ihrer tiefen Liebe zur Lehre übertragen worden –, weil sie glaubte, es fehle ihr am bloßen leiblichen Durchhaltevermögen, um für längere Zeit entsprechende Belastungen ertragen zu können. In ihrer schmalen, kindlichen Gestalt und ihren ernsten Augen staken jedoch eine Aufnahmefähigkeit von Wissen, eine hingebungsvolle Bereitschaft zum Lernen, denen kein anderer Lord gleichkam. Oft hatte der Hoch-Lord gedacht, daß sie bessere Voraussetzungen besaß, sein Geheimnis zu entdecken, als jeder andere Einwohner des Landes, und dennoch war die Wahrscheinlichkeit, daß sie es tat, viel geringer.
    Nunmehr, wie sie sich gegen den lichten Fußboden des Innenhofs abzeichnete, wirkte ihre Gestalt auf Mhoram mager und gebrechlich – wie ein Abklatsch, ein Schatten, geworfen von der Macht in ihren Händen. Sie bebte am ganzen Leibe, und sie hielt den Lomillialor -Stab auf Armeslänge, als wolle sie möglichst weiten Abstand von ihm bewahren, ohne ihn jedoch loszulassen. Noch ehe Mhoram sie erreichte, begann sie zu sprechen.
    »Asuraka«, keuchte sie. »Asuraka spricht.« Ihre Stimme schwankte wie ein Zweig in starkem Wind. »Satansfaust! Feuer. Feuer! Der Baum! Ach!« Während sie die Wörter hervorröchelte, starrte sie in äußerstem Grauen Mhoram an, als könne sie durch seine Gestalt Flammen an den Stämmen Schwelgenholz' lecken sehen.
    Mhoram blieb in Reichweite des Hehren Holzes stehen und stemmte seinen Stab auf den Fußboden wie ein Feldzeichen. »Halte aus, Amatin!« sagte er mit scharfer, heller Stimme, um ihre Gebanntheit zu durchdringen. »Ich vernehme dich.«
    Sie zog den Kopf ein, als wolle sie dem ausweichen, was sie sah, und Wörter sprudelten ihr abgehackt von den Lippen, als habe jemand einen schweren Felsbrocken in die stillen Wasser ihrer Seele geschleudert. »Feuer! Die Rinde brennt. Das Holz brennt. Der Stein! Flammen verzehren Blätter, Wurzeln, Fasern. Callindrill kämpft. Kämpft! Schreie ... die Krieger schreien. Die Südhalle brennt! Ach, du mein Heim!«
    Erbittert klammerte Mhoram eine Faust um die Mitte des Lomillialor -Stabes. Die Kraftfülle, mit der die Botschaft eintraf, versetzte ihm vom Haupt bis zu den Füßen einen Ruck, aber er packte das glatte Holz mit aller Gewalt und zwang ihm seinen

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