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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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mürrisch ein ›Markkneterei‹-Bildwerk anstarrte. In seinem eigenen Mund konnte er die Verzweiflung kosten, die Hoch-Lord Kevin ins Kiril Threndor und zum Ritual der Schändung getrieben hatte. Macht war gefährlich und voller Tücken. War sie zu gering, um die Absichten ihres Verwenders zu bewerkstelligen, so kehrte sie sich gegen jenen, dessen Hände sie hielten. Hoch-Lord Elenas Schicksal hatte nur die Lehre bekräftigt, die ihnen schon Kevin Landschmeißers Scheitern vorgegeben hatte. Ihm war viel mehr Macht zugeeignet gewesen, als die neuen Lords sich jemals erhoffen durften, nachdem nun der Stab des Gesetzes dahin war; aber all seine Macht hatte nichts anderes bewirkt als seine unentrinnbare Verzweiflung und die Verwüstung des Landes. Mhoram befürchtete, andere ebenfalls dieser Bedrohung auszusetzen, wenn er sein Geheimnis verriet. Die Vorstellung, daß er selbst in dieser Gefahr schwebte, entsetzte ihn schon zur Genüge.
    Doch das Verschweigen von Wissen widersprach jedem einzelnen Wesenszug seiner Persönlichkeit. Er hegte den festen Glauben, daß das Vorenthalten von Wissen sowohl den, der es verweigerte, wie ebenso jenen, dem er es verschwieg, tief erniedrigte. Indem er sein Geheimnis für sich behielt, machte er es Callindrill, Amatin, Trevor und Loerja sowie sämtlichen Lehrwarten und Schülern des Stabwissens unmöglich, in sich selbst die Kraft zu finden, sich der Schändung zu verschließen; er erhob sich fälschlich in den Rang eines Richters, der sie gewogen hatte und als zu leicht befunden. Aus eben diesem Grund – diesem seinem Glauben – hatte er sich vor zehn Jahren nachdrücklich gegen die Entscheidung des Großrats gewandt, Hile Troy die elterliche Herkunft Elenas zu verschweigen. Dieser Beschluß hatte Troys Gewalt über das eigene Schicksal eingeschränkt. Doch wie sollte er, Mhoram, die Verantwortung tragen können, die es bedeuten müßte, sein Geheimnis mit anderen zu teilen, wenn diese Offenheit zur Verheerung des Landes führen mochte? Das Furchtbare sollte lieber durch den Verächter geschehen als durch einen Lord.
    »Herein«, rief er sofort, als er plötzlich von seiner Tür ein Pochen hörte. Er erwartete eine Nachricht, und vom Klang des Anklopfens wußte er, um wen es sich bei dem Ankömmling handelte. Er blickte nicht von seiner andächtigen Betrachtung der Skulptur auf, als Streitmark Quaan das Gemach betrat und am Tisch verharrte. Doch blieb Quaan stumm, und Mhoram spürte, daß der alte Streitmark darauf wartete, angeblickt zu werden. Mit insgeheimem Seufzen hob Hoch-Lord Mhoram das Haupt. Er las von Quaans durch Alter und Sonne verwittertem Angesicht ab, daß die Nachricht nicht so ausgefallen war, wie sie gehofft hatten.
    Mhoram bot Quaan keinen Platz an; er sah dem Streitmark an, daß er es vorzog zu stehen. Sie hatten in der Vergangenheit oft genug beisammengesessen. Nach all den Erfahrungen, die sie gemeinsam hatten, waren sie alte Gefährten – wenngleich Quaan, der zwanzig Jahre jünger war als Mhoram, zwanzig Jahre älter wirkte. Und der Hoch-Lord empfand Quaans freimütige, kriegerhafte Offenheit immer wieder als Aufmunterung. Quaan war ein Gefolgsmann des Schwertwissens und kannte daher keinerlei Verlangen nach irgendwelchen Geheimnissen des Stabwissens. Seinen siebzig Jahren zum Trotz trug Quaan die Abzeichen seines Amtes voller Stolz: die gelbe Brustplatte mit der zweifachen, geschrägten Kennzeichnung in Schwarz, den gelben Stirnreif und das Schwert mit dem Griff aus Ebenholz. Seine knorrigen Hände baumelten ihm stets an den Seiten, als wolle er im nächsten Augenblick zu den Waffen greifen. Doch heute zeugten seine hellen Augen von Beunruhigung.
    »Nun, mein Freund?« wandte Mhoram sich an ihn, indem er den Blick des Streitmarks fest erwiderte.
    »Hoch-Lord«, sagte Quaan mit plötzlicher Überstürztheit, »die Mitglieder der Schule der Lehre sind eingetroffen.« Mhoram sah, daß der Streitmark noch mehr zu vermelden hatte. Seine Augen ersuchten Quaan stumm, er möge weitersprechen. »Die Bücherei und die Beurkundungen des Wissens sind schadlos angelangt. Alle Lehrwarte und Schüler haben den Weg von Trothgard bis hier sicher zurücklegen können«, kam Quaan der Aufforderung nach. »Alle dortigen Gäste und jene Menschen, die infolge des Marsches von Satansfausts Heer durch die Mittlandebenen heimatlos geworden sind, haben sie zu uns begleitet, um Schutz zu suchen. Schwelgenholz wird belagert.« Er verstummte wieder. »Welche Kunde«, fragte Mhoram

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