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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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dem See. Möglicherweise war hier das letzte genießbare Wasser, das sie finden konnten. Dann öffnete der Riese für Covenant den Topf mit dem Glutgestein. Als der Zweifler sich zum Trocknen zurechtsetzte, fragte er Schaumfolger, wie lange ihre Nahrungsmittelvorräte reichen würden.
    Der Riese schnitt eine Grimasse. »Zwei Tage. Drei oder vier, falls wir ein bis zwei Tagesmärsche weit innerhalb der Verwüsteten Ebenen Aliantha finden. Aber wir sind von Fouls Hort weit entfernt. Selbst wenn wir des Seelenpressers Scharen geradewegs entgegenziehen wollten, wir hätten, ehe er unsere Speisung überflüssig macht, drei oder vier Tage ohne Verpflegung durchzustehen.« Dann lächelte er. »Doch man pflegt zu behaupten, daß der Hunger ein großer Lehrmeister ist. Mein Freund, auf dieser Wanderung harrt unser ein wahrer Schatz an Weisheit.«
    Covenant schauderte zusammen. Er besaß mit Hunger seine Erfahrungen. Und nun lag vor ihm die Möglichkeit endgültigen Verhungerns; seine Stirn war wieder wund; und er würde eine lange, lange Strecke barfuß zurücklegen müssen. Eine um die andere vergegenwärtigte er sich die Bedingungen seiner Rückkehr in ein eigenes Leben. »Ich habe Mhoram mal äußern hören«, meinte er mißmutig, »Weisheit reiche bloß bis unter die Haut. Oder was Ähnliches. Das dürfte bedeuten, Lepraleidende sind die weisesten Menschen der Welt.«
    »Fürwahr?« fragte der Riese. »Bist du weise, Zweifler?«
    »Wer weiß? Wenn ja – dann wird Weisheit überschätzt.«
    Daraufhin grinste Schaumfolger breit. »Vielleicht wird sie das ... mag sein, sie wird's. Mein Freund, wir sind die zwei weisesten Herzen im Lande – wir zwei, die wir waffenlos und ohne irgendein Unterpfand an den Busen des Verächters selbst ziehen. Mag sein, Weisheit ist wie Hunger. Vielleicht ist's ein ungemein feinsinnig Ding – aber wer möchte freiwillig daran teilhaben?«
    Trotz des Ausbleibens von Wind war die Luft noch winterkalt. Am steinigen Ufer des Sees ballten sich Ansammlungen von Eis, wo die Gischt des Wasserfalls gefroren war, und Schaumfolgers Atem bildete in der naßkalten Luft feuchte Dunstwolken. Covenant brauchte Bewegung, um sich erwärmen zu können, seinen Mut zu bewahren. »Nicht gerade feinsinnig«, knurrte er, »aber nützlich. Komm!«
    Schaumfolger packte sein Glutgestein weg, schwang sich den Sack wieder über die breite Schulter und führte Covenant vom Landbruch fort und am Fluß entlang.
    Die Nacht gebot ihnen Einhalt, nachdem sie erst drei oder vier Kilometer zurückgelegt hatten. Aber zu diesem Zeitpunkt lagen die Vorhügel und die letzten Bereiche des einmal unverwüstet gewesenen Flachlandes, das sich einst, vor ganzen Erdzeitaltern, von den Südlichen Einöden bis in den Norden erstreckte, zur Sarangrave-Senke und dem Lebensverschlinger, dem Großen Sumpf, hinter ihnen. Sie befanden sich in den Gehölzen, die die Trümmerschwemme säumten.
    Graue, brüchige, abgestorbene Büsche und Bäume – Pappeln, Lärchen, einst schöne Tamarisken – erhoben sich aus dem trockenen Lehm beiderseits des Stroms, ragten aus Boden auf, der einmal zum Flußbett gehört hatte. Aber die Trümmerschwemme war vor Jahrzehnten oder womöglich schon Jahrhunderten geschrumpft, hatte an ihren beiden Flanken teils fruchtbaren Schlamm hinterlassen, eine Lehmerde, in der ein Sortiment besonders zäher Bäume und Hölzer sich eine karge Existenz errang, bis Lord Fouls widernatürlicher Winter ihm gänzlich den Garaus bereitet hatte. Während Dunkelheit sich in die Luft stahl, als ob sie aus dem Untergrund emporstiege, verwandelten sich die Bäume in gespenstische Gestalten bedrohlicher Warnung und Abschreckung, die das Gehölz nahezu undurchdringlich zu machen schienen. Covenant fand sich mit der Notwendigkeit ab, hier ein Nachtlager aufzuschlagen, obwohl der trockene Lehm einen aufdringlichen, miefigen Modergeruch nach Alter verströmte, und der Fluß im Dahinfließen ein Glitschgeräusch erzeugte wie aus einem matschigen Hinterhalt. Er wußte, daß er und Schaumfolger sicherer wären, marschierten sie bei Nacht, aber er war müde und bezweifelte, daß der Riese einen Weg durch die von Wolken umschlossene Finsternis finden könne.
    Später bemerkte er jedoch, daß der Fluß eine gewisse Helligkeit abgab, vergleichbar mit dem schwachen Glanz von Grünspan; die gesamte Wasseroberfläche glomm träge. Das Licht entstammte allerdings nicht dem Wasser selbst, sondern elektrischen Zitteraalen, die in der Strömung hin und her

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