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Die letzte Walstatt - Covenant 03

Die letzte Walstatt - Covenant 03

Titel: Die letzte Walstatt - Covenant 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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rennen, die dafür groß genug waren, und gelegentlich, benommen vor Furcht, über Risse springen, die seine Richtung kreuzten. Als er endlich am Fuß des zerklüfteten, erhöhten Felsens anlangte, von dem die beiden Türme emporragten, fiel er in die Deckung eines Felsbrockens und blieb erst einmal außer Atem liegen, schlotterte in der feuchten Kälte, fürchtete den Lärm von Wachen.
    Aber er hörte keinen Alarm, keinen Laut, keinerlei Geräusche, die anzeigten, daß man es auf ihn abgesehen hatte – nichts außer den eigenen heiseren Atemzügen, dem fiebrigen Pochen seines Blutes, dem Dröhnen der Brandung. Entweder war er unbemerkt geblieben, oder die Wachen bereiteten gerade einen Hinterhalt vor. Er bot alle restliche Kraft auf und begann durchs Gestein aufwärts zu klettern.
    Beim Klettern schwanden seine Kräfte immer spürbarer. Schwäche umnebelte sein Gehirn wie ein Schwindelgefühl, nahm seinen tauben Händen die Fähigkeit zum Zupacken, seinen Beinen das Stehvermögen. Doch er schleppte sich dahin. Immer wieder verharrte er, während sein Herz fast aussetzte, weil er irgendein Poltern von Steinen oder Rascheln von Kleidung gehört hatte – oder gehört zu haben glaubte –, das allem Anschein nach bezeugte, daß man ihn umlauerte. Trotz allem zwang er sich dazu, den Weg fortzusetzen. Benommen, schwach, allein, zittrig, verwundbar – er befand sich in einem Ringen, das er begriff. Viel zu weit war er schon gegangen, um noch einen Gedanken ans Aufgeben zu verschwenden.
    Er war mittlerweile so hoch nach droben vorgedrungen, daß er sich nur noch selten etwaigen Blicken von der Höhe der Türme völlig entziehen konnte. Aber der Blickwinkel mußte für jeden Wächter an den Fenstern ziemlich ungünstig sein. Infolgedessen machte er sich, während er die letzten Strecken der Steigung hinaufkletterte und keuchte, weniger Sorgen um die Deckung. Er brauchte seine gesamte Aufmerksamkeit, seine ganzen restlichen Kräfte, bloß um Hände und Füße zu bewegen, seinen Körper vorwärtszuschleppen, aufwärts.
    Zu guter Letzt näherte er sich der Felskuppe. Indem er durch eine Lücke zwischen zwei Felsklötzen spähte, verschaffte er sich den ersten genaueren Überblick auf den Zugang von Fouls Hort.
    Der Eingang war glatt und symmetrisch, makellos, tadellose Arbeit. Die runde Öffnung verlief durch ein wuchtiges Bollwerk aus behauenem Stein, eine glattgeschliffene, wie geschmirgelte Befestigung, die den Zugang überwölbte, als führe er in eine geweihte Gruft. Der Glanz des Steins spiegelte den bewölkten Himmel haargenau wider, reflektierte das unaufgelockerte Grau der eigenen Brustwehr.
    Vor dem Eingang stand eine Gestalt von der Größe eines Riesen. Sie besaß drei Köpfe und drei Augenpaare, so daß sie in sämtliche Richtungen ausblicken konnte, sowie drei stämmige Beine, deren Dreibein Standfestigkeit verlieh. Die drei Arme waren in ständiger Bereitschaft erhoben. Jeder hielt ein schimmerndes Schwert und war mit dicken Lederbändern geschützt. Der Oberkörper war mit einem langen, ledernen Wams bewehrt. Zuerst sah Covenant keine Anzeichen dafür, daß die Gestalt überhaupt lebte; doch da zwinkerte sie, lenkte seine Aufmerksamkeit auf ihre eitergelben Augen. Deren Blicke schweiften unablässig über die Hügelkuppen, suchten nach Eindringlingen und Widersachern. Als sie die Lücke streiften, durch die Covenant beobachtete, zuckte er zurück, als sei er gesehen worden.
    Doch falls die Gestalt ihn erspäht hatte, ließ sie sich nichts anmerken. Nach einem Moment des Abwartens entkrampfte sich Covenant. Der Wächter beaufsichtigte hier offenbar nichts anderes auf der ganzen Landzunge als nur den unmittelbaren Umkreis des Eingangs zu den unterirdischen Höhlen; der gesamte Weg, den Covenant von der Glutasche bis an diese Stelle zurückgelegt hatte, befand sich außerhalb des Gesichtsfelds der Gestalt. Daher war er sicher, wo er sich im Augenblick verbarg. Aber wenn er Fouls Hort betreten wollte, mußte er an dem Wächter vorbei.
    Allerdings besaß er keine Vorstellung davon, wie er das schaffen sollte. Er konnte nicht mit der Kreatur kämpfen. Ihm fiel keine Möglichkeit ein, um sie zu übertölpeln. Und je länger er auf irgendeine Eingebung wartete, um so mehr wuchsen seine Furcht und Schwäche.
    Statt zu bleiben, wo er sich befand – und bis er womöglich vor Grausen völlig gelähmt war –, robbte er auf dem Bauch durch die Felsbrocken zur Befestigung, bis unmittelbar an eine Seite des Eingangs.

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