Die letzte Zeugin
unsere drei aktuellen Arschlöcher.«
Entspannt streckte Brooks die Beine aus und streichelte Bert mit der Fußspitze. »Es ist nicht immer alles schwarz und weiß, richtig oder falsch. Wenn du nicht alle Umstände und Nuancen berücksichtigst, hast du noch keine Gerechtigkeit erreicht.«
»Du glaubst wirklich, dass es Gründe gibt, um das Gesetz zu brechen?« Die Muskeln in ihrem Bauch zogen sich zusammen.
»Natürlich. Selbstverteidigung, Verteidigung anderer. Nimm so etwas Einfaches wie Geschwindigkeitsübertretung. Deine Frau liegt in den Wehen? Dann bekommst du von mir bestimmt keinen Strafzettel, weil du auf dem Weg ins Krankenhaus zu schnell gefahren bist.«
»Du würdest dann immer die Umstände berücksichtigen?«
»Ja, sicher. Als ich noch Streife gefahren bin, sind wir einmal zu einer Prügelei gerufen worden. Ein Typ ist in eine Bar gegangen und hat seinen Onkel zusammengeschlagen. Nennen wir ihn mal Onkel Harry. Nun, wir mussten den Mann festnehmen, aber es stellte sich heraus, dass Onkel Harry sich an seiner zwölfjährigen Tochter vergangen hatte. Ja, natürlich hätte er die Polizei und das Jugendamt einschalten sollen, aber war es wirklich falsch von ihm, Onkel Harry zusammenzuschlagen? Ich glaube nicht. Du musst dir das gesamte Bild ansehen und die Umstände abwägen. Und das muss das Gericht auch.«
»Kommt auf den Standpunkt an«, murmelte sie.
»Ja. Kommt auf den Standpunkt an.« Er fuhr mit dem Finger über ihren Arm. »Hast du das Gesetz gebrochen, Abigail?«
Er öffnete ihr eine Tür, durch die sie hindurchgehen konnte, das wusste sie. Aber was, wenn sie hinter ihr zuschlug? »Ich habe zwar nie einen Strafzettel wegen Geschwindigkeitsübertretung bekommen, aber ich bin doch schneller gefahren als erlaubt. Ich schaue mal nach der Lasagne.«
Als er ihr kurz darauf in die Küche folgte, stand sie an der Theke und schnitt Tomaten.
»Ich habe vorhin Tomaten und Basilikum im Gewächshaus geerntet.«
»Du warst wirklich fleißig.«
»Ich arbeite gerne. Ich bin mit einem Auftrag früher als vorgesehen fertig geworden, deshalb habe ich mich mit Gartenarbeit belohnt. Und ich hatte Besuch.«
»Wen?«
»Deine Mutter und deine Schwestern.«
Er wollte ihr Wein nachschenken, hielt aber mitten in der Bewegung inne. »Sag das noch einmal.«
»Sie waren zusammen unterwegs. Zuerst haben sie schick miteinander Mittag gegessen, wie deine Mutter sagte, und dann wollten sie shoppen gehen und Frozen Margaritas trinken. Sie haben mich gefragt, ob ich mitkommen wollte.«
»Oh, oh.«
»Mya erklärte mir, sie seien hauptsächlich vorbeigekommen, um mich mal zu sehen. Mir gefiel ihre Aufrichtigkeit, obwohl sie mich auch ein bisschen nervös gemacht hat.«
Brooks gab einen Laut von sich, der entfernt an ein Lachen erinnerte. »Ja, so ist sie.«
»Sie hatten Plato dabei, und Bert hat mit ihm gespielt.«
»Ja, klar.«
»Sie lachen viel.«
»Wer? Bert und Plato?«
»Nein.« Das brachte sie zum Lachen. »Deine Mutter und deine Schwestern. Sie scheinen sehr glücklich zu sein. Und sie scheinen auch Freundinnen zu sein.«
»Ja, das stimmt. So sind wir alle …«
»Deine andere Schwester, Sybill, hat eine sanfte, liebe Art. Du hast anscheinend die Eigenschaften von beiden Schwestern. Und ihr seht euch auch sehr ähnlich, vor allem bei dir und Mya ist die Ähnlichkeit frappant.«
»Hat Mya dir peinliche Geschichten über mich erzählt?«
»Nein, obwohl ich gern welche gehört hätte. Sie war wohl eher neugierig auf mich. Sie sagte, bei Frauen, bei Beziehungen …« Abigail schwieg einen Moment, weil sie Scheiben von Büffelmozzarella auf die Tomatenscheiben legte. »In der Vergangenheit wäre dir bei Frauen das Aussehen immer wichtiger gewesen, als dass sie etwas im Kopf hatten.«
Brooks schaute sie an. »Ich wette, du hast sie jetzt Wort für Wort zitiert.«
»Ja, wenn man es umschreibt, dann kann eine Aussage eine andere Bedeutung bekommen.«
»Da kann ich dir nicht widersprechen.«
»Stimmt es denn?«
Er überlegte und zuckte mit den Schultern. »Wenn ich so darüber nachdenke, ja, sie hat wahrscheinlich recht.«
»Ich finde es schmeichelhaft.«
»Mich überrascht, dass sie hier zu dritt eingefallen sind und dein Nein wahrhaftig akzeptiert haben.«
»Sie haben ja gesehen, wie sehr ich mit dem Garten beschäftigt war.« Sie ergriff ihr Weinglas und trank einen Schluck. »Deine Mutter hat mich aber für Sonntag zum Grillen eingeladen.«
Lachend hob er sein Glas. »Siehst du? Sie haben dein
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