Die letzte Zeugin
Hinsicht unmöglich. Vielleicht würde sie Brooks’ Mutter eine höfliche Absage schicken.
Sie zog ihre Gartenhandschuhe wieder über. Sie hatte die Gartenarbeit als Vorwand genommen, deshalb musste sie jetzt das Beet auch fertig machen.
Sie war noch nie gefragt worden, ob sie mit zum Bummeln gehen und anschließend Margaritas trinken wolle, und sie überlegte, wie das wohl sein mochte. Ihr war bekannt, dass die Leute auch Einkaufsbummel machten, ohne wirklich etwas zu brauchen. Sie verstand zwar nicht, worin der Reiz lag, aber sie wusste, dass andere es taten.
Sie dachte an jenen Tag vor langer Zeit, als sie mit Julie in der Mall gewesen war. Wie viel Spaß es gemacht hatte, wie belebend und befreiend es gewesen war, mit einer Freundin Kleider und Schuhe anzuprobieren.
Natürlich waren sie gar keine Freundinnen gewesen. Nicht wirklich jedenfalls. Das gesamte Intermezzo hatte sich zufällig aus den Umständen und gegenseitigen Bedürfnissen ergeben.
Und es hatte zu einer Katastrophe und einer Tragödie geführt.
Vom Verstand her wusste sie, dass die harmlose Rebellion, Kleider und Schuhe zu kaufen, die Tragödie nicht verursacht hatte. Auch ihre Dummheit, die Ausweise zu fälschen und damit in den Club zu gehen, hatte die Ereignisse nicht zur Folge gehabt. Dafür waren allein die Volkovs und Yakov Korotkii verantwortlich.
Und doch spürte sie immer noch, nach all der Zeit, die schwere Last ihrer Schuld. Der Streit mit ihrer Mutter hatte die Kettenreaktion ausgelöst, die mit der Explosion des sicheren Unterschlupfs geendet hatte. Sie mochte zwar nicht voll verantwortlich sein, aber sie war zumindest ein Glied in dieser Kette gewesen.
Aber jetzt fragte sie sich, während sie die Pflanzen setzte, wie es wohl sein mochte, mit lachenden Frauen durch die Gegend zu fahren, unnötige Dinge einzukaufen, Margaritas zu trinken und Klatsch auszutauschen.
Und ihre Gedanken nahmen der Freude über die Geräusche und Düfte ihrer Einsamkeit einiges von ihrem Glanz.
Sie setzte alle Pflanzen und arbeitete den ganzen Nachmittag lang bis zum Einbruch der Dämmerung, um das Beet fertigzustellen. Schmutzig, verschwitzt und zufrieden setzte sie gerade die Bewässerungsanlage in Gang, als ihr Alarm sich erneut meldete.
Dieses Mal sah sie Brooks auf das Haus zufahren.
Sie hatte ganz vergessen, wie spät es war, merkte sie. Eigentlich hatte sie vor seiner Ankunft ins Haus gehen und die Lasagne in den Ofen schieben wollen. Und sie hatte natürlich auch gehofft, vorher noch Zeit zum Duschen zu finden.
»Na, sieh sich das mal einer an.« Er stieg aus, einen Strauß violetter Iris in der Hand. »Da kommen mir meine Blumen ja ganz schäbig vor.«
»Nein, sie sind wunderschön. Es ist schon das zweite Mal, dass du mir Blumen mitbringst. Du bist der einzige Mensch, der das jemals gemacht hat.«
Er notierte sich im Stillen, häufiger daran zu denken. Er reichte sie ihr und zog einen Kauknochen für Bert aus der Tasche. »Dich habe ich auch nicht vergessen, Großer. Du musst ja den halben Tag an diesem Beet gearbeitet haben.«
»Nicht ganz so lang, aber es hat seine Zeit gedauert. Ich möchte Schmetterlinge anlocken.«
»Und du wirst sie auch bekommen. Es ist echt hübsch, Abigail. Genau wie du.«
»Ich bin schmutzig«, sagte sie und wich zurück, als er sie küssen wollte.
»Das ist mir egal. Ich hätte dir gerne beim Pflanzen geholfen. Ich bin gut darin.«
»Ich habe angefangen, und auf einmal war ich fertig.«
»Soll ich uns einen Wein aufmachen? Dann können wir hier sitzen und dein Werk bewundern.«
»Ich muss erst duschen und die Lasagne in den Ofen schieben.«
»Ja, geh duschen. Ich kümmere mich um das Essen und den Wein. So wie es aussieht, hast du heute härter gearbeitet als ich. Gib sie mir.« Er nahm ihr die Blumen aus der Hand. »Ich stelle sie für dich ins Wasser. Was ist?«, fragte er, als sie ihn nur anstarrte.
»Nichts. Ich … ich … es dauert nicht lang.«
Sie wusste nicht, was sie tun sollte, wenn man ihr das kleinste bisschen Hilfe anbot, dachte er. Aber immerhin hatte sie sie angenommen. Er ging hinein und stellte die Blumen in eine Vase. Und sie hatte nicht widersprochen. Das war doch ein Schritt voran.
Er stellte die Vase mit den Blumen auf die Küchentheke. Sie würde sie bestimmt später richtig arrangieren, wenn er nicht in der Nähe war. Dann schaltete er den Backofen ein und schob die Auflaufform hinein.
Er nahm den Wein und zwei Gläser mit auf die vordere Veranda, und dann trat er mit
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