Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Zeugin

Die letzte Zeugin

Titel: Die letzte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
seinem Glas ans Geländer, um ihre Blumen zu betrachten.
    Er verstand genug vom Gärtnern, um zu wissen, dass sie bestimmt stundenlang gearbeitet hatte. Und man sah dem Beet an, dass sie ein Händchen für Farben, Strukturen und Kompositionen hatte.
    Und er wusste genug von Menschen, um sicher zu sein, dass sie mit diesem Beet ihren Besitzanspruch dokumentierte und sich hier einrichtete. Dies waren ihr Haus und ihr Garten.
    Ein gutes Zeichen.
    Als sie wieder aus dem Haus kam, drehte er sich zu ihr um. Ihre feuchten Haare kringelten sich um ihr Gesicht, und sie roch so frisch wie der Frühling.
    »Es ist mein erster Frühling wieder in den Ozarks«, sagte er und reichte ihr ihr Glas. »Jeden Tag sieht man es ein bisschen mehr. Die Hügel werden grün, die Wildblumen blühen, und der kleine Bach plätschert mitten hindurch. Licht, Schatten, Sonnenschein auf den frisch eingesäten Feldern – alles wird wieder neu. Und ich weiß, ich möchte nirgendwo anders sein. Hier bin ich zu Hause, und hier will ich bleiben.«
    »Das empfinde ich auch so. Zum ersten Mal in meinem Leben fühle ich es auch. Und es gefällt mir.«
    »Das ist gut. Ich sehe dich an, Abigail, du riechst nach Frühling, nach deinen Blumen, und du bist so verdammt schön mit deinen ernsten Augen. Und dann fühle ich das Gleiche. Ich könnte nirgendwo anders sein als nur hier bei dir.«
    »Ich weiß nicht, was ich mit meinen Gefühlen dir gegenüber machen soll. Und ich habe Angst davor, dass mein Leben nie wieder so sein wird wie vorher, wenn sich das hier ändert.«
    »Und wie fühlst du dich bei mir?«
    »Glücklich. So glücklich. Und erschreckt und verwirrt.«
    »Wir werden an dem Glücklich arbeiten, bis du dich nur noch entspannt und sicher fühlst.«
    Sie stellte ihr Weinglas ab und trat zu ihm. »Das wird wohl niemals so sein.«
    »Du bist ohne deine Pistole nach draußen gekommen.«
    »Du hast ja deine dabei.«
    Er lächelte in ihre Haare. »Na, das ist doch schon mal was. Das ist Vertrauen und ein guter Anfang.«
    Sie konnte nicht alle Gefühle analysieren. »Komm, wir setzen uns auf die Treppe, und du erzählst mir, was heute früh passiert ist.«
    »Das können wir machen.« Er gab ihr einen leichten Kuss auf den Mund. »Es ist nämlich gut gelaufen.«

19
    Er erzählte ihr alles, während die Schatten länger wurden und ihr frisch angelegter Garten die Feuchtigkeit des Bewässerungssystems aufnahm.
    Sie hatte Jura immer faszinierend gefunden, die Verhandlungen, das Unlogische – ihrer Meinung nach sogar oft Widersprüchliche –, das der menschliche Faktor in die Rechtsprechung brachte. Gerechtigkeit schien ihr ein ganz klarer Begriff zu sein, aber das Gesetz, das ihn doch eigentlich verstärken sollte, weichte ihn auf und machte ihn schwammig.
    »Ich verstehe nicht, warum man sie freilässt, nur weil sie Geld haben.«
    »Sie sind unschuldig, bis das Gegenteil erwiesen ist.«
    »Aber sie sind doch schuldig«, beharrte sie, »und es ist schon bewiesen. Sie haben das Zimmer gemietet und den Schaden verursacht. Justin Blake hat deinen Freund vor Zeugen angegriffen.«
    »Sie haben ein Recht auf eine faire Verhandlung.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Aber jetzt sind sie erst einmal frei, können Zeugen und die anderen Beteiligten mit Geld oder Einschüchterung auf ihre Seite ziehen, sie können weglaufen oder den Prozess verzögern. Dein Freund hat einen Verlust erlitten, und die Leute, die ihn verursacht haben, können unbehelligt ihr Leben weiterführen. Das Rechtssystem ist wirklich mit Mängeln behaftet.«
    »Das mag sein, aber ohne hätten wir nur Chaos.«
    Ihrer Erfahrung nach gab es eher mit dem Rechtssystem Chaos.
    »Konsequenzen, Bestrafung, Gerechtigkeit sollten unmittelbar und schnell erfolgen, ohne dass unlogische Urteile Schlupflöcher für Leute mit Geld und cleveren Anwälten schaffen.«
    »Ich glaube, so etwas denkt die aufgebrachte Menge auch immer, wenn sie einen Strick in die Hand bekommt.«
    Sie blickte ihn stirnrunzelnd an. »Du verhaftest Leute, die das Gesetz brechen. Wenn du sie festnimmst, weißt du, dass sie das Gesetz gebrochen haben. Zu wissen, dass auch nur einer von ihnen durch ein legales Schlupfloch entkommt oder aufgrund von menschlichem Versagen nicht für seine Tat bestraft wird, sollte dich frustrieren oder sogar wütend machen.«
    »Mir ist es lieber, ein Schuldiger kommt frei, als dass ein Unschuldiger verurteilt wird. Manchmal gibt es ja auch Gründe, um das Gesetz zu brechen. Allerdings meine ich damit nicht

Weitere Kostenlose Bücher