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Die letzte Zeugin

Die letzte Zeugin

Titel: Die letzte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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einfach vertrauen. Manchmal muss man einfach nur fühlen.«
    »Ich will es.« Ihre Faust hielt sie weiter an ihr Herz gedrückt, als ob sie Angst hätte, es könne davonfliegen, wenn sie die Hand öffnete. »Ich will es mehr, als ich ertragen kann.«
    »Dann nimm es. Es ist doch da.«
    »Es ist aber nicht richtig. Es ist nicht fair dir gegenüber. Du verstehst das nicht. Du kannst es nicht verstehen.«
    »Abigail.«
    »Das ist noch nicht einmal mein Name!«
    Schluchzend schlug sie die Hand vor den Mund. Er trat zu ihr und wischte ihr die Tränen von den Wangen.
    »Ich weiß.«
    Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht. Sie taumelte zurück und hielt sich am Pfosten der Veranda fest. »Woher willst du das wissen?«
    »Du läufst vor irgendetwas weg oder versteckst dich vor jemandem. Und du bist viel zu klug, um dich unter deinem echten Namen zu verstecken. Mir gefällt Abigail, aber ich habe schon lange gewusst, dass es nicht dein richtiger Name ist. Und um den Namen geht es auch gar nicht. Es geht darum, dass du mir genug vertraust, um es mir zu erzählen. Es sieht so aus, als kämen wir langsam dahin.«
    »Weiß sonst noch jemand davon?«
    »Es ängstigt dich zu Tode. Das gefällt mir nicht. Warum sollte sonst noch jemand davon wissen? Wen interessiert es denn schon? Oder hast du sonst noch jemanden so nahe an dich herankommen lassen wie mich?«
    »Nein. Niemals.«
    »Sieh mich an«, sagte er ruhig und trat auf sie zu. »Hör mir zu.«
    »Ja.«
    »Ich sage dir jetzt, dass ich dich nicht im Stich lasse. Mit der Zeit wirst du es glauben, und von da an können wir weitermachen. Lass es uns noch einmal so versuchen. Ich liebe dich.« Er küsste sie sanft, bis sie aufhörte zu zittern. »Siehst du, das war doch gar nicht so schwer. Du liebst mich auch. Das sehe ich, und ich fühle es. Warum versuchst du nicht einmal, es auszusprechen?«
    »Ich weiß nicht. Aber ich möchte es gerne wissen.«
    »Versuch es einfach mal und warte ab, wie es sich anfühlt. Ich werde dich nicht darauf festnageln.«
    »Ich … ich liebe dich. O Gott!« Sie schloss die Augen. »Es fühlt sich wirklich an.«
    »Sag es noch einmal und küss mich.«
    »Ich liebe dich.« Sie warf sich in seine Arme. Nach diesem Geschenk, diesem Wissen hatte sie sich gesehnt. Liebe. Geliebt zu werden und Liebe zu geben.
    Sie hatte nicht an die Liebe geglaubt. Sie hatte nicht an Wunder geglaubt.
    Und doch war ihr die Liebe begegnet. Hier war ihr Wunder.
    »Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll.«
    »Uns geht es gut.«
    Sie atmete ein und aus. Selbst das fühlte sich anders an. Freier. Voller. »Ich möchte jetzt das Essen aufwärmen. Ich möchte dir beibringen, wie man mit Stäbchen isst, und mit dir zu Abend essen. Geht das? Können wir das einfach in aller Ruhe tun?«
    »Ja, klar.« Wenn sie noch ein bisschen Zeit brauchte, konnte er sie ihr geben. »Aber mit den Stäbchen kann ich dir nichts versprechen.«
    »Du hast alles verändert.«
    »Zum Guten oder zum Schlechten?«
    Sie schmiegte sich an ihn. »Ich weiß es nicht. Aber du hast es verändert.«

21
    Es beruhigte sie, sich mit dem Essen zu beschäftigen – einfache Handgriffe, Routine. Er drängte sie nicht. Das war sein Talent und seine Waffe. Er verstand einfach zu warten. Und er wusste, wie er den Tonfall ändern musste, um ihr Raum zu geben, damit sie sich entspannen und wieder klar denken konnte.
    Seine Ungeschicklichkeit mit den Essstäbchen brachte sie zum Lachen, auch wenn sie glaubte, dass er sich absichtlich so dumm anstellte.
    Seit dieser Mann in ihr Leben getreten war, lachte sie mehr als jemals zuvor. Dafür alleine lohnte sich das Risiko schon.
    Sie konnte sich weigern, konnte um mehr Zeit bitten. Er würde darauf eingehen, und sie konnte sich einen anderen Aufenthaltsort und eine andere Identität suchen und Pläne schmieden, wieder wegzulaufen. Und wenn sie wieder weglief, dann würde sie nie erfahren, was passiert wäre. Sie würde nie wieder so empfinden wie jetzt mit ihm. Sie würde es sich nie wieder erlauben. Sie konnte Zufriedenheit und Sicherheit finden. Das war ihr vorher auch gelungen. Aber Liebe hatte sie noch nicht gekannt.
    Sie stand vor der Entscheidung, den rationalen Weg einzuschlagen – weggehen, in Sicherheit bleiben. Oder für die Liebe alles aufs Spiel zu setzen – die Sicherheit, die Freiheit, vielleicht sogar ihr Leben.
    »Können wir einen Spaziergang machen?«, fragte sie.
    »Sicher.«
    »Ich weiß, du bist müde«, begann sie, als sie draußen waren. »Wir sollten

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