Die letzte Zeugin
schicken einen Detective, der dann mit dir spricht.«
»Aber Julie. Kann ich Sie nicht zuerst zu dem Haus bringen? Ich habe sie im Stich gelassen. Ich habe sie einfach da gelassen.«
»Wir wissen, wo Gurevich wohnt.«
Er ließ sie allein, aber nach einer Viertelstunde kam jemand herein und gab ihr eine Tasse Hühnersuppe aus dem Automaten. Sie hatte geglaubt, sie bekäme nichts herunter, aber nach dem ersten Löffel merkte sie, wie hungrig sie war.
Trotz Essen und Kaffee überfiel sie lähmende Müdigkeit, und schließlich ließ Elizabeth den Kopf auf den Tisch sinken und schloss die Augen.
Draußen trat Detective Sean Riley neben seinen Partner vor den Einwegspiegel. »Das ist also unsere Zeugin.«
»Elizabeth Fitch, sechzehn Jahre alt, Tochter von Dr. Susan L. Fitch, Chefärztin in der Chirurgie des Silva Memorial.« Brenda Griffith trank einen Schluck Kaffee. Sie war seit fünfzehn Jahren Polizistin, deshalb waren Anrufe mitten in der Nacht für sie Routine. Und Kaffee half dabei, die Müdigkeit zu überwinden. »Das Jugendamt ist informiert. Sie schicken jemanden.«
»Haben wir alles überprüft?«
»Gurevich hat eine Kugel in die Stirn bekommen, zwei hinters Ohr. Kleines Kaliber, aus nächster Nähe. Das weibliche Opfer – laut Ausweis Julie Masters – ist angeblich einundzwanzig, aber die Zeugin sagt, das Alter sei falsch. Die Beamten vor Ort haben bei ihr zwei Kopfschüsse festgestellt.«
»Sechzehn, verdammt noch mal.« Riley war seit zwanzig Jahren Polizist. Er litt unter chronischen Rückenschmerzen und hatte schüttere Haare. Nachdenklich schüttelte er den Kopf. »Sie hat Glück gehabt, dass sie noch lebt.«
»Und da sie noch lebt, sollten wir jetzt mal herausfinden, was sie weiß.« Brenda trat auf die Tür zu. »Lass mir den Vortritt und geh sanft mit ihr um; wenn auch nur die Hälfte von dem, was sie gesagt hat, stimmt, dann hat sie eine höllische Nacht hinter sich. Hier kommt das Jugendamt.«
»Ich hole dem Kind eine Coke oder so«, sagte Riley. »Wir fangen beide sanft an.«
Elizabeth fuhr erschreckt aus dem Schlaf auf und starrte die Frau mit dem hübschen Gesicht und den schwarzen, zu einem Pferdeschwanz zusammengebundenen Haaren an.
»Entschuldigung. Ich wollte dich nicht erschrecken. Ich bin Detective Griffith. Das ist Ms Petrie vom Jugendamt. Mein Partner kommt sofort. Er dachte, du wolltest vielleicht was zu trinken.«
»Ich bin eingeschlafen. Wie lange …« Sie blickte auf ihre Armbanduhr. »Oh, Gott, es ist ja schon fast Morgen. Julie …«
»Das mit deiner Freundin tut mir sehr leid.«
»Es ist meine Schuld. Wir hätten nicht mitfahren sollen. Ich wusste, dass es falsch ist. Ich wollte nur … Ich habe unsere Führerscheine gefälscht.«
»Ja, das habe ich gehört. Kann ich deinen sehen?«
»Ja, sicher.« Elizabeth holte den Führerschein aus ihrer Tasche.
Griffith studierte, drehte ihn um, zog die Augenbrauen hoch und blickte Elizabeth an. »Und den hast du ganz alleine gemacht?«
»Ja, ich habe ein bisschen herumexperimentiert, wie ich es am besten machen soll. Und Julie wollte unbedingt ins Warehouse 12 , deshalb habe ich sie gemacht. Ich weiß, dass es illegal ist. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Verhaften Sie mich jetzt?«
Griffith warf Petrie einen Blick zu, dann wandte sie sich wieder zu Elizabeth. »Ich glaube, darauf verzichten wir im Moment. Hast du Alexi Gurevich schon vor dem gestrigen Abend gekannt?«
»Nein. Er ist an unseren Tisch gekommen. Wir haben Cosmos getrunken.« Sie drückte die Hände an die Wangen. »Gott, ist das wirklich passiert? Bevor wir gefahren sind, habe ich mir den Club im Internet angeschaut. Ich war noch nie in einem Nachtclub. Ich habe ein paar Artikel gelesen, in denen stand, dass die Eigentümer vermutlich zur russischen Mafia gehörten. Aber ich hätte nie gedacht … als er zu uns an den Tisch kam und dann Ilya …«
»Ilya? Meinst du Ilya Volkov?«
»Ja. Wir haben mit ihnen getanzt und uns in eine Nische gesetzt, und er hat mich geküsst. Ich bin vorher noch nie geküsst worden, und ich wollte so gerne wissen, wie es ist. Er war so nett zu mir, und dann …«
Sie brach ab, und erneut stand Angst in ihren Augen, als die Tür aufging.
»Elizabeth, das ist mein Partner, Detective Riley.«
»Ich habe dir eine Coke besorgt. Meine Tochter kann morgens ohne Coke nicht leben.«
»Danke. Ich darf nicht …« Elizabeth lachte leise. »Das ist blöd, oder? Ich habe Alkohol getrunken, bis mir schlecht wurde. Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher