Die letzte Zeugin
zu halten, an die Form, das Gewicht, den Rückschlag. Er brachte ihr bei, auf den Körper zu zielen, ihre Schüsse rasch hintereinander abzufeuern, die Waffe neu zu laden.
Als sie erfuhr, dass der Prozess verschoben worden war, ließ sie ihre Frustration auf dem Schießstand ab.
An den übrigen Tagen unterrichtete Terry sie in Selbstverteidigung. Sie lernte, Gewicht und Balance ihres Gegners zu ihrem Vorteil auszunutzen, sich aus einem Griff zu befreien, von der Schulter aus zu schlagen.
Alpträume hatte sie immer noch, aber nicht mehr jede Nacht. Und manchmal gewann sie darin sogar.
Als der erste Monat vergangen war, kam ihr ihr altes Leben immer weniger wirklich vor. Sie lebte in dem zweistöckigen Haus mit dem hohen Sicherheitszaun, und jede Nacht wurde ihr Schlaf von den wachhabenden Federal Marshals bewacht.
Lynda lieh Elizabeth Romane aus ihrer eigenen Sammlung – Liebesgeschichten, Krimis und Horrorromane. In der Sommersonne im August schnitt Lynda Elizabeth erneut die Haare – wesentlich geschickter, als Elizabeth selbst es getan hatte – und zeigte ihr, wie sie den Ansatz frisch färben konnte. An den langen, ruhigen Abenden brachte Bill ihr Poker bei.
Und die Zeit dehnte sich wie die Ewigkeit.
»Ich hätte gerne ein bisschen Geld«, sagte sie zu John.
»Soll ich dir was leihen?«
»Nein, aber danke für das Angebot. Ich hätte gerne mein eigenes Geld. Ich habe ein Sparkonto, und ich möchte etwas abheben.«
»Mit dir zur Bank zu fahren würde dich einem unnötigen Risiko aussetzen. Wenn du etwas brauchst, besorgen wir es dir.«
»Meine Mutter könnte es abheben. Es ist dasselbe wie mit der Pistole. Es ist wegen der Sicherheit.« Sie hatte sich alles genau überlegt. Sie hatte genügend Zeit, um gründlich darüber nachzudenken. »Wenn ich endlich meine Aussage mache und weggebracht werde, wird alles sehr schnell gehen. Und dann hätte ich gerne mein eigenes Geld. Ich möchte wissen, dass ich mir kaufen kann, was ich brauche, und nicht wegen allem fragen muss.«
»Wie viel hast du dir vorgestellt?«
»Fünftausend.«
»Das ist viel Geld, Liz.«
»Nicht wirklich. Ich werde einen neuen Computer brauchen und andere Geräte. Ich möchte nicht ständig an heute denken, sondern lieber an morgen. Heute bleibt einfach immer heute.«
»Ich weiß, es ist frustrierend zu warten.«
»Sie zögern es so lange wie möglich hinaus, weil sie hoffen, dass sie mich finden. Oder dass ich den Mut verliere. Aber ewig kann das nicht gehen. Ich muss über den Rest meines Lebens nachdenken, wo auch immer das stattfinden wird. Ich möchte wieder zur Schule gehen. Ich habe einen College-Fonds, der umgeschrieben werden muss. Aber ich werde auch noch andere Ausgaben haben.«
»Ich sehe zu, was ich tun kann.«
Sie lächelte. »Ich mag das, wenn du es so formulierst. Bei meiner Mutter gibt es immer nur ja oder nein. Sie sagt so gut wie nie vielleicht, weil vielleicht unentschlossen ist. Du sagst, du siehst zu, was du tun kannst, und das bedeutet nicht vielleicht und unentschlossen, sondern es bedeutet, dass du handelst. Du willst es versuchen. Es ist viel besser als nein und fast so gut wie ja.«
»Ja, genau.« Er zögerte einen Moment. »Du erwähnst nie deinen Vater. Ich weiß, dass er nicht mit euch zusammenlebt, aber unter diesen Umständen …«
»Ich weiß nicht, wer er ist. Er war ein Spender.«
»Ein Spender?«
»Ja. Als meine Mutter beschloss, ein Kind zu bekommen, um auch diese Erfahrung zu machen, hat sie zahlreiche Spender geprüft und ihre Qualifikationen abgewogen. Körperliche Attribute, medizinische Vorgeschichte, Familiengeschichte, Intellekt und so weiter. Sie hat die besten Kandidaten ausgewählt und sich ihren Samen einsetzen lassen.«
Sie schwieg und blickte auf ihre Hände. »Ich weiß, wie das klingt.«
»Ja?«, murmelte er.
»Intellektuell gesehen habe ich ihre Erwartungen übertroffen. Meine Gesundheit war immer hervorragend. Körperlich bin ich stark und stabil. Aber sie konnte keine Bindung zu mir aufbauen. Dieser Teil des Prozesses scheiterte. Sie hat mir immer die beste Pflege, Ernährung und Erziehung angedeihen lassen. Aber sie konnte mich nicht lieben.«
Das Herz krampfte sich ihm zusammen, und ihm wurde übel. »Das ist ihr Mangel.«
»Ja, das stimmt. Und da sie weiß, dass ihr Anteil an dem Vorhaben gescheitert ist, fällt es ihr schwer, überhaupt Zuneigung zu fühlen oder zu zeigen. Lange Zeit habe ich geglaubt, es sei meine Schuld. Aber ich weiß jetzt, dass das nicht
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