Die letzte Zeugin
Schokoladen-Macadamia-Keks und eine fettarme Latte ihren Weg auf meinen Schreibtisch finden würden, dann hätte ich damit keine Probleme.«
»Nein, das könnte dir ja auch niemand zum Vorwurf machen.« Warum legte sie so viel Wert auf fettarme Latte, wenn sie dazu einen Keks aß?, fragte sich Brooks auf dem Weg nach draußen. Hinter diese Geheimnisse der Frauen würde er nie kommen.
Er blickte zum Himmel, als er die Straße entlangging. Die Temperaturen waren bisher noch nicht gleichmäßig geworden, aber der Himmel war so harmlos blau wie eine verblichene Jeans.
Er überquerte die Shop Street, auf der es heute, am Samstagnachmittag, von Touristen und Einheimischen nur so wimmelte. Als er am Feinkostladen vorbeikam, dachte er an Abigail. Bis zum Ozark Art war es von dort nur noch ein Block.
Durch das Schaufenster konnte er keine Anzeichen eines Streits entdecken. Er sah weder Grover noch einen Kunden noch sonst jemanden. Die kleine Glocke bimmelte, als er eintrat. Er blickte sich im Ausstellungsraum um. An den Wänden hingen Gemälde, überall standen Skulpturen im Raum, und in Vitrinen waren mundgeblasene Glasobjekte und Keramiken aus dem Ort ausgestellt.
Es roch nach Frühlingswald aus einem dieser Duft-Flakons. Grovers Werk, dachte er geistesabwesend. Der Mann sah zwar aus wie ein Gnom aus dem Bilderbuch, aber was Düfte anging, konnte er zaubern.
Er trat auf Lagerraum und Büro zu, aber auch hinter dem Ausgangstresen sah er niemanden stehen.
Dann hörte er Absätze auf dem Holzboden klappern.
»Nun, da bist du ja … Chief.«
»Was gibt es für ein Problem, Sylbie?«
»Ich sage es dir.« Sie winkte ihm mit dem Finger und warf ihre Haare zurück. Auf einmal hing ihr eigener Duft in der Luft. »Hier drin.«
»Wo ist Grover?«
»Er kommt gleich wieder. Jemand muss ja auf den Laden aufpassen.«
Brooks spürte, dass er in der Falle saß. »Sylbie, Grover hat auf der Wache angerufen und behauptet, hier gebe es einen Streit, der mit Hilfe der Polizei geschlichtet werden müsse.«
»Es gibt einen Streit, aber er ist unnötig. Komm nach hinten, dann legen wir ihn bei.«
»Wir können ihn auch hier beilegen.«
»Na gut.« Sie trug ein schwarz-weißes Kleid. Und plötzlich nicht mehr.
»Du lieber Himmel, Sylbie!«
Lachend warf sie erneut die Haare zurück. Sie lehnte sich an den Türrahmen, nackt bis auf rote Peeptoes, aus denen ihre Zehennägel blitzten, die im gleichen Rot lackiert waren.
»Du bist neulich Abend nicht gekommen, Brooks. Ich musste den Wein ganz alleine trinken.«
»Ich habe dir doch gesagt, dass ich zu tun hatte. Zieh dich wieder an.«
»Das hast du mir ja noch nie befohlen.«
Er blickte sie gleichmütig an, überrascht und ein bisschen enttäuscht, dass es ihn nur wenig Mühe kostete, seinen Blick nicht tiefer gleiten zu lassen. »Aber jetzt befehle ich es dir. Zieh dein Kleid wieder an, Sylbie.«
»Komm her und zwing mich dazu.«
»Was ist eigentlich los mit dir?«, fragte er. »Du überredest Grover, auf der Wache anzurufen und einen Polizisten anzufordern?«
»Nicht irgendeinen Polizisten, Süßer.« Sie spitzte die Lippen wie zu einem Kuss. »Ich wollte dich.«
»Halt den Mund.« Er verlor selten die Geduld, aber gleich war es so weit. »Wenn du nicht in zehn Sekunden wieder in diesem Kleid steckst, verhafte ich dich.«
»Oh … so willst du spielen.«
»Sieh mich an, verdammt noch mal. Sehe ich aus, als ob ich spiele?«
Endlich zeigten sein Tonfall und seine Miene Wirkung. Zorn glomm in ihren Augen auf, als sie sich bückte und das Kleid hochzog.
»Glaub bloß nicht, dass du so mit mir sprechen kannst.«
»Ich tue mehr, als nur mit dir zu sprechen, wenn du so etwas noch einmal machst. Ich bin verdammt noch mal der Polizeichef hier. Ich bin im Dienst, Sylbie.«
Trotzig hakte sie die Träger fest. »Als würde hier jemals was passieren.«
»Ich sage dir, was passieren wird, wenn ich Grover finde. Ich werde ihm eine Strafe aufbrummen wegen Irreführung der Polizei.«
»Das tust du nicht.«
»Das kannst du mir ruhig glauben.«
Sie trat rasch einen Schritt auf ihn zu. »Tu es nicht, Brooks. Nicht. Er hat es doch nur gemacht, weil ich ihn darum gebeten habe.«
»Dann wird er es sich das nächste Mal besser überlegen. Und du vielleicht auch.«
»Warum benimmst du dich so?«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme. »Du bringst mich dazu, mich dir an den Hals zu werfen, und wenn ich es dann tue, wirst du nur wütend. Damals in der Highschool konntest du nicht die
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