Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
verwendet worden. Dieser eine Fehler war Anlass für ihn gewesen, den Traum als unwichtig abzutun.
Aber das hier … Das war zu seltsam. Als er nun in dieselbe Wüste hinausblickte, durchfuhr ihn ein Adrenalinstoß, als ob sich ein Schleusentor geöffnet hätte. Er kämpfte sich auf die Füße. Rosa schrie leise auf und wich zurück. Da er Angst hatte, dass sie vom Felsen fallen könnte, griff Chris zum zweiten Mal nach ihr.
»Was zur Hölle …«
»Sei still.«
Sie verdrehte ihm den Daumen. »Lass mich …«
»Still«, warnte er. »Hörst du irgendetwas? Da draußen?« Er wies mit dem Kinn auf die verlassene nächtliche Wüste.
»Welsh, wenn das hier ein Spiel ist …«
Er ließ ihre Hand los und trat an die Kante des Granitblocks. Die Furcht, die hinter seinem Brustbein immer stärker aufkeimte, verriet ihm, dass sie in Gefahr waren, genauso, wie er das in dem unheimlichen Traum gespürt hatte. Aber von wo drohte diese Gefahr?
»Warte mal, du machst ja gar keine Witze.« Rosa trat neben ihm an die Klippe. »Rede mit mir.«
So viele Geräusche, wenn man sie getrennt voneinander wahrnahm. Fiedelmusik, die wie ein Schlaflied klang. Das Rauschen des Windes. Sein eigenes, heftig pochendes Herz. Chris atmete tief durch und bemühte sich um Konzentration. »Hör auf zu reden und lass mich lauschen.«
»Du kannst mich mal.«
»Da, ich höre es.« Chris erstarrte, und Rosa tat es ihm nach. »Du auch?«
»Was?«
»Motoren.«
Wenn Rosa eine Frau gewesen wäre, die leicht in Panik ausbrach, wäre sie ins Straucheln geraten, das sah er an der Art, wie sie die Augen weiter als sonst aufriss und den Mund öffnete. Stattdessen schien sie sich zu sammeln und zu konzentrieren, wie er es ebenfalls tat. Chris zählte in jeder Sekunde, die verging, drei seiner eigenen Herzschläge.
»Ich höre nichts.«
»Motoren«, wiederholte er. »Da, hinter der Anhöhe. Mehr als einer. Diesel. Trucks, keine Motorräder.«
Ihre Nasenlöcher blähten sich, als sie scharf die Luft einsog. »Staubpiraten?«
»Wer?«
»Männer, die in der Wüste hausen. Keine Angehörigen. Keine Gemeinschaft. Sie wagen sich in unser Revier vor, um Transporte zu überfallen, aber sie lassen niemanden am Leben. In letzter Zeit interessieren sie sich sehr für Valle. Kleine Nadelstiche, um unsere Verteidigung auf die Probe zu stellen. Vielleicht sind sie es leid, in der Gegend herumzuziehen.«
Die Motorengeräusche brachen ab. Chris schauderte. Er war nicht erleichtert, sie nicht mehr hören zu können.
»Haben sie euch hier je angegriffen?«
» Sí . Doch wir lassen sie jeden Versuch teuer bezahlen.«
»Aber ihr habt gerade auf dem Highway fette Beute gemacht. Verlockend.«
»Das Tal gibt uns eine perfekte Position, um alles und jeden kommen zu sehen – besonders Trucks.«
Chris schwang sich vom Felsen herab, drehte sich um und sah zu ihr hoch. »Was meinst du, wie viele Bravos sind nüchtern und kampfbereit? Jetzt?«
Sie machte eine Kinnbewegung in Richtung Stadt, dann wieder zu der Anhöhe im Südwesten hinüber. »Wir rationieren den Alkohol. Ein paar Männer sind ständig auf Wache, und der Rest wäre binnen einer Minute bereit. Wir halten die Feuernacht immer zu einem unvorhersehbaren Zeitpunkt ab, mit einigem Abstand zum letzten Überfall. Auf die Weise kann niemand ein Muster erkennen und herausfinden, wann wir verwundbar sind.«
»Und diese Piraten greifen immer von ihren Fahrzeugen aus an?«
»So ist es.«
Alles, was er jetzt noch wahrnehmen konnte, war die Stille der Wüste. Aber irgendetwas anderes war hier draußen. Chris konnte geradezu hören, wie die Männer angeschlichen kamen, alles ein schattenhaftes Echo dieses verdammten Traums. Die Zukunft von Valle de Bravo hing davon ab, ob Rosa ihm vertraute – und das war viel verlangt, wenn man bedachte, dass er sich selbst kaum vertraute.
»Aber was, wenn sie keine Minute hätten?« Er hob die Hand, streckte sie ihr entgegen, bat sie stumm mitzukommen. »Keine Trucks, Rosa. Diesmal nicht. Was, wenn sie zu Fuß kommen?«
11
»Bist du dir sicher?«
Chris’ Schweigen war nicht gerade beruhigend, aber sie konnte es sich nicht leisten, ein Risiko einzugehen. Peltz hatte ein wenig mehr Intelligenz als andere no madisierende Bandenführer unter Beweis gestellt – aber auch wirklich nur ein wenig, denn sonst hätten die Plünderer ihre Lebensweise geändert. Doch seine geduldige Strategie erlaubte den Schluss, dass er skrupellos und gerissen war. Vielleicht träumte er davon, Valle
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