Die letzte Zuflucht: Roman (German Edition)
de Bravo zu übernehmen und seine Männer an die Stelle von Rosas Bravos treten zu lassen. Ein derart arroganter Bandenführer nahm sicher an, dass es den Frauen gleichgültig sein würde, wer sie beschützte.
Rosa lächelte und schüttelte den Kopf. Das zeigt, wie viel er wirklich weiß.
Chris wippte ungeduldig auf den Fußballen hin und her und forderte ihre Aufmerksamkeit ein. Er wollte, dass sie die Bravos aus der Feuernacht zusammenrief, und das nur, weil er angeblich etwas hören konnte, was sie nicht wahrnahm. Die alte Redensart »Vorsicht ist besser als Nachsicht« ließ sie die Pistole aus dem Waffengürtel ziehen und zwei Warnschüsse in die Luft feuern. Dann kletterte sie hastig den Hügel hinunter. Die Männer formierten sich bereits, die meisten fluchend und nur halb bekleidet. Wenn Chris sich täuschte, würde sie zulassen, dass sie ihn besinnungslos prü gelten, weil er eine der wenigen Nächte unterbrochen hatte, in denen sie trinken und feiern durften.
»Was zur Hölle ist los?«, fragte Brick.
Ingrid wirkte auch nicht besonders glücklich darüber, dass ihre Nacht mit Ex ein vorzeitiges Ende gefunden hatte. Keiner von beiden schleppte allzu oft jemanden ab, also war das hier eine seltene Unterbrechung ihres eigenbrötlerischen Daseins.
»Es rücken Angreifer an«, sagte Rosa. »Ich will, dass alle kampftauglichen Männer auf ihre Posten gehen.«
»Wir würden sie doch sehen«, sagte Falco, »ihre Wagen hören.«
Rosa kniff die Augen zusammen. »Wer gibt hier die Befehle?«
Die Antwort war offensichtlich, als alle ihre Waffen holten und sich kampfbereit machten. Ex war einer ihrer besten Schützen und stieg schnell auf einen Hochsitz, ebenso Falco, der auch verdammt gut mit einem Gewehr umgehen konnte. Andere Schützen taten es ihnen nach. Jameson wartete mit gezogenen Messern mitten auf der Straße, und Brick trat mit erhobenen Fäusten an seine Seite. Mit bloßen Händen kämpfte er besser als die meisten Männer mit einer ganzen Anzahl von Waffen. Ingrid bevorzugte ebenfalls den Nahkampf. Gegner hielten sie meist für leichte Beute. Es machte Spaß zuzusehen, wie ihre Gegner sie unterschätzten, bis sie sie mit Krav Maga niedermachte.
Rosa legte den Kopf schief. Jetzt konnte sie es in der Stille ebenfalls hören – das verräterische Knirschen von Schritten auf Schotter, den einen oder anderen unterdrückten Fluch, den der Nachtwind zu ihnen herübertrug. Sie roch die Männer auch. Aufgrund ihrer Lebensweise stanken die Staubpiraten nach dem, was sie aßen und tranken, nach halb verfaultem Fleisch und schlecht fermentierter, saurer Maische. Die Ausdünstungen waren in der Nachtluft weithin zu riechen.
Chris hatte recht gehabt. Mit dieser unerfreulichen Tatsache würde sie sich allerdings erst später auseinandersetzen. Jetzt ging es erst einmal darum festzustellen, wie viele Männer auf dem Weg hierher waren.
Dank der rechtzeitigen Warnung hatten die Bravos Gelegenheit, in Position zu gehen, um das Gelände zu verteidigen. Rosa schulterte ein Gewehr und rannte in das Gebäude, das früher eine Kirche gewesen war. Sie lief die Treppe im Turm hinauf und rieb sich die schweißbedeckten Handflächen an den Hosen ab. Aber die Aufwallung von Nervosität war binnen einem Augenblick wieder vorüber. Das hier war ihr Leben.
Grobschlächtige, ungepflegte Männer mit zusammengestückelter Bewaffnung wagten sich über den Berggrat. Wenn Chris nicht gewesen wäre, wäre Valle überrumpelt worden. Als der erste Mann in Schussweite kam, visierte Rosa ihn an und schoss. Er wurde in den Hals getroffen und war sofort tot. Es war nicht der saubere Treffer eines Scharfschützen, sondern einer, der als Abschreckung dienen sollte. Verdammt unschön. Der Mann röchelte, als er starb, während ihm das Blut aus der Wunde in der Kehle spritzte.
»Überlegt euch das besser noch einmal!«, rief Rosa den anderen zu. »Ich kann noch fünf von euch niederstrecken, bevor ihr auch nur zehn Schritte weit gekommen seid. All meine Männer sind in Position. Ihr könnt hier nichts erreichen, nur sterben.«
Ein Bandit brüllte: »Du mexikanische Schlampe, ich reiße dir den Kopf ab und …«
Sie erschoss ihn, bevor er den Satz beenden konnte. »Ich komme aus Guatemala, hijo de puta !«
Sie hörten natürlich nicht auf sie, sondern stürmten auf die Stadt zu. Rosa erschoss drei weitere von ihnen so schnell, wie sie gedroht hatte. Die anderen beiden waren schlauer und gingen in Deckung, um ihren Schüssen auszuweichen.
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