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Die letzten Dinge - Roman

Die letzten Dinge - Roman

Titel: Die letzten Dinge - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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eingefallen.
    Hast du Schmerzen, Herr Schiwrin?
    Nein, nein, geht gut.
    Geht nicht gut! Hast du Kopfschmerzen und Bauchschmerzen!
    Nadjeschda ging ächzend auf die runden Knie, wrang einen Waschlappen aus und schrubbte Herrn Schiwrins Gesicht, seine Ohren, seinen Nacken und weil sie einmal dabei war, schrubbte sie seinen Bauch und seine Brust, die Arme von oben bis unten, dann zog sie seine Hose aus und schrubbte den ganzen Mann. Jetzt stöhnte er doch.
    Och, Herr Schiwrin. Morgen wir gehen duschen. Muss.
    Oichee. Ist kalt!
    Schiwrin zitterte an Armen und Beinen.
    Bitte, … sagte er. – Bitte … ich kann nicht. Zu schwach …
    Du musst gut aussehen! Musst riechen und schön aussehen! Morgen kommt dein Frau!
    Wos?
    Schiwrin fiel beinahe vom Sofa, er krallte sich fest, krallte sich in Nadjeschdas Schürze und krallte sich an den Rand der Waschschüssel, es war, als löse diese Nachricht Schiwrins vorzeitiges und abruptes Ableben aus.
    Oichee, oh nein, njet, oioi …
    Noi? Soll nicht kommen?
    Nadjeschda legte den Kopf schief und formte den Mund zu einem besorgten o, sah voller tiefem Mitleiden in sein Gesicht.
    Warum … warum sie kommt?, fragte er.
    Oh, hat angerufen. Ich habe gesagt: no – kommsen Sie! Besuchen Sie Mann, er vermisst schon!
    Schiwrin packte sich an den Kopf und zitterte noch mehr. Oichee, oichee, oichee. Jetzt. Jetzt hatte er Kopfschmerzen. Das keifende Weib. Die furchtbare Frau. Das war eine Heimsuchung. Das hatte er nicht verdient. Er hatte sich in Ruhe aufgeben wollen. Nur in Ruhe. Die Sofaritze war nicht tief genug, um sich darin zu vergraben.
    Nadjeschda, sagte er bittend.
    No wos …?
    Schiwrin wollte sich ausdrücken, irgendwie ausdrücken. Nadjeschda rubbelte ihn mit dem großen Handtuch trocken, den Bauch, den Hals, die Windungen in seiner Ohrmuschel und anschließend rieb sie seine Haut mit duftendem Spray ein, ein Spray mit pflegendem Öl, ein wenig Panthenol, ein wenig Kamille, Lanolin und Paraffin, Schiwrin roch wie ein Baby. Er hatte vergessen, was er sagen wollte, der Kopf, der Kopf, das Loch im Kopf. Die Möbel standen still, aber aus Nadjeschda schien ein eigenartiger Rauch zu strömen. Eine Silhouette, eine grauweiße Aura von unaufhörlich fließendem Rauch.
    Ich habe nicht gewusst, du rauchst, Nadjeschda.
    Oh, du bist verruckt, Jewgeni Schiwrin. Ich rauche nicht.
    Sie rauchte nicht? Besser, er widersprach nicht. Aber warum strömte dieser Rauch aus ihr heraus? Er schaute lieber nach unten. Dann fiel ihm etwas anderes ein.
    Nadjeschda, hast du gewusst …
    No wos …
    Nadjeschda, ich bin Großvater geworden, sieh mal, in der Schublade, das Bild …
    Oh … oh …! Nadjeschda schrie begeistert, kramte aufgeregt im Nachttisch umher und hielt das Foto hoch.
    Oijoioijoijoii! Scheen! Oh wie gut! Bist du Großväterchen! Oh wie gut! Oh, was ein schenes Kind! Sieht aus wie du, Jewgeni Schiwrin! Vielleicht wird auch so klug wie du, vielleicht baut keine Tunnel, vielleicht baut Brucken! Oh, was ein Kind! Ich hänge auf Foto, oh, ich kaufe dir eine Bilderrahmen, oooh, Herr Schiwrin ist ein Großväterchen, no welche Freude! Bist du stolz, Herr Schiwrin, oh, was ein glücklicher Mann du bist, Schiwrin, ich gratulieren, ich gratulieren mit ganze Station!!
    Schiwrin lachte verlegen und hinter seiner Goldrandbrille blinkte irgendetwas in den Augenwinkeln, was für eine Aufregung, was für eine Freude, auch er musste das Bild immer wieder anschauen, wieder und wieder, es war das Einzige, das ihn herausholte aus seiner Sofaritze. Er war Großvater, er konnte es immer noch nicht fassen. Ach Nadjeschda, wie gut war sie, er schaute heimlich zu ihr hoch. Komisch war das doch. Komisch irgendwie. Komisch, dass aus Nadjeschda dauernd so viel Rauch herausfloss. Vielleicht war sie krank?

Fredderik war zurückgekehrt  . Zurück in seine Gedanken, zurück in seine Seele, stand er da und lachte und freute sich und Ivy kam es vor, als ob er ihn verhöhnte. Oh Fredderik. Das Heulen, der Wankelmut überkam ihn, die Tröstungen aus dem Dienst waren vergangen.
    Fredderik! Wo war er, wo hatte er sich versteckt, wo blieb er, wo hatte er seine Lenden hinbewegt, zwischen welche Schenkel drückte er seine treulosen Knie, wo hatte es ihn hin verschlagen, wo? Und war Fredderik von Reue geplagt, hatte er ihn gesucht, hatte er ihm Briefe geschrieben, hatte er gehört, gesehen, erzählt bekommen, dass es Ivy wegen ihm das Gesicht zerschlagen hatte? Wo war er gewesen und was hatte er getan … Ivy schäumte mit einem

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