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Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Titel: Die letzten Gerechten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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ausgebildet worden war, zeigte sich zunächst misstrauisch, wollte aber andererseits eine solche Gelegenheit nicht ohne Überprüfung vorbeigehen lassen. Also versprach er Selos Bruder sicheres Geleit– ein gegenüber den Anbetern falscher Götter gebrochenes Versprechen ließ, so hieß es, den Gehenkten Erlöser erfreut lächeln; allerdings glaubten die Klephts nicht an einen bestimmten Gott, jedenfalls nicht in einem Sinne, den die Erlöser hätten nachvollziehen können. Man kam zu einer bedeutungslosen Abmachung: Der Hauptmann sicherte das Überleben von Selos Familie zu, garantierte ihm, dass er seinen gesamten Besitz behalten dürfe und dass sich die Erlöser bei den Hinrichtungen auf rund ein Dutzend Anführer der Klephts beschränken würden. Alles in allem liefen die Dinge nach Selos Meinung ohnehin so schlecht, dass niemand einen Nutzen aus der derzeitigen Situation ziehen konnte, sodass wenigstens er als Sieger aus der Sache herauskommen müsse, wobei er gleichzeitig seine Feinde und Widersacher loswerden würde. Außerdem würde er durch die Vereinbarung den meisten Klephts trotz ihrer Dummheit das Leben retten.
    Beim nächsten Angriff der Klephts würde Selo höchstpersönlich– das würde er keinem anderen anvertrauen– einen Teil der Erlösertruppe auf einem Umweg um den Hauptpass des Yat herum und auf einem gefährlicheren, aber schnelleren Weg zur anderen Seite des Gebirges führen. Dort würden sie den Treck der Frauen und Kinder einholen und von ihrem, wie Selo nicht zu Unrecht glaubte, wahnsinnigen, lebensgefährlichen Marsch zurückholen.
    Vor nicht einmal einem Jahr hätte sich das, was sich dann zutrug, nicht ereignen können. Der Hauptmann der Erlöser, ein gewisser Santos Hall, hätte seine Truppe niemals geteilt, wenn er es von Cales Purgatoren nicht anders gelernt hätte. Bis Cale kam, galt es als eisernes Gesetz, eine Truppe niemals zu teilen, was meistens auch richtig war. Aber Flexibilität fiel den Erlösern schwer, und Halls Erfahrungen auf dem Veldt hatten ihm einiges über irreguläre Truppen vermittelt– und die Klephts waren offensichtlich als Gegner sehr viel weniger zu fürchten als die Folk, vor allem, wenn man ihre armseligen Späherstellungen und ihre verräterischen Anführer in Betracht zog. Angesichts der Tatsache, dass Halls Mission im Grunde eine Strafaktion war, konnte er es nicht hinnehmen, so viele Gegner mit dem Leben davonkommen zu lassen. Selo mochte die Erlöser in eine Falle oder aus irgendwelchen persönlichen Gründen in die falsche Richtung führen, trotzdem glaubte Santos Hall, dass Selo sein Doppelspiel vollkommen aufrichtig führte und dass die Angriffe der Klephts nur das Ziel verfolgten, den Vormarsch der Erlöser aus irgendeinem Grund zu bremsen. Ihre Frauen selbst unter diesen widrigen Umständen in Sicherheit zu bringen war genau das, was sie seiner Meinung nach angesichts dessen, was ihnen blühte, dringendst tun sollten.
    Während also Santos Hall immer höher auf den Yat und durch die steile Lydon-Schlucht vorstieß, marschierte die andere Hälfte seiner Kriegermönche über den Mount Simon, um zum Flüchtlingstreck der Klephts aufzuschließen, der langsam aus dem Gebirge heraus und über die Ebene zog, die sich bis zur fünf Tagesmärsche entfernten Grenze erstreckte. Hall ging nun weniger Risiken ein, während er sich mit seiner Truppe durch die Lydon-Schlucht bergauf kämpfte. Er nahm es hin, dass sich sein Vormarsch verlangsamte, nicht nur um seine Männer zu schonen und zu schützen, sondern auch, um den Klephts das Gefühl zu geben, dass ihre Taktik aufging. Santos Hall wusste von Selo über Kleist Bescheid und glaubte nicht, den Namen schon einmal gehört zu haben oder eine Beziehung zwischen Kleist und Thomas Cale zu erkennen– Santos Hall war inzwischen zu einem bekennenden Anhänger Cales geworden. Jedenfalls erklärte Kleists Anwesenheit, warum manche der Schüsse der Klephts so akkurat getroffen hatten. Wenn dieser Kleist ein ehemaliger Akoluth der Erlöser war, würde er zweifellos wissen, was ihm bevorstand, wenn er gefangen genommen würde, und Santos Hall war absolut zuversichtlich, dass ihm das gelingen würde. Wenn die andere Hälfte seiner Kohorte erst einmal das Gebirge hinter sich hatte, würden sie den Flüchtlingstreck gefangen nehmen und dann sofort umkehren und den Klephts, gegen die Halls zweite Teiltruppe kämpfte, in den Rücken fallen.
    Die Klephts bemerkten mit Begeisterung, dass die Erlösermönche immer

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