Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Titel: Die letzten Gerechten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
Vom Netzwerk:
Zähneknirschens auf Seiten seiner alten Folterer, deren Vormarsch nun noch langsamer wurde.
    Der zweite Erlösertrupp hatte jedoch inzwischen Mount Simon hinter sich gelassen und stieg nun in schnellerem Tempo zu den Mulberry Downs hinunter. Als der Erlösertrupp den Treck erreichte, befand sich dieser immer noch zwei volle Tage von der Grenze entfernt, die ihm Sicherheit hätte bieten können.
    Was kann über das gesagt werden, das sich dann ereignete? Wie der große Neechy einmal feststellte, muss selbst dem Mutigsten mitunter das Recht zugebilligt werden, wegschauen zu dürfen.
    Bei Sonnenuntergang, ungefähr fünf Stunden, nachdem sie den Treck eingeholt hatten, machten sich die Erlösermönche wieder auf den Rückweg in die Berge, um den Klephts in den Rücken zu fallen, die nun keine Frauen, Kinder und Eltern mehr hatten. In der Ebene ließen sie zehn Schafotte zurück, und um jedes Schafott häufte sich ein Berg Asche.

VIERUNDZWANZIGSTES KAPITEL
     

    Z
wei Tage lang hatte Vague Henri die Schweizer Grenze abgesucht, um die Stelle zu finden, an der IdrisPukke ihm eine sichere Überquerung versprochen hatte, für den Fall, dass er die Grenze lebend erreichte. Aber er hatte ihn auch gewarnt, vorsichtig zu sein, und außerdem hatte sich seine Hilfszusage nicht auf die über hundertsechzig Purgatoren bezogen, die Henri mit sich brachte und die, tauchten sie geschlossen an der Grenze auf, selbst einen mit fürstlichen Beträgen bestochenen Grenzer aus der Fassung bringen würden. Was sich dann auch bewahrheitete, denn als er endlich eine seichte Stelle als die Rudlow-Furt erkannte, die ihm IdrisPukke beschrieben hatte, und das Losungswort brüllte, erhielt er zwanzig Sekunden später als Antwort einen Hagel von Pfeilen und Armbrustbolzen.
    Vague Henri kehrte um und überbrachte Cale die schlechte Nachricht. Dieser saß allein an einem kleinen Lagerfeuer, wie es seine Gewohnheit war, wenn Henri nicht anwesend war. Die Abneigung, die er gegenüber den Purgatoren empfand, und die Weigerung, sich mit ihnen einzulassen, sofern er dazu nicht gezwungen war, wurde von diesen selbst als Zeichen seiner hehren Erhabenheit empfunden– als Zeichen seiner Heiligkeit, nicht seiner Feindseligkeit. Cale las den Brief, den Bosco ihm vor der zweiten Schlacht am Golan geschrieben hatte und den er in eine seiner vielen Taschen gesteckt und dann völlig vergessen hatte, weil er sich damals mit dringlicheren Dingen hatte abgeben müssen.
    »Was ist das?«, fragte Henri.
    Cale blickte auf und steckte hastig den Brief weg.
    »Nichts.«
    »Und warum verstecken wir das Nichts so eifrig?«
    »Was ich sagen wollte, war, dass es nichts ist, was dich etwas angeht.«
    Das folgende Gespräch, in dem Henri schilderte, was er bei seiner Expedition herausgefunden hatte, fand erwartungsgemäß in miserabler Stimmung statt. Als er mit seinem Bericht fertig war, ging Henri davon und zündete ein eigenes Lagerfeuer an.
    Sie brachen bei Morgendämmerung auf und suchten fast zwei weitere Tage lang die Grenze nach einer Stelle ab, an der sie still und heimlich in das Land eindringen konnten. Aber schon die Verteidigungsgräben, Zäune und anderen Hindernisse, die überall gebaut wurden, machten deutlich, dass die Schweizer inzwischen immer nervöser wurden und sich offenbar auf etwas Unangenehmes vorbereiteten.
    Am Ende entschieden sie sich für den nächstgelegenen schwach bewachten Grenzübergang in der Nähe von Spanish Leeds, den sie einfach stürmten. An Schlaflosigkeit leidende, nervöse Schweizer mochten vielleicht etwas erwartet haben, aber doch nicht jetzt, mitten in der Nacht. Jedenfalls waren die Grenzsoldaten, die am Wanderley-Übergang standen, unerfahren und wurden vom plötzlichen Auftauchen von einhundertsechzig Soldaten aus der Dunkelheit um drei Uhr in der Frühe völlig überrumpelt. Sie ergaben sich sofort und wurden in ihrem Wärterhaus gefesselt zurückgelassen. Alle außer einem, der sich im nahen Wald versteckte und, als die Purgatoren weiterritten, einen Pfeil abschoss, der Henri mitten ins Gesicht traf, als er zurückblickte, um zu überprüfen, ob alle sicher über die Grenze gelangt waren.
    Bruder Gil stand still im Vamianzimmer und beobachtete Bosco, der durch das Fenster zur Großen Kapelle der Tränen starrte, wo die überlebenden Kirchenfürsten gefangen gehalten wurden. Man hatte ihnen erklärt, dass sie nicht freigelassen würden, bevor sie zu einem weisen Verdikt gekommen seien, das mit dem manifestierten Willen Gottes

Weitere Kostenlose Bücher