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Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Titel: Die letzten Gerechten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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denn über so etwas?«
    Bosco starrte ihn an. »Das fragst du mich– mit diesem grauenvollen gynäkoiden Monster im Keller?«
    Darauf wusste auch Gil keine einleuchtende Antwort.
    »Und die drei Brüder in der Balsamierkammer. Was soll mit ihnen geschehen?«
    Bosco seufzte. »Du erinnerst dich doch an die Geschichte von Uria dem Hethiter.«
    »Ja.«
    »Vergewissere dich, dass sie weiterhin schweigen. Ich will nicht noch mehr unschuldiges Blut an meinen Händen, aber du musst wirklich sicher sein, dass sie schweigen. Sag nichts. Erlaube nicht, dass irgendetwas nach draußen dringt. Erlaube niemandem, etwas zu sagen.«
    Etwas draußen vor dem Fenster erregte Bruder Gils Aufmerksamkeit: Aus dem großen Schornstein der Kapelle der Tränen wehte dünn eine weiße Rauchfahne in die feuchte Luft.
    »Wir haben einen Papst«, sagte Gil zu Bosco. »Herzlichen Glückwunsch, Eure Heiligkeit.«

SECHSUNDZWANZIGSTES KAPITEL
     

    K
anzler Vipond eilte in seine Gemächer, gefolgt von IdrisPukke . Das mochte ein wenig großspurig klingen, wenn man bedachte, dass Vipond gar nicht mehr Kanzler von irgendetwas war, vom Rumpf einer Erinnerung einmal abgesehen, und in der Tat handelte es sich auch nur um zwei Zimmer, und keines war sonderlich groß. Die schweren, wenn auch ein wenig schäbigen Vorhänge waren zugezogen, obwohl es heller Tag war und Vipond sie schon am frühen Morgen zurückgezogen hatte. IdrisPukke, der von Natur aus mehr auf seltsame Unstimmigkeiten achtete, wollte seinen Halbbruder noch zurückhalten, aber Vipond war zu schnell und riss die Vorhänge mit heftiger Bewegung auseinander.
    »Großer Gott!«, brüllte Vipond. IdrisPukkes Hand war zum Schwert gezuckt, als sein Bruder die Vorhänge öffnete, und als Vipond nun erschrocken einen Schritt zurückfuhr, hielt er es schon zum Schlag erhoben. Beide blickten verblüfft auf die Gestalt, die auf der breiten Fensterbank saß, einen großen Dolch mit lockerem Griff über die Knie gelegt. Cale starrte gleichmütig zurück.
    »Damit solltet Ihr nun wirklich vorsichtig sein«, sagte er mit einem Blick auf IdrisPukkes Schwert. »Könntet jemandem ein Auge ausstechen.«
    »Was um Gottes willen hast du hier zu suchen?«
    Cale sprang von der Fensterbank und steckte den Dolch in den Gürtel.
    »Ich hätte mich lieber vom Butler formell anmelden lassen«, sagte er. »Aber ich mag ihn nicht. Seine Augen stehen zu eng beieinander.«
    »Das hast du absichtlich getan«, sagte Vipond vorwurfsvoll und setzte sich. Cale gab keine Antwort.
    »Du weißt doch, Cale, die Ghurkas schwören sich, niemals ein bereits gezogenes Schwert wieder wegzustecken, bevor es nicht Blut zu schmecken bekam.«
    »Zum Glück für Euch seid Ihr kein Ghurka.«
    »Wo ist Vague Henri?«
    »Er ist verwundet, schwer verwundet. An der Grenze bekam er einen Pfeil mitten ins Gesicht. Konnten ihn nicht herausholen. Wir brauchen einen Chirurgen.«
    »Wir haben zwei bei uns, glaube ich. Ich werde schauen…«
    »Kein Materazzi-Arzt. Mit Verlaub.«
    »Ich werde schauen, was ich tun kann. Wo befindet er sich?«
    »Mit drei meiner Männer auf einem Bauernhof ungefähr zehn Meilen von hier entfernt.«
    »Also seid ihr beide gar nicht allein gekommen?«
    »Nicht ganz allein.«
    Er erklärte die Sache mit den Purgatoren.
    »Du willst mir also erzählen«, sagte Vipond ungläubig, »dass du einhundertsechzig Erlösermönche hier ins Land eingeschleust hast?«
    »Sie sind eigentlich keine Erlösermönche mehr.«
    »Und was genau erwartest du nun, dass ich mit diesen Nichterlösermönchen tun soll?«
    »Nun, ich persönlich werde niemandem erzählen, wer sie sind, wenn Ihr es nicht tut. Habt Ihr jemals einen kasachischen Legionär zu sehen bekommen?«
    »Nein«, antwortete Vipond.
    Cale blickte IdrisPukke an.
    »Nein«, gab auch dieser nach kurzem Zögern zu.
    »Gut, dann sind sie eben kasachische Legionäre. Wer kennt schon den Unterschied?«
    »Bisschen schwach, die Ausrede«, bemerkte IdrisPukke.
    »Sie muss reichen. Darüber mache ich mir später Gedanken. Jetzt geht es erst einmal um Vague Henri.«
    »Er muss doch unglaubliche Schmerzen haben.«
    »Eigentlich nicht.«
    »Jeder Philosoph kann Zahnweh ertragen, nur der nicht, der sie wirklich hat, richtig?«
    »Nein. Ihr habt doch damals den kleinen Beutel mit den Dingen gesehen, die ich für die Behandlung von Wunden benötige?«
    »Ich erinnere mich dunkel daran.«
    »Darin befindet sich auch ein kleiner Opiumkuchen.«
    »Das hast du mir nie erzählt.«
    »Wozu denn

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