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Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Titel: Die letzten Gerechten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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nicht mehr zu den Ausgestoßenen zu gehören.
    »Wieder falsch. Die Position, die ihr bezieht, ist die beste. Normalerweise sollte sie tatsächlich höher gelegen sein, aber hier gilt das nicht. Ich sage euch, wenn ihr immer nur das macht, was normalerweise stimmt, werdet ihr normalerweise als Leichen auf dem Schlachtfeld zurückbleiben.« Cale deutete auf die U-förmige Flussbiegung.
    Auf beiden Seiten wies das Ufer viele kleine und große Einschnitte auf, als hätte man mit einer Riesenaxt immer wieder auf beide Uferseiten gehackt.
    »Nutzt die Gelegenheit, die euch die Landschaft bietet. Die Einschnitte dort im Ufer können noch vertieft und weiter ausgebaut werden– die meiste Arbeit wurde ja schon für euch getan. Die Einschnitte bieten euch den besten Schutz im Umkreis von zwanzig Meilen.«
    »Einen Augenblick, Meister«, warf einer der Purgatoren ein. »Ihr sagtet doch, wir müssten uns nicht direkt neben die Furt legen, weil sie niemand davontragen könne. Dieser Plan bedeutet aber, dass wir direkt daneben in Stellung gehen!«
    »Wenn ich das letzte frische Ei nicht schon verbraucht hätte, würde ich es jetzt dir geben. Ich habe meine Meinung geändert. Warum? Weil ich mir überlegte, dass ich eben doch nicht die höher gelegene Stellung völlig aufgeben wollte. Genau wie ihr alle.« Er deutete auf das Unterholz auf der anderen Seite der U-Biegung. »Die Furt könnten wir von dort drüben leicht genug verteidigen, aber am Ende sind die Einschnitte im Ufer besser geeignet. Zumindest solltet ihr das hoffen. Außerdem müsst ihr immer daran denken, dass es hier nirgendwo ein Vorne oder Hinten gibt. Ich werde ein paar von euch auf der Anhöhe positionieren. Wenn die Folk versuchen, zwischen uns hindurch vorzustoßen, werden sie von zwei Seiten unter Beschuss genommen.« Er blickte sich unter den Soldaten um. »Sind unter euch auch Scharfschützen einer Sodalität?« Die meisten Bogenschützen der Kriegermönche wurden in den dicht gedrängt aufmarschierenden Frontlinien eingesetzt, wo große Treffsicherheit nicht erforderlich war. Kam es jedoch genau darauf an, so wurden die speziell ausgebildeten Sodalitäts-Scharfschützen eingesetzt. In dieser Gruppe gab es sechs von ihnen. Cale befahl ihnen, sich mit Proviant und Wasser für drei Tage zu versorgen, und während die Scharfschützen dem Befehl folgten, ließ er die meisten anderen Soldaten die Einschnitte an beiden Uferseiten vertiefen, um zu verbessern, was die Natur schon vorbereitet hatte. Dreißig Soldaten mussten weitere Schützengräben ausheben.
    »Sorgt dafür, dass die Gräben unten so breit sind, dass ihr noch Schutzbänke graben könnt, unter denen ihr euch versteckt, wenn die Pfeile senkrecht auf euch herabregnen.« Er gab Gil noch weitere Anweisungen, dann rannte er mit den sechs Scharfschützen zum Tafelberg, der sich an der Spitze der U-Biegung erhob.
    Beim Graben unterhielten sich die Erlösermönche. Besonders die Freunde des Priesters murrten, den Cale niedergeschlagen hatte, weil dieser ihn angeblich nicht richtig hatte hören können.
    »Vor ein paar Monaten hätte jeder von uns den kleinen Scheißkerl auseinandergenommen, wenn er es gewagt hätte, einen von uns anzurühren.«
    »Bei mir sollte er das besser nicht versuchen, sonst…«
    »Sonst was?«, fragte ein anderer. »Die Tage sind vorbei, als wir jemandem alles antun konnten, was wir wollten. Und er ist von Gott gesalbt, das hört man doch schon an seiner Stimme und in dem, was er sagt.«
    »Und wie er es sagt.«
    »Er ist nichts weiter als ein Klosterschüler, der sich aufspielt. Hab ich schon öfters erlebt– kaum behauptet einer, ihm sei die Muttergottes erschienen, schon wird er von allen angebetet, bis dann irgendjemand entdeckt, dass auch er nichts weiter als ein kleiner Schwindler ist.«
    Ringsum war zustimmendes Gemurmel zu hören. Es war nicht ungewöhnlich, dass Klosterschüler behaupteten, eine Vision dieses oder jenes Heiligen erlebt zu haben, der ihnen das oder jenes prophezeit habe. Das erzeugte allgemeine Aufregung, bis man irgendwann ihren Schwindel aufdeckte, sofern sie nicht besonders geschickt waren, und sie als abschreckendes Beispiel vorführte.
    »Nun«, sagte einer der Mönche, »wir können nur hoffen, dass du nicht Recht hast, denn er ist der Einzige, der zwischen uns und dem stumpfen Messer steht. Ich will ihm vertrauen, und das tue ich auch. Man hört es wirklich an seiner Stimme. Alles, was er sagt, ergibt einen Sinn, sobald er es erklärt– und weil er

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