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Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Titel: Die letzten Gerechten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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hat mit dem Gummi so seine Probleme. Es gibt zwar noch keinen unfehlbaren päpstlichen Bann Urbe et Orbe gegen Gummi als solches, aber der Heilige Stuhl ist eben fundamental misstrauisch gegen jede Art von flexibler Substanz– er hält sie nicht für natürlich. Der Versuch, Condominius gefangen zu nehmen, könnte als Prima-facie -Beweis dienen, dass die Verwendung von Gummi Hexenwerk sei.«
    »Seid Ihr sicher?«
    »Ich bin nur sicher, dass die ganze Frage noch nicht geklärt wurde, und außerdem bin ich sicher, dass ich persönlich das Risiko nicht eingehen möchte. Ihr jedoch seid in einer besseren Position. Vielleicht könnte Bosco Euch eine Art Sondererlaubnis erteilen. Obwohl ich glaube, dass er und Kardinal Parsi Gegner sind.«
    Cale seufzte. »Wieso wisst Ihr das alles?«
    »Wieso wisst Ihr so wenig?«
    »Wenn Ihr schon so gut informiert seid, Meister Hooke, wie kommt es dann, dass Ihr mich brauchtet, um Euch aus dem Kerker zu holen?«
    »Touché, Meister Cale. Nichtsdestotrotz gibt es nicht nur eine einzige Methode, eine Katze zu häuten.«
    »Tatsächlich?«
    »Ich arbeite seit einiger Zeit an einer Maschine, an der mein Herz hängt.«
    »Ich dachte, Eure Maschinen hätten Euch überhaupt erst in das Haus für Sonderbehandlungen gebracht?«
    »Stimmt.«
    »Wenn Ihr also bereit seid, eine Anklage wegen Gotteslästerung zu riskieren, warum habt Ihr dann ein Problem mit der Hexerei?«
    »Weil ich zwar bereit bin, für meine Maschine zu sterben, aber ich bin nicht bereit, für ein bisschen Gummi zu sterben. Wenn ich schon mein Leben riskiere, verlange ich eine Gegenleistung.«
    »Eine Gegenleistung? Bosco sagte mir, das Strafmaß für die Konstruktion gotteslästerlicher Maschinen sei vollständiges Häuten bei lebendigem Leibe, gefolgt von einem Bad in Essig.«
    »Nur ein paar Jahre länger am Leben zu bleiben heißt noch lange nicht, dass man lebt.«
    »Das muss ich mir merken. Aber Ihr solltet Euch Folgendes merken: Ihr gehört mir, bis auf den letzten Zahn, Meister Hooke.«
    »Ich bin nicht undankbar.«
    »Heißt das, dass Ihr dankbar seid?«
    »Es liegt in der Natur des Menschen, alles im eigenen Interesse zu tun, egal, wie sehr man in der Schuld eines anderen steht.«
    »Na gut– was kann denn nun Eure Maschine?«
    »Als solche– nichts. Es ist eine Maschine, die ich baue, um bestimmten Fragen der Naturphilosophie nachzugehen. Ich möchte das Wesen der Dinge aufdecken. Aber bevor Ihr mich ausschimpft: Meine naturbezogene Spekulation hat mindestens einen praktischen Nutzen, der sich aus der reinen Forschung heraushebt. Seid Ihr bereit, mich anzuhören?«
    »Habt Ihr irgendwelche Freunde, Meister Hooke?«
    »Keine, die mächtig genug sind.«
    »Denn wenn ich merke, dass Ihr mich zum Narren halten wollt, werde ich Euch fallenlassen.«
    »Das wäre nur gerecht, Meister Cale.«
    Cale lächelte und bedeutete ihm, sich zu setzen. Hooke bückte sich und zeichnete einen Kreis in den Sand.
    »Stellt Euch vor, dieser Kreis hätte einen Durchmesser von zweihundert Fuß und bestünde aus einem vollständig geschlossenen Rohr aus gehärtetem Messing. Nach meiner Überzeugung bestehen alle Dinge aus einem einzigen Teilchen, das ich Atom nenne. Alle Dinge– Erde, Luft, Feuer, Wasser– setzen sich aus diesen Atomen zusammen. Unterschiedlich werden sie nur dadurch, dass die Atome von der Natur auf unterschiedliche Weise kombiniert wurden. Wenn mein Gedanke stimmt, folgt daraus, dass das Werk der Natur nur durch eine sehr große Kraft wieder auseinandergenommen werden kann. Ich muss also einen Weg finden, um die reinste Substanz auf der Erde herzustellen und sie zu zwei Kugeln zu formen. Dann lasse ich die beiden Kugeln in dieser Röhre aus entgegengesetzter Richtung aufeinanderprallen– mit solcher Energie, dass sie sich gegenseitig beim Aufeinanderprallen in die Atome zertrümmern, aus denen sie und überhaupt alle Dinge bestehen.«
    »Wie wollt Ihr wissen, dass es wirklich Atome gibt, wenn Ihr diese Maschine braucht, um es zu beweisen?«
    »Ah«, sagte Hooke, »Ihr seid nicht nur ein General mit hellseherischen Gaben. Ihr seid ein höchst intelligenter Junge.«
    »Der Freund, von dem ich Euch erzählt habe, sagte einmal zu mir, wenn man schon schmeicheln müsse, solle man es mit einer Kelle möglichst dick auftragen. Vielleicht kennt Ihr ihn?«
    »Nur weil es Schmeichelei ist, ist es noch lange nicht unwahr, Meister Cale.«
    »Fahrt fort.«
    »Auf die Existenz der Atome bin ich durch mathematische Spekulation

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