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Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Die letzten Gerechten: Roman (German Edition)

Titel: Die letzten Gerechten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Hoffman
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gestoßen.« Cale blickte ihn nur an. »Ich sehe, das lässt Euch nicht unbeeindruckt. Nichtsdestotrotz habe ich Glaube und Zahlen auf meiner Seite. Doch selbst wenn ich mich irre, spielt es keine Rolle. Das Problem, vor dem ich stehe und das ich lösen muss, ist die Frage, wie ich die beiden Kugeln aus reiner Substanz mit solcher Kraft gegeneinander schießen kann, dass sie das Bindemittel der Natur aufbrechen können. Meine Suche nach einem Instrument, das ein schweres Objekt auf ein Vielfaches der Geschwindigkeit eines Pfeils beschleunigen kann, brachte mich schließlich in das Haus für Sonderbehandlungen und damit einem elenden Tode nahe, vor dem, wie ich freimütig zugebe, Ihr allein mich bewahrt habt.«
    »Genug davon.«
    »Ich verbrachte fast zwei Jahre mit Experimenten über einen explosiven Puder, dessen schriftliche Formel aus China stammte. Ich hatte allerdings nur ein winziges Häufchen von diesem Puder, und fast alles verbrauchte ich, um mich selbst zu überzeugen, dass es funktionierte. Aber die Formel war sehr ungenau– die Angaben über die Zutaten und die paar Hinweise zur Mischung waren wirklich armselig. Ich versuchte es und scheiterte viele Male, aber in den Monaten vor meiner Verhaftung erzielte ich endlich gewisse Erfolge. Ein Puder, der große Blitze und viel Rauch und Licht hervorrief, aber leider sehr wenig Kraft. Trotzdem jagte es meinen Helfern größte Angst ein. Sie flüsterten in fremde und wichtige Ohren. Die Erlöser kamen zu mir, fanden das Pulver und, nun, auch ein oder zwei andere Dinge, die man solchen Leuten nur schwer erklären kann.«
    »Zum Beispiel?«
    »Eine Leiche. Nichts Unschickliches– ich besorgte ihn mir vom Henker. Ich dachte eigentlich, das Sezieren dieses Toten sei so etwas wie eine Grauzone– in religiöser Hinsicht, meine ich.«
    »Aber sie dachten anders darüber?«
    »Wie sich herausstellte, ist die Vorstellung einer Grauzone in religiöser Hinsicht selbst so etwas wie eine Grauzone.«
    »Also– worauf wollt Ihr hinaus?«
    »Wenn Ihr mir den Schutz gewährt, dieses chinesische Pulver zu erforschen, und auch das Geld dafür beschafft, können wir einander in die Hände spielen.«
    »Wie?«
    »Wenn es mir gelingt, zwei Kugeln aus reiner Substanz gegeneinander zu feuern, dann kann ich auch eine Eisenkugel auf einen Menschen abfeuern. Denkt doch nur, was eine solche Maschine bewirken könnte! Ein Mann, der ein solches Gerät trägt, selbst wenn er es nur ein einziges Mal abfeuern kann, würde einen Feind verwunden oder töten– oder auch mehr als nur einen Feind. Malt Euch das Entsetzen, den Schrecken aus. Er könnte dann das Gerät wegwerfen und wie ein normaler Krieger weiterkämpfen, aber er hätte doch zuvor schon in den ersten Sekunden des Kampfes eine entsprechende Zahl Feinde verwundet oder getötet.«
    »Aber Ihr seid noch weit davon entfernt, solche Geräte herstellen zu können.«
    »Nicht unbedingt. Gebt mir einen Raum und die Mittel.«
    »Und woher soll ich wissen, dass Ihr mich nicht an der Nase herumführt?«
    »Ich kenne meine Pflichten«, antwortete Hooke leicht beleidigt. »Aber es ist Euch jetzt wohl klar geworden, dass ich, um mein Lebenswerk zu vollenden, erst einmal in der Lage sein muss, einen festen Gegenstand durch eine Eisenröhre zu schießen. Die Suche nach dem Wissen und die Entdeckung einer großen Waffe sind buchstäblich ein und dasselbe. Der Krieg ist der Vater aller Dinge. Außerdem ist mein Leben erst dann sicher, wenn Ihr ein großer General werdet. Stimmt doch, oder?«
    »Nur so lange, wie Ihr mich nicht für einen Idioten haltet. Ihr könntet mein Unwissen in solchen Dingen ausnutzen, aber ich werde es herausfinden, solltet Ihr versuchen, mich hereinzulegen– dann werdet Ihr wirklich wie eine nackte Zwiebel im Essig baden. Haben wir uns verstanden?«
    »Eure Drohungen sind nicht nötig.«
    »Ich denke schon. Habt Ihr mich heute beobachtet, als ich auf dem Hügel kämpfte?«
    »Ja.«
    »Ich hatte dabei keine besonderen Gefühlsregungen für die Männer– in welcher Richtung auch immer. Was bedeuten mir schon ein paar Folkkrieger? Sie sind tot, nichts hat sich geändert, es ist, als hätten sie nie gelebt. Ich werde es mir überlegen. Aber jetzt bin ich müde.«

NEUNTES KAPITEL
     

    I
nzwischen lebte Kleist schon seit fast einem Monat beim Stamm der Klephts im Quantocksgebirge. Es hatte eine Weile gedauert, bis er eingesehen hatte, dass er sich dort in Sicherheit befinden würde. Obwohl er vorher noch nie von den Klephts

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