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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Mädchen mit einer Krone auf dem Kopf scharte das Lumpenpack um sich und brachte es in Sicherheit. Sie war mehr oder weniger ein Kind, im Alter von Fiamma oder Aurora. Fast wäre sie im Schlamm ausgerutscht, doch sie fing sich wieder.
    Alle waren wie aufgelöst. Sie waren völlig verängstigt, und verängstigte Menschen zu führen, ist grauenhaft schwer. Verängstigte Menschen machen Dummheiten, sie verlaufen sich oder fliehen in die falsche Richtung, aber das Mädchen war unglaublich. Sie hatte keine Angst. Deshalb gelang es ihr, den anderen Mut zu machen und sie zu leiten. Ihre Ruhe und ihr Mut waren das einzige Bollwerk gegen den Schrecken aller. Und das war ein mächtiges Bollwerk.
    Sie war ein geborener Führer. Die Männer Argniòlos, die den Krieger mit dem Schwert angegriffen hatten, zogen sich zurück, höflich ausgedrückt für: sie flohen, wie Lisentrail bemerkte. Eines der Pferde scheute und warf seinen Reiter ab. Nachdem er seinen Leuten Zeichen gegeben hatte, sich nicht von der Stelle zu rühren, ritt Rankstrail hin, damit der Mann nicht isoliert war, und wartete, bis er wieder im Sattel saß. In diesen wenigen Minuten warf ihm das Mädchen Blicke voller Verzweiflung und Hass zu. Sobald Rankstrail sah, dass der Mann in Sicherheit war, kehrte er zu den Seinen zurück.
    »Hauptmann, was machen wir?«, fragte noch einmal Lisentrail und wiederholte: »Hauptmann, was sollen wir tun?«
    »Sag den Männern, sie sollen sich nicht rühren. Und denkt dran, ich liefere euch nicht an den Henker aus, für Gerechtigkeit sorge ich selbst. Wer meinem Befehl zuwiderhandelt und angreift, der fällt durch mein Schwert.«
    »Hauptmann, du kannst nicht nichts tun. Man wird dich hinrichten«, drang Lisentrail in ihn.
    »Tut, wie ich euch befehle. Etwas anderes kann man nicht machen«, wiederholte der Hauptmann düster.
    Er hatte eine Entscheidung getroffen. Wenn er den Befehl gab, nichts zu unternehmen, würde man ihn hinrichten, seine Männer aber nicht. Ein Soldat muss Befehle ausführen, und wenn der Befehl lautet, sich nicht zu rühren, kann er nichts unternehmen. Vor allem konnten sie nicht das ganze Söldnerheer abschlachten, mit den Orks vor den Toren. Seinen Männern würde man nichts tun.
    Er dachte an die hasserfüllten Blicke des Mädchens. Er überlegte, dass er ihr Leben rettete auf Kosten seines eigenen, und sie würde das nie erfahren. Dann konnte er sie nicht mehr sehen, weil sie in die Schlucht gezogen war. Der Drache versperrte den Eingang. Der Hauptmann fragte sich, bis wann, einen Tag lang oder zwei? Fünf? Für immer? Früher oder später würde der Drache von dort weggehen, und dann stand zwischen Argniòlo und dem Mädchen nur noch der Krieger mit dem Schwert und den Haaren, die im Mondlicht schimmerten.
    Der Drache erhob sich zum Flug. Sein weißer und verletzlicher Bauch leuchtete im Mondlicht.
    Unter einem riesigen Mond überspannte das fantastische Grün seiner Flügel den Nachthimmel.
    Auch so, den eigenen Tod vor Augen, gab sich der Hauptmann der Betrachtung dieses großartigen Fluges hin, in dem sich Macht und Anmut vereinten. Der Hauptmann verstand: Es würde einen enormen Erdrutsch geben. Die Armee der Hungerleider war in Sicherheit. Und er konnte sich als erledigt betrachten.
    Andererseits, er war schließlich nicht unsterblich. Dass er früher oder später sterben würde, damit hatte er gerechnet.
    Reglos blieb er stehen und genoss das Schauspiel des Drachenflugs.
    »Legt an!«, brüllte Lisentrail hinter ihm. »Zielt auf den Bauch! Da prallen sie nicht ab!«
    Der Befehl wurde umgehend ausgeführt. Der Hauptmann hatte nicht einmal die Zeit, sich umzudrehen, da strömte das Blut schon aus unzähligen Wunden im Bauch des Drachen, vom dichten Pfeilhagel der Leichten Kavallerie getroffen.
    »NE111IN!«, brüllte der Hauptmann.
    Die Stichflamme des Drachen zuckte grell über den Himmel und setzte jahrhundertealte Bäume in Brand. Das Tier schlug im Flug mit voller Wucht gegen die eine Seite des Berges, der zerbarst.
    Erdreich rutschte ab, Steine, verbrannte Bäume und Schlamm, eine riesige Erdlawine wälzte sich hinab.
    Als die Erdmassen zum Stillstand kamen und man wieder etwas sehen konnte, war die Schlucht für immer verschlossen. Auf der anderen Seite waren das Mädchen, der junge Krieger, all die Hungerleider in Sicherheit, unerreichbar.
    Der Drache lag am Boden.
    Er lag in den letzten Zuckungen des Todeskampfes.
    Der Boden war von seinem Blut getränkt.
    Tausende winziger Margeriten

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