Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork
andere geruhen würde, seine Anwesenheit zu bemerken, sah er aus den Augenwinkeln, dass der Wolf ihm gefolgt war und sich im Schatten niedergelegt hatte.
Endlich hob Argniòlo den Blick und sprach Rankstrail an.
»Deine Aktion hat mir überhaupt nicht gefallen, Hauptmann. Aber den Drachen hast du wenigstens erlegt. Weißt du, was dies für ein Duft ist?«
»Das habe ich mich schon gefragt, Exzellenz«, antwortete der Hauptmann aufrichtig.
»Wir kochen das Drachenfleisch.«
»Was? Was macht Ihr? Ihr kocht den Drachen? Aber das …«
»Das wird das Festbankett für die Kavallerie von Daligar, Hauptmann. Zum Heldentum erzogen und von Drachenfleisch genährt, wird die Kraft des Drachen in uns übergehen und uns unbezwinglich machen.«
Es erforderte Rankstrails gesamte Willenskraft, seine spontanen Regungen im Zaum zu halten, sowohl die, sich zu übergeben, als auch die, Argniòlo mit Fußtritten zu traktieren.
»Was hältst du davon?«, fragte der andere.
»Ich weiß nicht«, antwortete der Hauptmann in dem Versuch, sich bedeckt zu halten. »Ich habe jede Menge Fledermäuse gegessen und kann doch nicht fliegen. Meine Mutter, die eine fromme Frau war, hat Tausenden Mücken Nahrung gegeben, und das hat den Charakter der Mücken auch nicht verbessert. Aber ich weiß nicht, vielleicht habt Ihr ja recht. Habt Ihr viele Hühner gegessen, dort, wo Ihr gelebt habt?«
Empört sprang Argniòlo auf.
»Ich bin nicht bereit, deine Frechheiten noch länger zu dulden«, sagte er.
Auf eine Bewegung seines Armes hin traten drei seiner Männer, komplett bewaffnet, mit funkelndem Harnisch und Schwert, hinter dem Vorhang hervor und stellten sich vor den Hauptmann.
»Gut«, sagte der. »Wenn Ihr mir nichts weiter zu sagen habt, dann möchte ich mich verabschieden. Ich breche morgen auf zum Gespaltenen Berg, als Kommandant sowohl der Leichten Infanterie als auch der Leichten Kavallerie, wie der Graf von Daligar befohlen hat. Alle zwei Monate schicke ich Euch meinen Bericht. Meine besten Empfehlungen an die ganze Gesellschaft.«
Der Hauptmann wandte sich zum Gehen. Argniòlo rief ihn zurück.
»Hauptmann«, sagte er in eisigem Ton, »du wirst doch wohl nicht glauben, dass du lebend aus diesem Zelt herauskommst?«
»Gewiss nicht, Exzellenz, ich bin intelligent und habe begriffen, dass ich verloren bin. Aber mein Wolf, der ist wirklich ein dummes Vieh und versteht rein gar nichts. Sobald einer von Euren Männern sich rührt, springt er ihm an die Kehle. Wie gesagt, meine besten Empfehlungen an die ganze Gesellschaft.«
Wieder wandte der Hauptmann sich zum Gehen. Sein Wolf ließ ein leises Knurren hören.
»Früher oder später sehen wir uns wieder, du und ich«, zischte Argniòlo.
»Aber gewiss, Exzellenz«, bestätigte der Hauptmann. »Wenn wir nicht draufgehen, weder Ihr noch ich, sieht man sich wieder.«
Er trat aus dem Zelt und hob eine Handvoll von den Margeritenblüten auf, einige weiß wie die Unschuld, andere rot vom Opferblut, und umschloss sie fest mit der Faust.
Als er bei den Feuern des Söldnerlagers ankam, kniete er nieder und kotzte sich die Seele aus dem Leib. Lisentrail sah ihn besorgt an, wagte aber keinen Ton zu sagen.
Der Hauptmann stand wieder auf und betrachtete die Margeritenblüten, die er in der Hand hielt, dann verstaute er sie sorgfältig in seinem Quersack. Ohne ihn anzusehen, gab er Lisentrail Befehl, die Männer zum Aufbruch antreten zu lassen. Am Abend würden sie in Daligar sein und am nächsten Morgen würden sie zusammen mit der Infanterie zum Gespaltenen Berg aufbrechen.
Sie saßen schon zu Pferd, da fragte jemand leise: »Aber die auf der anderen Seite von dem Erdrutsch, was wird denn jetzt aus denen?«
»Auf der anderen Seite der Dunklen Berge ist das Meer«, antwortete Lisentrail. »Das Meer, das ist ein Ort, wo überall Wasser ist, es geht immer weiter und hört nie auf. Trinken kann man es nicht und deshalb ist auch noch so viel davon da, aber das Meer ist voller Zeug, das man essen kann. Nicht nur Fische, auch an den Felsen ringsum finden sich lauter Sachen, die man essen kann, auch im Sand ist was. Wer am Meer lebt, leidet keinen Hunger.«
»Und warum gehen dann nicht auch wir dorthin?«, fragte jemand. »Zum Leben?«
»Weil da die Erinnyen sind«, antwortete Lisentrail.
»Wer?«
»Die Furien. Die Todesengel. Die Geister der Zerstörung. Das sind grauenhafte Gespenster, unbesiegbar. Sie kommen vom Himmel und zerstören alles, was sie auf ihrem Weg finden. Deshalb lebt niemand
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