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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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konnten, oder wie er sich in seine Gemahlin verliebt hatte. Gemahlin, nicht Frau, wie es früher geheißen hatte; seit sie ans Meer gekommen waren, hatten alle angefangen, zu reden wie die Elfen. Solario hatte sich seiner Gemahlin erklärt, kaum dass sie am Strand angekommen waren, noch bevor sie anfingen, Häuser zu bauen, erfüllt von dem Glück darüber, frei zu sein. Frei wozu, das war nicht klar. Andauernd zu lachen wie eine besoffene Möwe, einem Kind, das noch nicht einmal sprechen konnte, allen möglichen Unfug zu erzählen, zu verhungern an einem Strand, der von sämtlichen Winden heimgesucht wurde, ausgenommen dem Ostwind, den wenigstens hielten die Dunklen Berge ab.
    Lumpenpack waren sie nicht mehr, das ließ sich nicht leugnen, denn um so heißen zu dürfen, müsste man wenigstens ein paar Lumpen sein Eigen nennen. In acht Jahren waren ihre paar Klamotten zerschlissen und durchgewetzt, hatten sich aufgelöst. Fetzen davon waren im Gestrüpp hängen geblieben. Sie hatten die Fäden einzeln herausgezogen, um sie zu Angelschnüren zu drehen oder unvorstellbare Netze daraus zu knüpfen.
    Das Ergebnis war ein Volk von freien Menschen und Herren über ihr Schicksal, oder weniger geschwollen ausgedrückt: Herren über ein Paar Hosen, denn die Freiheit hält schließlich nicht warm, wenn der Nordwind weht oder das Meer weiß ist von Hagel. Alle, die Kinder bekommen hatten, von Solario bis zu dem Verfluchten Elfen, dessen Blag vor zwanzig Monaten geboren worden war, liefen sommers wie winters halb nackt herum, weil sie ihre Lumpen für ihre Kinder hergegeben hatten. Yorsh, das große Oberhaupt, Erbe und Nachfahr sämtlicher Menschen- und Elfengeschlechter und was sonst noch alles, trug einen Fetzen um die Hüfte und das war’s. Die Beine der Mädchen waren nackt bis zu den Knien, und ihre Arme waren bloß, was vor allem unzüchtig ist. Hätte Tracarna sie gesehen, hätte es jede Menge Hiebe gesetzt. Was für ein Spaß! Das Lustigste an der ganzen Geschichte war, dass sie, je abgerissener und verlotterter sie daherkamen, desto mehr so redeten, als ob sie Adelige, große Herrschaften und Feudalherren wären. Mein Herr, wie gehen Eure verratzten Geschäfte? Madame, woran krepiert Ihr heute? Monsieur, wie ist es bei Euch heute um die Würmer bestellt? Wollen wir uns daran gütlich tun? Er hatte den Elfen gefragt, warum er mit Ausgestoßenen und Bettlern, Knechten und Taglöhnern, die sich kaum auf den Beinen hielten, redete, als ob sie allesamt Königssöhne wären, und der hatte geantwortet, das sei die wirksamste Art, jedem auf Anhieb klarzumachen, dass seine Würde der eines Königs gleich ist. Möglicherweise seien ja alle daran gewöhnt, Würde mit prachtvoller Kleidung, schönem Schuhwerk und Gold in Verbindung zu bringen, wenn es aber weder Gold noch Schuhwerk gab und die Kleider knapp waren, müsse man, um die Würde nicht zu vergessen, in jedem Satz an sie erinnern. Der Elf hatte noch hinzugesetzt, die Sprache sei nur eines von zwei Dingen, das andere sei das Erbarmen, das sei ein absoluter Wert, obwohl es überhaupt nichts kostet. Für einen Elfen, mochte das ja Sinn haben, aber er, Moron, war kein Elf, und er fragte sich, was zum Teufel das heißen sollte.
    Moron versuchte, sich zu erinnern, wann zuletzt Essen für ihn eine ganz alltägliche Angelegenheit gewesen war. Die Erinnerung verlor sich im Dunkel der Zeiten, bevor der Verfluchte Elf aufgekreuzt war mit seinem glänzenden Schwert und seinem ebenso blendenden Schwachsinn und sie alle an diesen vermaledeiten Strand geführt hatte, damit sie sich hier von Tau, Gras, Algen, Salzwasser, Baumrinde und gelegentlich einem Stück verfaultem Fisch ernährten. Wenn er schwimmen gelernt hätte, dann würde es auch Tellmuscheln für ihn geben, Krebse und Miesmuscheln; und wenn er klettern gelernt hätte, würde es auf den Felshängen Myrtenhonig für ihn geben, aber ein Alter Kämpe tat so etwas nicht. Er kletterte und schwamm nicht, er war schließlich kein Eichhörnchen und auch kein Fisch, lieber lebte er von Tau und Baumrinde. Außerdem konnte er nicht sicher sein, ob er überhaupt imstande sein würde, sich an den Felsen hochzuhieven bis dorthin, wo die Bienen zu Hause waren, immer schön langsam, wie der Elf ihm das gezeigt hatte, um sich dort von einem Bienenschwarm nach allen Regeln zerstechen zu lassen. Im Lernen von Dingen war er nie besonders gut gewesen.
    Richtig vollschlagen hätte man sich können bei den Brackwassertümpeln, wo Silberreiher und

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