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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Geschichten, die Yorsh Erbrow dem Älteren während seiner nicht enden wollenden Brutzeit jahraus, jahrein immer wieder vorgelesen hatte. Diese Geschichte gefiel auch seiner Tochter, und er hatte angefangen, sie wieder zu erzählen. Ohne eine Geschichte schlafen zu gehen, wäre für die Kleine ebenso schlimm gewesen, wie auf das Abendessen verzichten zu müssen. Die Erinnerung an Erbrow übermannte ihn und damit Angst und der Wunsch, hier fortzukommen, Unwillen über die viele Zeit, die der Holzfäller brauchte, um sich überzeugen zu lassen.
    »Und was zum Teufel soll das heißen?«, fragte der Mann. »Lügen oder nicht lügen ist doch nicht immer dasselbe wie der Name oder die Haarfarbe. Was hat das damit zu tun? Einer lügt oder nicht, je nachdem wie es ihm in den Kram passt. Man lügt doch nicht immer. Auch mein Hausnachbar, der sagt, es stimmt nicht, dass seine verdammten Ziegen meine Tomaten fressen, während es doch genau seine verdammten Ziegen sind, die sie fressen, nun, der hat gestern gesagt, es ist schönes Wetter, und das war wahr.«
    Das war ein Dickschädel. Stur. Vielleicht ganz einfach ein Mensch, der mit etwas Hirn begabt war.
    »Angesichts der Tatsache«, fragte Yorsh entnervt, »dass wir viel mächtiger und böser sind als ihr, wie habt ihr es da angestellt, uns zu vernichten, deiner Meinung nach?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete der Alte nachdenklich.
    »Auch wir haben einen schwachen Punkt. Wir können nicht lügen. Wenn du einem Elfen eine Frage stellst, muss er antworten. Wenn du ihn zum Beispiel fragst, ob er bewaffnet ist und wo die anderen Elfen versteckt sind, muss er es dir sagen. Wie hätten wir sonst unterliegen können, denk doch mal nach!«
    Der Holzfäller dachte lang nach, er schien überzeugt. Er warf ein paar Steine nach Yorsh und stieß ein paar Verwünschungen aus, dann stürzte er endlich davon, um Alarm zu schlagen. Während er Enstriil antrieb, hörte Yorsh den Klang der Hörner von Dorf zu Dorf wandern.
    Er hatte es geschafft.
    Wenn die Orks wiederkamen, würden sie nur leere Hütten vorfinden, vielleicht ein Huhn, das sich leichtsinnigerweise zwischen die Holunderbüsche verirrt hatte.
    Yorsh ritt und ritt, den ganzen Tag, und dann auch den ersten Teil dieser nicht enden wollenden Nacht, wo das Dunkel und die Angst in ihm undurchdringlicher waren als das Dunkel am Himmel.
    Enstriil ertrug die Strapazen. Lang bevor das erste Licht der Morgendämmerung heraufzog, kam die Schlucht von Arstrid in Sicht, beleuchtet von zahllosen Fackeln, die die Nacht erhellten. Die Kavallerie von Daligar, die Ritter in den schimmernden Rüstungen und mit den unzerbrechlichen stählernen Schwertern erwarteten ihn. Yorsh erschrak nicht sonderlich bei ihrem Anblick, ja, ihre Anwesenheit hier war beinah tröstlich, bedeutete sie doch, dass sie das Dorf nicht gefunden und den Strand nicht besetzt hatten.
    Als Yorsh nah genug an einen Flügel des mächtigen Aufgebots herangekommen war, erblickte er unter dem Nussbaum, der den Erdrutsch überstanden hatte, Moron. Er trug die Uniform aus Tuch und Leder der Alten Kämpen, für die er ihn verraten oder besser verschachert hatte. Mit der langen Lanze wirkte er noch schiefer. Endlich war es dem armen Moron gelungen, Kämpe zu werden. Nur schade, dass sich sein Traum verwirklicht hatte, als die Orks vor den Toren standen. Nach dem völlig Fehlen irgendwelcher Abzeichen zu urteilen, war alles, was er hatte erreichen können, der Rang eines einfachen Kämpen. Auf der anderen Seite hatte er aber auch nicht viel zu bieten, der Ärmste. Die Tatsache, dass Yorsh sich vor Daligar aufpflanzte, gut sichtbar für jeden, der sich nur die Mühe machte, den Kopf zu heben und in seine Richtung zu schauen, hatte Morons Chancen, etwas zu bekommen im Tausch für seine Information, dass der Letzte Elf wieder im Land sei, doch erheblich geschmälert.
    Yorsh blieb stehen und lächelte ihm zu. Moron sah ihn entsetzt an und stürzte davon, wobei er über seine Lanze stolperte.
    Die Schlucht war vollkommen abgeriegelt. Die Phalanx der Reiter reichte von einer Seite bis zur anderen. Keine Maus hätte da hindurchgepasst und er war keine Maus. Langsam ritt Yorsh die Reihen entlang bis zur Mitte. Wie vor acht Jahren, als vor ebendieser Schlucht sein Drachenbruder getötet worden war, trat der Mond hinter den Dunklen Bergen hervor und erhellte die Welt mit seinem sanften, gespenstischen Licht. Die Erinnerung an Erbrows letzten Flug überkam ihn mit solcher Macht, dass sie

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