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Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork

Titel: Die Letzten ihrer Art 02 - Der letzte Ork Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana de Mari
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Olearia. Sie haben immer zu Varil gehört, während sie jetzt uns gehören, der Grafschaft. Sie gehören uns, verstehst du? Es ist nur gerecht, dass wir hier auch ein bisschen mehr Platz bekommen. Früher einmal waren wir viel größer. Das hat der Richter gesagt, der hat die Geschichte schließlich studiert. Die aus Varil sind immer hochnäsig gewesen und haben uns immer angesehen, als ob wir Kakerlaken wären. Jetzt nehmen sie Vernunft an und kommen herunter von ihrem hohen Roß. Das Rebland nehmen wir uns. Schluss damit, dass wir nie etwas haben. Es werden schon die Familien ausgesucht, die hinziehen und dort leben werden. Siehst du, wie gut der Richter das gemacht hat? So werden wir größer und reicher, es wurde auch Zeit. Hast du verstanden? Gut, willst du jetzt von alleine gehen oder muss ich dich mit Axthieben verjagen?«
    Yorsh hatte verstanden. In seiner abgrundtiefen Schlechtigkeit, in seinem unermesslichen Kleinmut und seiner grenzenlosen Dummheit hatte der Verwaltungsrichter den Tod Varils gegen die Unversehrtheit der Grafschaft eingetauscht und dabei obendrein noch einen beträchtlichen Zugewinn an Land gemacht. Das Rebland, das im Westen an die Reisfelder grenzte. Nicht die Orks würden an die Stelle der dort ermordeten Bauern treten, sondern Leute aus der Grafschaft, die ging also glanzvollen Zeiten der Größe entgegen, was der Richter immer versprochen hatte, aber bisher in der üblichen Misere etwas untergegangen sein musste.
    Das Bündnisabkommen, das Daligar und Varil seit Jahrhunderten miteinander verband, war mit Füßen getreten worden. Dabei war es sonnenklar, dass die beiden Städte gemeinsam jeder Invasion trotzen konnten, jede für sich aber verloren war. Der Untergang der Grafschaft wurde so nur aufgeschoben, war lediglich eine Frage der Zeit. Nachdem sie die Reiherstadt vernichtet hatten, würden die Orks in aller Ruhe auch die Igelstadt auslöschen. Er fragte sich, welche Geschichtsbücher der Verwaltungsrichter wohl studiert haben mochte, schien er doch auf der ganzen Welt der Einzige, der nicht wusste, dass die Orks in ihrer ganzen Geschichte noch nie einen Vertrag eingehalten hatten.
    Yorsh erkannte, dass die Orks die Befreiung Varils als Vertragsbruch deuten würden. Vom schrecklichen Hauptmann Rankstrail verjagt, würde das Heer der Orks unverzüglich Daligar angreifen, sie konnten jeden Moment losschlagen. Es blieb nur wenig Zeit, all diese Leute aus ihren Häusern, von ihren Felder, aus ihren kümmerlichen Obstgärten wegzuschaffen und samt ihren mickerigen Schafen innerhalb der Stadtmauern von Daligar in Sicherheit zu bringen, oder doch wenigstens im Schatten der zyklopischen Mauern, die ihnen mit ihren Pfählen und bewaffneten Wachen Schutz bieten würden.
    Bevor er ging, informierte Yorsh den Holzfäller, dass er, der Verfluchte Elf, seines Rufes würdig, die Diplomatie des Richters durchkreuzt hatte. Er hatte die Orks geärgert und aufgehetzt. Geärgert war ja noch milde ausgedrückt. Er hatte sie gereizt und wütend gemacht, sie waren außer Rand und Band. Sie sollten fliehen, alle, sofort, so schnell sie konnten, solange noch Zeit war, solange sie noch Beine zum Laufen und Luft zum Atmen hatten, denn von einem Augenblick auf den anderen würden sie die nicht mehr haben.
    Der Holzfäller sah ihn an mit dem ganzen Hass, den ein Menschengesicht nur auszudrücken vermag; dann, ohne Zeit damit zu verlieren, ihn zu verfluchen, ging er los, um die anderen zusammenzurufen. Nach ein paar Schritten blieb er stehen und drehte sich noch einmal um.
    »Wie soll ich wissen, dass du nicht lügst?«, fragte er misstrauisch.
    Gute Frage; eine gewisse elementare Logik konnte man ihm nicht absprechen. Yorsh ließ sich schnell etwas einfallen.
    »Elfen lügen nie. Sie können alles, außer lügen«, antwortete er höflich.
    Das war keine echte Lüge, bloß eine Abrundung der Wirklichkeit. Für Elfen, wie für alle Wesen, die inniger und direkter mit dem Geist der anderen verbunden sind als Menschen untereinander, war lügen mühsam und anstrengend, aber im Falle absoluter Notwendigkeit waren sie dazu imstande.
    »Aah«, sagte der Holzfäller, nicht allzu überzeugt. »Und wie soll ich wissen, dass du jetzt nicht lügst?«
    »Jemand, der lügt und behauptet, er könne nicht lügen, sagt die Wahrheit, also ist er kein Lügner«, antwortete Yorsh.
    Er hatte das spontan gesagt, ohne nachzudenken. Die Argumentation entstammte einem Dialog aus einer der vielen mehr oder weniger abgeschmackten

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